Champions League:Die Uefa ist gnadenlos

Robert Lewandowski beim Champions-League-Spiel FC Bayern gegen Real Madrid

Nur noch im Pay-TV zu sehen, wenn er in der Champions League spielt: Robert Lewandowski vom FC Bayern.

(Foto: AFP)

Weniger Zuschauer, weniger Sponsoren: Dennoch hat die Uefa dem klassischen Fernsehen die Champions-League-Rechte entzogen. Die Risiken geht sie gerne ein.

Kommentar von Philipp Selldorf

Mit dem Start der Champions League-Saison müssen die Fußball-Zuschauer von lieben Gewohnheiten Abstand nehmen. Der Veranstalter, der europäische Fußball-Verband Uefa, hat 25 Jahre nach der Gründung des Wettbewerbs gravierend in die vertraute Abendgestaltung eingegriffen. Künftig werden die Spiele nicht mehr um 20.45 Uhr angestoßen, sondern um 21 Uhr. Es sei denn, sie beginnen um 18.55 Uhr. Warum die Uefa dies entschied, hat sie nicht explizit erklärt, Kenner vermuten aber folgende Intention: Man hat neue Sendeflächen geschaffen, um mit den Übertragungen mehr Geld zu verdienen.

Dafür opfert die Uefa den bewährten, krummen Termin, der eine geniale Erfindung war: 20.45 Uhr hatte sich als Merkmal der Marke Champions League im Bewusstsein verankert. Und nun hat ihn die Uefa im Handstreich gelöscht. So gnadenlos sind die modernen Fußballzeiten.

Die Reform dürfte den nationalen Liga-Sponsoren nicht gefallen

Der Vorteil der Änderung ist, dass die Fußballabende früher beginnen, der Nachteil ist, dass sie noch später enden. Einerseits ist es prima, dass hin und wieder auch die Kinder zugucken können, andererseits steigt die Gefahr des Einschlafens vor dem Abpfiff erheblich, Mathematiker würden wohl sagen: exponentiell.

Aber in diesem Punkt brauchen sich die meisten Leute nicht zu beunruhigen: Sie können die Spiele sowieso nicht gucken, weil die Uefa noch ein weiteres Prinzip aus den Gründertagen über Bord geworfen hat. Künftig werden die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten, zumindest jene in Deutschland und Österreich, bis zum Finale keine Champions-League-Spiele mehr übertragen, die Rechte liegen jetzt ausschließlich bei privaten TV-Unternehmen. Auch diese Veränderung hat, was kaum überraschen wird, mit Vermarktung und Geldvermehrung zu tun.

Die Einnahmen in der Champions League steigen, das ist die gute Nachricht für die Vereine, die an ihr teilnehmen dürfen. Doch auch diese Neuigkeit hat ihre Schattenseite, schließlich ist es das Jahr 2018 im Zeitalter des Fußball-Kapitalismus. Denn noch viel höher als die Einnahmen der kleineren Vereine steigen die Einnahmen der großen Vereine, die als treibende Kräfte hinter den umfassenden Programmänderungen stehen. Sie hatten keineswegs nur sanften Druck ausgeübt, um die Uefa zur Reform zu bewegen.

Viele Fans in Deutschland und Österreich sind nicht erfreut, dass der Europacup nur noch gegen Extra-Gebühr zu sehen ist, zumal man gleich zwei Abonnements finanzieren müsste, wenn man alle Spiele sehen wollte. Die absoluten Zuschauerzahlen werden daher sinken, die Champions League könnte über Jahre hinweg an öffentlicher Präsenz einbüßen, was wiederum die Liga-Sponsoren aus der Konsumindustrie nicht glücklich machen dürfte. Aber diese Risiken gehen die Uefa und die Gigantenklubs, die in ihrem Nacken sitzen, bereitwillig ein. Die Champions League ist mutmaßlich die populärste und wertvollste Fernsehserie der Welt, die beteiligten Parteien denken im globalen Maßstab. Die Aussicht, auf einzelnen Märkten ein paar Prozentpunkte zu verlieren, schreckt sie nicht ab.

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