Champions League:Mit Dusel und einem 60-Meter-Solo - BVB besiegt Chelsea

Siegtorschütze Karim Adeyemi.

Gleich ist der Ball im Tor: Karim Adeyemi dreht nach seinem erfolgreichen 60-Meter-Konter schon mal ab zum Jubeln.

(Foto: Wolfgang Rattay/Reuters)

Ohne an die Form der vergangenen Wochen anzuknüpfen, gewinnt Dortmund gegen den FC Chelsea - weil die Londoner fahrlässig mit ihren Großchancen umgehen und weil BVB-Stürmer Adeyemi allen davonläuft.

Von Ulrich Hartmann, Dortmund

Die Serie hält. Im siebten Pflichtspiel des jungen Jahres hat Borussia Dortmund den siebten Sieg errungen. Nach fünf Erfolgen in der Bundesliga und einem im DFB-Pokal gelang am Mittwochabend tatsächlich auch im Achtelfinal-Hinspiel der Champions League gegen den FC Chelsea ein äußerst schmeichelhaftes 1:0 (0:0). Das entscheidende Tor erzielte Karim Adeyemi in der 63. Minute. Es eröffnet beste Chancen für das Rückspiel am 7. März in London. Aufs Wiedersehen dort freuen sich unabhängig vom Ausgang Dortmunds Trainer Edin Terzić und Chelseas Coach Graham Potter. Man kennt sich. Man schätzt sich.

Die Freundschaft geht viereinhalb Jahre zurück. Im Juni 2018 haben Terzić und Potter gemeinsam auf einem Gruppenfoto gestanden. Es zeigt sie als Absolventen des Uefa-Pro-Lizenz-Trainerlehrgangs beim britischen Fußballverband FA. Als Terzić diesen Lehrgang eineinhalb Jahre zuvor begonnen hatte, war er bei West Ham United noch Assistent des Trainers Slaven Bilic gewesen. Der Brite Potter trainierte noch den schwedischen Provinzklub Östersund. Als sie den Lehrgang abgeschlossen hatten, wurde Terzić bei Borussia Dortmund Assistent von Lucien Favre. Potter übernahm den englischen Zweitligisten Swansea. Seitdem haben beide Karriere gemacht.

Am Mittwochabend standen Terzić und Potter gemeinsam im riesigen Dortmunder Stadion. Die beiden Pro-Lizenz-Absolventen trafen sich auf der ganz großen Fußball-Bühne wieder. "Das hätten wir damals im Lehrgang nicht zu träumen gewagt, dass wir uns mal im Achtelfinale der Champions League begegnen", hatte Terzić vor dem Spiel gesagt.

Der geschätzt Marktwert von Chelseas Kader beträgt eine Milliarde Euro, der des BVB die Hälfte

Ein paar Meter nur trennten die Freunde an der Seitenlinie. Binnen 90 Minuten konnte sich nun zeigen, wer von ihnen der bessere Trainer ist, doch das war binnen eineinhalb Stunden nicht abschließend zu beurteilen. Was die Belegschaften von Dortmund und Chelsea angeht, gibt es ja eigentlich einen relevanten Unterschied: Der geschätzt Marktwert von Chelseas Kader beträgt eine Milliarde Euro, der des BVB die Hälfte. "Chelseas Kader steckt voller Schlüsselspieler", hatte Terzić vor dem Anpfiff gewarnt. Doch seine Borussen spielten Schlüsseldienst.

Mats Hummels und Marco Reus saßen nur auf der Bank. Emre Can, Jude Bellingham und Salih Özcan sollten das Zentrum schließen, von rechts außen kam zu diesem Zweck auch immer wieder der Flügelflitzer Julian Brandt zu Hilfe. Offensiv zeigte das Wirkung, bis zum Strafraum drängten die Dortmunder ihre Kontrahenten zurück, kamen auch mehrfach gefährlich hinein, vergaben jedoch hochkarätige Chancen durch Marius Wolf, Karim Adeyemi und Sebastien Haller, der sein erstes Champions-League-Spiel im BVB-Trikot absolvierte.

Thiago Silva trifft auf verbotene Weise - statt Führung gab es Gelb

Es gelang aber nicht, die gefürchteten Chelsea-Konter zu unterbinden. Der schnelle João Félix, soeben für ein halbes Jahr für elf Millionen Euro von Atlético Madrid ausgeliehen, und der noch schnellere Michajlo Mudryk, soeben für 70 Millionen Euro aus Donezk verpflichtet, brachten die Borussia schwer in die Bredouille. Ein Chelsea-Treffer in der 16. Minute durch Thiago Silva zählte jedoch nicht, weil der Brasilianer die Hand benutzt hatte. Statt der Führung gab es Gelb. In der 38. Minute aber hatten die Dortmunder ganz schön Glück. Nach einem der Konter im ICE-Tempo schoss Félix an die Latte. Ballverlust und Rückwärtsbewegung waren heiße Themen. Und blieben es.

Auch in der Premier League läuft es zurzeit ja nicht gut für Chelsea. Nach nur einem Sieg aus sieben Spielen haben sie dort auf dem zehnten Platz bereits zehn Punkte Rückstand zu den Champions-League-Rängen. Man weiß nicht, wie lange Potter noch Zeit bekommt, aber dass seine Mannschaft sich sukzessive einspielt und besser wird, war am Mittwochabend trotzdem zu erkennen.

Champions League: Knapp: Emre Can kratzt nach einer Parade des erneut starken BVB-Torhüters Gregor Kobel den Ball von der Linie.

Knapp: Emre Can kratzt nach einer Parade des erneut starken BVB-Torhüters Gregor Kobel den Ball von der Linie.

(Foto: Thilo Schmuelgen/Reuters)

Nach der Pause wurden die Gäste immer dominanter, allerdings auch deshalb, weil die Dortmunder nach der gefährlichen ersten Halbzeit sichtlich Risiko herausnahmen und offensive Gelegenheiten eher situativ zu nutzen probierten. Sie drehten den Spieß nun einfach um - und wirklich, nachdem der Torwart Gregor Kobel ein paar Mal prächtig parierte hatte, nutzte Adeyemi in der 63. Minute eine Konterchance über gut 60 Meter zum 1:0. Dabei lief er Chelseas 120-Millionen-Euro-Neuzugang Enzo Fernández davon und umspielte auch noch den Torwart Kepa, ehe er den Ball zum Tor des Tages einschob.

Ihre abwartende Haltung konnten die Dortmunder fortan intensivieren. Zurzeit können sie sogar Abwehrschlacht. Und Dusel. In der 78. Minute kratzte Can einen Ball von der Torlinie und wurde von seinen Kollegen gefeiert wie nach einem Torerfolg. Am Ende gab es noch eine heftige Rudelbildung. Dann war Schluss. Und Borussia Dortmund nimmt weiter Fahrt auf.

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