Champions League: FC Bayern:Die Billigbayern

Gomez, Robben, Klose - alle teuer und alle wichtig. Der wertvollste Mann der Bayern sitzt erneut neben van Gaal auf der Bank. Eine Hommage an die Ausbildung.

Dominik Prantl

Moment, wie viel hat der FC Bayern München vor dieser Saison nochmal für Mario Gomez an den VfB Stuttgart überwiesen? Stimmt, 30 Millionen Euro waren das. Anatolij Timoschtschuk ging da für elf Millionen geradezu günstig her, und der derzeit schier unbezahlbare Balltänzer Arjen Robben mutet bei 25 Millionen Euro Ablöse wie ein Schnäppchen im Schlussverkauf des internationalen Fußballs an. Danijel Pranjic (7,7 Mio) lief sowieso über die Portokasse. Doch der wertvollste Mann des FC Bayern München wird trotz mehrerer Ausfälle am heutigen Dienstagabend gegen Lyon erneut nicht zum Einsatz kommen und auf der Bank Platz nehmen müssen. Er war mal Verteidiger beim VfL Bochum, ist 55 Jahre alt und heißt Hermann Gerland.

Mario Gomez

Gegen Gladbach saß 30-Millionen-Mann Mario Gomez 90 Minuten lang auf der Bank.

(Foto: Foto: Getty)

Gerland, auf den Tag genau seit einem Jahr Co-Trainer der Profimannschaft, erinnert manchmal ein wenig an Cheftrainer Louis van Gaal. Er ist ein Knurrer, eine Autoritätsperson, ein Familienvater mit großem Herzen, jedoch kein Verhätschler, sondern ein Schleifer. Insgesamt 13 Jahre lang, von 1990 bis 1995 sowie von 2001 bis 2009, hat er als Trainer der zweiten Mannschaft des FC Bayern München zwar nicht über die Massen an Millionen verfügt, aber dafür über ein unglaubliches Gespür für Talente und vor allem den nötigen Ehrgeiz, diese zu Profis zu formen.

Seinem einst in der Regionalliga gnadenlos unterforderten Lieblingsschüler Philipp Lahm hat er 2003 einen Job auf Leihbasis beim damals in Stuttgart tätigen Felix Magath vermittelt. An Ablöse hat der FC Bayern für den Außenverteidiger, der auf seiner Position wie kein anderer inzwischen weltweit Maßstäbe setzt, keinen Cent gezahlt. Gleiches gilt für Bastian Schweinsteiger. Der legte unter Gerland/van Gaal in dieser Saison nach einer fast bemitleidenswerten Phase der Stagnation den lange erhofften Entwicklungssprung zum Mittelfeldchef hin.

Van Gaal nimmt weder Rücksicht auf Namen noch auf Ablösesummen, sondern nur auf die Verfassung der Spieler. Interessanterweise ergänzen jedoch ausgerechnet seit Gerlands Beitritt zum Trainerstab der Profis weitere Zöglinge des Chefausbilders den Stammspielermix aus Low-Budget-Zugängen und hochpreisigen Einkäufen: Neben Schweinsteiger und Lahm haben längst auch die im eigenen Verein sozialisierten Nachwuchskicker Holger Badstuber, Thomas Müller und Diego Contento ihren Härtetest in der Champions-League bestanden.

Wer hätte vor der Saison gedacht, dass angesichts einer derart starken Besetzung in der Offensive die beiden Billigbayern Ivica Olic und Müller das Angriffstandem im ersten Champions-League-Halbfinale bilden durften statt Gomez, Miroslav Klose (ja, auch der kostete mal 15 Millionen) oder Luca Toni (ja, auch den gab es nicht gratis)? Und es ist gut möglich, dass Badstuber und Contento angesichts der zu erwartenden Personalnot heute im Rückspiel sogar gemeinsam in der Abwehrkette stehen.

So hat selbst bei dem unwahrscheinlichen Szenario, dass neben 25-Millionen-Mann Robben auch 30 Millionen-Mann Mario Gomez gegen Lyon von Anfang an zum Einsatz kommt, die gesamte Anfangself des Champions-League-Halbfinalisten im Einkauf bei weitem nicht so viel gekostet wie ein Cristiano Ronaldo. Der ist mit Real Madrid übrigens schon lange ausgeschieden.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: