Champions League:Ein furchtbarer Geburtstag

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Dortmunds Spieler stehen nach dem 1:2 bedrückt vor der Südtribüne. (Foto: dpa)
  • Borussia Dortmund verliert auch gegen Tottenham Hotspur. Am Ende muss Roman Bürki verletzt vom Platz.
  • Auch eine Führung von Pierre-Emerick Aubameyang hilft nicht. Den Gegentoren gehen erneut fatale Abwehrfehler voraus.
  • Peter Bosz sagt nach dem Spiel, er wisse, dass es gegen Schalke um seinen Job geht.

Von Ulrich Hartmann, Dortmund

Der Trainer hatte Geburtstag. Peter Bosz ist am Dienstag 54 Jahre alt geworden. Ein "Happy Birthday" von der Südtribüne war nicht zu vernehmen. "You'll never walk alone", haben die Fans zwar gesungen, doch das tun sie ohnehin jedes Mal für ihre Borussia, nicht für angeschlagene Trainer. Das Schlimmste aber war: In seinem prachtvoll als Champions-League-Spiel gegen Tottenham Hotspur verpackten Geschenk verbarg sich eine schleimige Kröte, eine 1:2 (1:0)-Niederlage nämlich, die dritte im fünften Spiel dieser Gruppenphase und die vierte schon binnen der jüngsten fünf Pflichtspiele. Nicht die Pausenführung, nicht das Führungstor durch Pierre-Emerick Aubameyang nach langer Torflaute retteten dem Trainer den Geburtstag.

Bosz trug es äußerlich mit Fassung, Doch er klang nach dem Spiel im Fernseh-Interview besorgt: "Ich weiß, dass es wichtig ist, gegen Schalke zu gewinnen", sagte er, "auch für meine Position." Auch ein Sieg gegen Tottenham hätte den Dortmundern nicht ins Achtelfinale der Champions League verholfen, denn Real Madrid gewann zeitgleich 6:0 bei Apoel Nikosia auf Zypern. Die neuerliche Pleite des BVB bedeutet eine Fortsetzung des Fernduells mit Nikosia um den dritten Gruppenplatz. Vor allem jedoch, und das war weitaus beunruhigender, bedeutete es eine missratene Generalprobe für das Revierderby gegen Schalke am kommenden Samstag. Bosz war bloß froh, als sein Ehrentag um Mitternacht vorbei war.

Seit es bei den so stark in die Saison gestarteten Borussen nicht mehr läuft, debattiert die Fußballwelt über das bisweilen eindimensional erscheinende Spielsystem des Niederländers. Die einen Skeptiker halten es für zu riskant, die anderen für nicht hinreichend flexibel. Am Dienstagabend wandelte Bosz sein 4-3-3-System in eine leicht defensivere 4-1-4-1-Formation. Die Besetzungsliste sah drei neue Interpreten vor. Dan-Axel Zagadou ersetzte in der Innenverteidigung den verletzten Sokratis, der nach seiner Suspendierung begnadigte Pierre-Emerick Aubameyang in der Spitze André Schürrle und Raphael Guerreiro links offensiv Maximilian Philipp, weil auch Christian Pulisic verletzt ausfiel. Tottenham ließ es trotz der bereits feststehenden Achtelfinal-Qualifikation nicht locker angehen. Die offensiven Stammspieler Dele Alli, Heung Min Son und Harry Kane standen alle in der Startelf.

Eine markante Veränderung im Dortmunder Spiel war die Herausnahme eines Großteils des Risikos. Die Gastgeber spielten gegen den Ball ungewohnt abwartend, versuchten nicht wie sonst, extrem aggressiv den gegnerischen Ballverlust zum Zwecke des Konters zu erzwingen. Vielleicht musste Bosz 54 Jahre alt werden, um sein Credo zu relativieren, jeder Beobachter möge durch den Fußball seiner Mannschaft aufs Beste unterhalten werden. Entsprechend wenige Strafraumszenen gab es diesmal für den BVB.

Nach 506 Minuten beendet Rückkehrer Aubameyang seine Torflaute

Aubameyang lief in der 19. Minute allein aufs Tor zu, vergab aber kläglich und summierte die Dauer seiner Torlosigkeit zunächst auf 495 Minuten. In der 507. Minute seiner wettbewerbsübergreifenden Flaute aber beendete er diese. Zu seinem 1:0 gab Andrej Jarmolenko die pfiffige Vorlage per Hackentrick. Kurz vor der Pause zeigte Torwart Roman Bürki zudem ein paar ansehnliche Paraden. Es hätte ein rundum gelungener Abend werden können, eigentlich.

"Ich kann es nicht erklären im Moment. Wir müssen es uns alle ankreiden, dass wir heute wieder verloren haben", sagte später Nationalspieler Mario Götze.

Die zweite Halbzeit war noch keine vier Minuten alt, als die Gäste aus London schon zum 1:1 ausglichen. Rechts verlor der zunehmend nervös wirkende Jeremy Toljan den Ball und in der Mitte störten die Innenverteidiger Zagadou und Marc Bartra den Stürmer Kane nicht am Torschuss. Er traf zum sechsten Mal im laufenden Wettbewerb. Das ist ein Tor mehr als die Dortmunder kollektiv erzielt haben.

Die Reaktion des BVB fiel verhalten aus, weil die Furcht vor einer neuerlichen Niederlage größer zu sein schien als die Bedeutung eines Sieges. "Nach dem 1:1 hat man gesehen, dass den Spielern das Selbstvertrauen gefehlt hat, weiter Fußball zu spielen. In der ersten Halbzeit haben wir es ganz gut gemacht, kompakt verteidigt und einige Chancen herausgespielt. Nach dem 1:1 hat die Mannschaft Angst gehabt, noch nach vorne zu spielen", sagte Bosz. Das sollte sich rächen. In der 76. Minute schlenzte Son den Ball zum 2:1 für Tottenham ins BVB-Tor. Kurz vor Schluss verletzte sich gar noch Bürki am Kopf, Roman Weidenfeller musste ins Tor. Auf die Frage, wie viele Spiele auf Bewährung der Trainer bekomme, hatte BVB-Sportdirektor Michael Zorc vor dem Spiel im Fernsehen gereizt reagiert. Doch er wird sie in den nächsten Tagen noch oft gestellt bekommen.

© SZ vom 22.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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