3:0 gegen Roter Stern Belgrad:Lerneffekte beim FC Bayern

Bayern München - Roter Stern Belgrad

Thiago (Mitte) freut sich: Der Freistoß-Trick vor dem 3:0 hat geklappt.

(Foto: dpa)
  • Der FC Bayern gewinnt das erste Champions-League-Spiel der neuen Saison 3:0 (1:0) gegen Roter Stern Belgrad.
  • Die Mannschaft von Niko Kovac zeigt phasenweise variantenreichen Fußball, verliert zwischenzeitlich aber auch die Kontrolle.
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Aus dem Stadion von Benedikt Warmbrunn

15 Minuten waren noch zu spielen, da hatte Niko Kovac genug gesehen. Wie ein Boxer, der gleich in den ersten Sekunden einer Runde einen Wirkungstreffer setzen will, kam Kovac unter dem Dach der Trainerbank hervor, er stürmte nach vorne, sein Sakko spannte noch ein bisschen mehr als ohnehin schon. Kovac aber ist kein Boxer, er ist Trainer einer Fußballmannschaft, körperlichen Einfluss erlaubt ihm das Regelwerk nicht. Also blieb er stehen. Er schmiss die Arme zur Seite. Er brüllte. Und so musste er sich einen Vorwurf schon einmal nicht machen: den, dass er nur tatenlos zugeschaut hätte.

In jener Phase der zweiten Halbzeit war der FC Bayern, den Kovac anleitet, nicht die bessere Mannschaft auf dem Platz. Das Spiel der Münchner wirkte in jenen Minuten zerfleddert, ohne inneren Halt. Die besseren Szenen hatte Roter Stern Belgrad, der Außenseiter, der sich der Sensation so nahe fühlte: einem Punkt in München. Dann aber marschierte Kovac nach vorne wie ein Boxer. Erst einmal passierte nichts. Fünf Minuten später aber stupste Robert Lewandowski den Ball mit der Zehenspitze ins Tor, und zumindest in der Aufrüttelungswertung durfte Kovac sich selbst einen Scorerpunkt zuschreiben beim entscheidenden zweiten Treffer bei diesem 3:0 (1:0) seiner Mannschaft.

Ein knappes halbes Jahr war es am Mittwochabend her, dass der FC Bayern zuletzt in der Champions League gespielt hatte, es war ein denkwürdiger Abend gewesen. Die Mannschaft hatte an jenem Märzabend gute Phasen gehabt, schlechte Phasen und auch lange Phasen, in denen Kovac unter dem Dach der Trainerbank verschwunden war. Am Ende des Abends hatte der FC Bayern 1:3 gegen den FC Liverpool verloren, das Aus. Im Achtelfinale. Kovac, der irgendwann tatenlos zugeschaut hatte, hat diesen Abend noch nicht abschütteln können, seitdem verfolgen ihn auch im Verein leise Zweifel, ob der Trainer auf diesem Niveau ein Team coachen kann, das eigentlich das Halbfinale als Minimalziel betrachtet.

Am Mittwochabend spielte der FC Bayern erstmals seit jenem Abend gegen Liverpool wieder in der Champions League. Und Kovac nutzte den Abend, um nachzuweisen, was er gelernt hat, was er sich zutraut.

"Wir hatten das Spiel unter Kontrolle und viele Chancen, aber wir haben zu wenige Tore geschossen und manchmal falsche Entscheidungen getroffen", sagte Stürmer Robert Lewandowski, aber auch solche Spiele seien "brauchbar".

Immerhin zeigte schon die Startelf, dass Kovac auf Kompromisse verzichtete. Die vier namhaftesten Zugänge starteten: Benjamin Pavard in der Innenverteidigung, Lucas Hernández als Linksverteidiger, Ivan Perisic auf dem linken Flügel, Philippe Coutinho im offensiven Mittelfeld. Auf der Bank saßen: Thomas Müller, Serge Gnabry, Jérôme Boateng. Es waren mutige Entscheidungen des Trainers. Doch das Spiel, in dem sein Team zunächst viele gute und später auch ein paar nicht ganz so gute Phasen hatte, bestätigte ihn lange in seinem Mut.

Manuel Neuer zeigt einen Kung-Fu-Kick

Gerade in der ersten Halbzeit dominierte der FC Bayern die Partie, wie so oft in den vergangenen Monaten. Doch gegen Belgrad war es keine hohle Dominanz, sondern eine, die die Mannschaft auch durch etwas herbeigeführt hat, was ihr zuletzt gefehlt hat: durch Spielwitz. Sie vertraute nicht allein einem strengen Spiel über die Außenbahnen, immer wieder passte sie den Ball durch die Mitte, durch jene Zone, die der FC Bayern im Offensivspiel unter Kovac bislang nicht oft besetzt hatte. Belgrad kam diesen variantenreichen Bayern erst mal nicht hinterher. Die Gäste konzentrierten sich darauf, den Strafraum zu verriegeln, teilweise stellten sie sich zu neunt vors eigene Tor, nur Marko Marin, der frühere deutsche Nationalspieler, wartete vorne. Es half nichts. Zur Halbzeit hatte der FC Bayern 16 Torschüsse herauskombiniert.

Kovac bilanzierte: "Die Mannschaft ist sehr konzentriert zu Werke gegangen.

Wir haben drei Tore geschossen, das ist standesgemäß." Der Offensivspieler, über den am Mittwoch in der ersten Halbzeit fast alles lief, war Coutinho. Der Zugang also, der jene Kreativität liefern soll, die in der vergangenen Saison so selten war, auch gegen Liverpool. Der Brasilianer deutete seinen Gestaltungsanspruch bereits nach 90 Sekunden an, als er ein erstes Mal auf das gegnerische Tor schoss. Coutinho verteilte die Bälle nahe am Strafraum, er suchte den Abschluss, er verwirrte Belgrads Abwehr mit Finten - mit seinem Ideenreichtum gelingt es den Bayern wieder, auch auf engem Raum Lösungen zu finden. Einmal traf Coutinho sogar ins Tor, mit einem Hackentrick, doch er stand im Abseits.

Ihre Überlegenheit wussten die Bayern lange jedoch nicht zu nutzen, das eine oder andere Mal hatten sie auch Glück, dass Belgrad die wenigen Kontergelegenheiten nur zögerlich annahm. Einer dieser Gäste-Angriffe führte dann zum 1:0 der Münchner.

Manuel Neuer war aus seinem Strafraum herausgeeilt, mit einem Kung-Fu-Kick trat er den Ball weg. Kontermöglichkeit für die Gastgeber, und die nahmen diese engagiert an. Wenige Ballkontakte, eine Flanke von Perisic, ein Kopfball von Kingsley Coman, das erste Tor (34.).

In der zweiten Halbzeit war der Ballbesitz der Münchner meist ein hohler, ohne Ideen. Perisic traf einmal die Latte (65.), doch schwungvoller war Belgrad, angetrieben durch Marin. Dann aber spitzelte Lewandowski den Ball ins Tor. Und in der Nachspielzeit traf noch der eingewechselte Müller. Kovac beobachtete es im Stehen.

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