BVB in der Champions League:Dortmund überwintert im Zig-Millionen-Euro-Zirkus

Fußball: UEFA Champions League, CL, Saison 2019/2020, 6. Spieltag, Borussia Dortmund - Slavia Prag in Dortmund (Nordrhei; Watzke BVB Prag

Begeistert vom Achtelfinal-Einzug: Dortmunds Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke (2.v.l).

(Foto: imago images/Kirchner-Media)
  • Borussia Dortmund überwintert in der Champions League - durch das 2:1 gegen Slavia Prag und die Niederlage von Inter Mailand ist das Achtelfinale sicher.
  • "Es war eine der schwierigsten Gruppen, und wir haben uns für die nächste Runde qualifiziert", lobt Trainer Lucien Favre.
  • Ganz besonders bedanken kann sich der Klub bei Torwart Roman Bürki.
  • Hier geht es zu den Tabellen der Champions League.

Von Felix Meininghaus, Dortmund

Nach Schlusspfiff sprang Hans-Joachim Watzke von seinem Sitzplatz auf, klatschte vor Begeisterung in die Hände, um dann schnurstracks von der VIP-Tribüne auf den Rasen zu eilen, wo Dortmunds Geschäftsführer jeden einzelnen Spieler, der ihm über den Weg lief, an sich drückte. Währenddessen ging es auch vor der Dortmunder Bank um intensiv ausgelebte Gefühle: Trainer Lucien Favre fiel Sportdirektor Michael Zorc mit einer Leidenschaft in die Arme, die man dem sonst so zurückhaltenden Schweizer gar nicht zugetraut hätte.

An einem empfindlich kühlen Dezemberabend hatten sich im größten Stadion der Republik tatsächlich bemerkenswerte Dinge zugetragen. Und zwar nicht, weil die Darbietung der Mannschaft beim 2:1 (1:1) im finalen Gruppenspiel der Champions League gegen Slavia Prag so mitreißend gewesen wären. Das war sie mit Sicherheit nicht, doch Spannung und Dramaturgie dieses Showdowns boten mehr als genug Stoff, um den Emotionen freien Lauf zu lassen.

Klar war, dass über das Dortmunder Schicksal nicht nur im heimischen Stadion entschieden würde, sondern jenseits der Alpen in Mailand im Stadion San Siro. Nur wenn die Borussia am sechsten und letzten Spieltag besser abschneiden würde als Inter, wäre das Überleben im Zig-Millionen-Euro-Zirkus Champions League garantiert. Und siehe da, hat sich tatsächlich alles gut gefügt: Der BVB entledigte sich seiner Pflichtaufgabe gegen den überaus wehrhaften Kontrahenten mit viel Dusel und einem überragenden Torhüter Roman Bürki, während Inter Mailand dem mit einer B-Auswahl angetretenen FC Barcelona mit 1:2 unterlag.

Hummels lobt Trainer Favre

Alles gut also im Revier nach einem Kraftakt, den Favre als wichtigen Entwicklungsschritt für seine bislang so wankelmütig auftretende Mannschaft einstufte: "Es war eine der schwierigsten Gruppen, und wir haben uns für die nächste Runde qualifiziert", betonte der Schweizer.

Bislang herrsche in Dortmund "noch im Wochenrhythmus mal Hoch- und mal Untergangsstimmung", hat ein Chronist jüngst treffend festgestellt. Derzeit tendiert die Laune nach drei Siegen in Serie beim börsenorientierten Fußballunternehmen mal wieder stark in Richtung Hausse. Was natürlich in erster Linie an den Resultaten liegt, aber auch daran, dass die Betriebsatmosphäre harmonisch und entspannt ist, wie Manndecker Mats Hummels zu berichten weiß.

So sei die Maßnahme, die taktische Grundausrichtung zu modifizieren und statt der defensiveren Grundausrichtung mit Viererkette die mutigeren Variante mit Dreierkette zu installieren, auf einen konstruktiven Dialog zwischen Trainer und Mannschaft zurückzuführen. "Er geht auf uns zu, wir gehen auf ihn zu", sagt Hummels. Fakt sei, dass es nun besser läuft: "Er hat auf jeden Fall die richtigen Maßnahmen ergriffen."

Allerdings hätte es gegen spielstarke Tschechen auch durchaus ins Auge gehen können. "Sie laufen 132 Kilometer pro Spiel - das ist Weltrekord, glaube ich", hatte Favre vor Spielbeginn verkündet. Die 90 Minuten bestätigten ihn, denn obwohl sie bereits ausgeschieden waren, stürmten die Gäste aus der goldenen Stadt munter drauflos und stürzten überforderte Dortmunder von einer Verlegenheit in die nächste. Da auch die Gastgeber zahlreiche gute Möglichkeiten liegen ließen, sprach Hummels von einem "wilden Ritt gegen diese mutige Mannschaft".

Torwart Bürki rettet den BVB mehrfach

Dass sie am Ende nicht abgestraft wurden, hatte die Borussia ihrem Torhüter zu verdanken. Roman Bürki hatte einen dieser besonderen Tage erwischt, an denen einem Sportler fast alles gelingt. Es begann mit einer artistischen Einlage, als der Schweizer im Stile eines Kunstturners mit einem eingesprungenen Spagat rettete, ging weiter mit einem irren Reflex nach einem abgefälschten Ball und mündete in mehreren weiteren spektakulären Paraden.

Sein vor ihm agierender Kollege Hummels hatte "fünf, sechs oder sieben absolute Weltklasseparaden" gezählt und lag dabei nur fast richtig. Am Ende konnte Bürki acht außergewöhnliche Rettungstaten auf seinem Arbeitszeugnis notieren. Der Mann auf der Linie war der Held, der nach dem Schlusspfiff auch von den Schattenseiten seines Jobs zu berichten wusste. In den vergangenen Wochen habe er "viele unglückliche Gegentore bekommen, ich hatte fast keine Saves. Heute konnte ich dagegen einiges gut machen."

Der zweite Dortmunder Matchwinner hieß Julian Brandt, dem nicht nur der Siegtreffer gelang, sondern der hinter den Spitzen erneut große Spielfreude versprühte. "Seitdem Julian im Zentrum spielt, bringt er uns einen unglaublichen Mehrwert", sagte Hummels: "Er bietet sich viel an, macht die tiefen Laufwege - das alles ist sehr stimmig."

Doch an die Kapriolen von Roman Bürki reichte auch die Leistung des Nationalspielers nicht heran. Am Ende eines großen Abends wurde Hummels gefragt, ob die Mannschaft ihrem Retter nun das ein oder andere Bier ausgebe. Der Weltmeister von 2014 grinste breit und gab zu bedenken, er wisse gar nicht, "ob er so etwas mag. Wenn nicht, kriegt er von mir ein Bircher Müsli". Mit seiner Expertise lag Hummels goldrichtig, wie Bürki auf Nachfrage einräumte: "Da hat er Recht, auf Alkohol stehe ich nicht so."

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