Champions League:Der Stabilitätspakt des FC Bayern

Champions League Quarter Final Second Leg - Bayern Munich vs Sevilla

Bayern-Torwart Sven Ulreich schnappt sich den Ball vor Sevillas Joaquin Correa.

(Foto: REUTERS)
  • Der FC Bayern steht im Halbfinale der Champions League, weil sich das Team von Jupp Heynckes auf einen Stabilitätspakt hat einschwören lassen.
  • Für die Münchner spricht nun vor allem die stabile Defensive.
  • Die Auslosung startet an diesem Freitag um 13 Uhr, mögliche Gegner sind AS Rom, Real Madrid und der FC Liverpool.

Von Benedikt Warmbrunn

Für einen kurzen Augenblick genügte Jupp Heynckes am Mittwochabend nicht seinen eigenen Ansprüchen. An der Seitenlinie verfolgte er das Spiel, die Hände in den Hosentaschen. Der Trainer des FC Bayern sah, dass sein Linksverteidiger Rafinha den Ball mit der Hand berührte, das Spiel änderte seine Richtung, und dabei erwischte es Heynckes auf dem falschen Fuß. Kurzzeitig verlor er die Balance, sein rechter Fuß schwebte auf Hüfthöhe, der Oberkörper kippte nach links. Ein paar Sekunden lang verharrte Heynckes so, dann hatte er sich ausbalanciert. Die Hände hatte er dazu nicht aus den Hosentaschen nehmen müssen.

An diesem Abend, an dem nur Heynckes kurz das Gleichgewicht zu verlieren drohte, erreichte seine Mannschaft das Halbfinale in der Champions League, im Rückspiel im Viertelfinale reichte gegen den FC Sevilla ein einigermaßen ausbalanciertes 0:0. Die Mannschaft bot dabei keinen spektakulären Offensivfußball, aber sie erfüllte die wichtigste Vorgabe ihres Trainers: Sie verlor nie die Stabilität. Sie wackelte gelegentlich kurz, aber sie stürzte nicht.

"Ich bin froh, dass wir zu null gespielt haben"

Im Halbfinale stehen nun drei Mannschaften, die bunte Fußballabende geboten haben. Real Madrid hat in der K.-o.-Runde neun Tore erzielt, Liverpool zehn, AS Rom drehte im Viertelfinale gegen Barcelona ein 1:4 nach dem Hinspiel. Es sind drei Mannschaften, die sich dank ihrer offensiven Qualitäten durchgesetzt haben. Und dann ist da noch der FC Bayern. Die Mannschaft stand zuletzt nicht für das Spektakel, auch wenn sie im Achtelfinale acht Tore erzielte (allerdings gegen Besiktas Istanbul). In dieser Champions-League-Saison steht der FC Bayern für eine seriöse Defensive.

Als Heynckes die Partie analysierte, verteidigte er seine Mannschaft dafür, dass sie keinen berauschenden Abend geboten hatte. "Man kann nicht immer brillant spielen", sagte der Trainer. Er fand das allerdings nicht weiter dramatisch. "Ich denke, dass man herausstellen kann, dass meine Mannschaft heute eine überragende kämpferische Leistung gezeigt hat", sagte Heynckes, dann stellte er noch heraus, "dass wir uns nicht haben aus der Ruhe bringen lassen, dass wir nicht nervös geworden sind".

Der FC Bayern war zwar gegen Sevilla die Mannschaft, die mehr Aktionen am gegnerischen Strafraum aufführte, er war allerdings nicht die Mannschaft, die die besseren Torchancen hatte. Für die Gäste traf Joaquin Correa einmal die Latte, zweimal klärte Rafinha im Strafraum in letzter Sekunde, sogar James Rodríguez, der sonst für die sinnlichen Momente im Spiel zuständig ist, rettete einmal mit einer Grätsche an der Strafraumkante. Diese Noteinsätze waren es auch, an die Heynckes nach dem Abpfiff dachte. "Ich bin froh, dass wir zu null gespielt haben", sagte er, "weil das habe ich meiner Mannschaft gestern und heute eindringlich mit auf den Weg gegeben." Als wolle er nachweisen, wie gut er die Botschaft des Trainers verstanden hatte, lobte auch Arjen Robben: "Du musst zu null spielen, das haben wir gemacht."

Die wohl beste Innenverteidigung Europas

Dass der FC Bayern sich nun - je nach Auslosung - Hoffnungen auf einen Finaleinzug machen darf, liegt daran, dass das Team sich von Heynckes auf einen Stabilitätspakt hat einschwören lassen. In Mats Hummels und Jérôme Boateng hat der Klub die wohl beste Innenverteidigung Europas, dazu kommt vor den beiden noch Javier Martínez als zusätzlicher zentraler Verdichter. Der Baske erreichte das Halbfinale allerdings auf Kosten einer Knieprellung, nach einem rüden, mit Rot geahndeten Foul von Correa in der Nachspielzeit. Sein Einsatz am Samstag gegen Mönchengladbach sei nicht gefährdet, teilte der Verein am Donnerstag mit, auch nicht der von Angreifer Robert Lewandowski, der die Arena mit einer ansehnlichen Beule verlassen hatte.

Hinter Hummels, Boateng und Martínez wartet dann jedenfalls noch Sven Ulreich, der im Tor so ausgeglichen hält, dass Manuel Neuer sich alle Zeit der Welt für die Genesung nehmen kann. Zwei Gegentore hat der FC Bayern in der K.-o.-Runde kassiert, allerdings auch auf dem leichtesten Weg. Eine bessere Statistik hat unter den Halbfinalisten nur Liverpool (ein Gegentor), Real kassierte fünf Tore, Rom sechs.

Eine sichere Abwehr, dazu eine Offensive, die sich verlassen darf auf die Ideen all ihrer routinierten Akteure, das ist die Mischung, mit der die Mannschaft nun im Halbfinale bestehen will. "Nach vorne haben wir Qualität und Fantasie", sagte Robben - zu erkennen war dies am Mittwoch hauptsächlich bei James und dem nimmermüden Franck Ribéry. Nach dem Einzug ins Halbfinale verdichten sich nun die Anzeichen, dass sich der Klub und seine ewigen Flügelspieler Robben und Ribéry, deren Verträge im Sommer auslaufen, auf ein weiteres gemeinsames Jahr verabredet haben. Monatelang gab es Diskussionen, nun soll dieses Thema nicht mehr ablenken.

"Wir haben natürlich Ambitionen", sagte Heynckes schließlich, "wir haben den Ehrgeiz, ins Endspiel zu kommen."

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