Champions League:Bayerns Helden vereinigen sich

FC Bayern Muenchen v Borussia Dortmund - Bundesliga

Herzallerliebst: Franck Ribéry (links) und Arjen Robben beim 6:0 gegen Dortmund.

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Von Benedikt Warmbrunn

Die Kräfteverhältnisse im deutschen Fußball waren schon lange abschließend geklärt, als Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft des FC Bayern München noch einmal besonders innig umschlungen waren. Es lief die 69. Minute im Heimspiel der Bayern gegen Borussia Dortmund, der Gastgeber führte allein deshalb nur 5:0, weil er sich bereits schonte für die wirklich großen Aufgaben in dieser Saison, und nun verließ Franck Ribéry das Spielfeld. Der Franzose, der vor nicht allzu vielen Monaten einmal wütend sein Trikot auf die Bank geschleudert hatte, weil er frühzeitig die Arbeit einstellen musste, trabte zur Seitenlinie, er wäre innerhalb weniger Sekunden dort gewesen, wenn ihm sich nicht ein Hindernis in den Weg gestellt hätte. Wenige Meter vor der Seitenlinie wartete Arjen Robben.

Ribéry und Robben haben den FC Bayern in den vergangenen Jahren geprägt wie wenige andere Spieler in der Geschichte des Vereins. Sie haben sich gegenseitig vieles geneidet, sie haben auch gemeinsam vieles erreicht, nicht zuletzt den Sieg in der Champions League 2013 (2:1 gegen Dortmund), bei dem der letzte entscheidende Pass des Finales von Ribéry auf Robben kam. In den vergangenen Monaten haben sie wieder häufiger mit ihrem jeweiligen Einzelschicksal gehadert, sie waren verletzt, sie durften nicht so oft spielen wie von ihnen selbst gefordert - und sie haben beide immer noch keinen Vertrag für die kommende Saison. Einig waren sie sich vermutlich hauptsächlich in der Meinung, dass ihnen gewaltiges Unrecht angetan wurde. Und nun also wartete am Samstagabend Robben auf Ribéry.

Die beiden umarmten sich, eine Sekunde lang, zwei, drei, für die beiden war es eine Ewigkeit. Schließlich klopfte Ribéry Robben dreimal auf das rechte Schulterblatt, erst dann lösten sie sich aus ihrer Umschlungenheit. Eine gewöhnliche Geste? Wenige Meter weiter, direkt hinter der Seitenlinie, wartete auf Ribéry noch Sebastian Rudy, er sollte eingewechselt werden. Ribéry hatte seinen Oberkörper kaum in eine Umarmung mit Rudy hineingedeutet, da war er auch schon wieder weitergelaufen.

Das 6:0 (5:0) des FC Bayern am Samstagabend gegen Borussia Dortmund hatte sportlich nur wenig Aussagekraft; nach dieser Partie konnte ja nur die Frage diskutiert werden, ob Dortmund schrecklich unterlegen war oder die Münchner schrecklich überlegen waren. Für die These der Dortmunder Unterlegenheit setzte sich zum Beispiel Mats Hummels, selbst einst sieben Jahre lang angestellt beim BVB, ein: "Wir sind nicht perfekt, bei Weitem nicht", sagte der Münchner Innenverteidiger und sprach von "ein, zwei Schwächen". Dann fügte er hinzu, fast beiläufig: "Aber das große Ganze passt."

Für den FC Bayern war dieses 6:0 - zwei Wochen nach der 1:2-Niederlage in Leipzig - ein Beleg dafür, dass in der Liga das große Ganze weiterhin nicht gefährdet ist, die unangetastete Allmachtstellung nämlich; mit einem Sieg am nächsten Samstag in Augsburg könnte man die sechste Meisterschaft in Serie feiern. Und für die internationale Konkurrenz, in erster Linie den FC Sevilla, bei dem der FC Bayern an diesem Dienstag (20.45 Uhr) im Hinspiel des Viertelfinales der Champions League antritt, hatte dieses 6:0 gegen Dortmund auch eine Botschaft: die, dass der Münchner Heldenfußball zurzeit funktioniert wie schon lange nicht mehr. Ein Beleg dafür war die Umarmung zwischen Ribéry und Robben in der 69. Minute.

In jenen Sekunden traf ja nicht nur eine riesige Ladung an bisherigen Verdiensten aufeinander, sondern auch die Erinnerung daran, wie viel Potenzial allein in diesen beiden Alleinunterhaltern steckt für die kommenden Wochen, vielleicht auch für das kommende Jahr (Sportdirektor Salihamidzic sagte später, dass bis Ende April entschieden werden soll, ob der Klub mit keinem der beiden, mit einem oder gar mit beiden verlängert - dann soll übrigens laut Salihamidzic auch feststehen, wer im Sommer auf Trainer Heynckes folgt). Denn das Potenzial der Bayern in den vergangenen Jahren war immer dann hoch, wenn alle Führungsspieler miteinander einverstanden waren. Also, wenn auch Robben und Ribéry miteinander einverstanden waren.

"Wir machen unser Ding"

Gegen Dortmund war Robben an keinem Tor entscheidend beteiligt, gerade an solchen Tagen staut sich bei ihm gelegentlich Frust an. Nicht so am Samstag. Robben wusste, dass Bayern so stark war, weil all die alten Helden der Mannschaft gerade in guter Form sind, ganz besonders galt das für Ribéry. Der linke Flügelstürmer hatte das 4:0 durch Robert Lewandowski mit einem frechen Solo vorbereitet (44.), eine Minute später traf er mit einem mindestens genauso frechen Lupfer (45.). Rechtzeitig vor den wichtigen Wochen der Champions League hat Ribéry wieder den genialen Tänzer in sich entdeckt. "Wir machen unser Ding", lobte Robben, er gab aber auch zu: "Dortmund war nicht gut drauf."

Bereits in den ersten 45 Minuten hatten alle Offensivspieler des FC Bayern gezeigt, was das in diesen Tagen heißt, wenn sie einfach ihr Ding machen. Thomas Müller bereitete das wegen Abseitsstellung umstrittene 1:0 durch Lewandowski vor (5.), das 3:0 erzielte er selbst (23.), und auch sonst war er so geradlinig wie lange nicht mehr in seinen Aktionen. Lewandowski traf auch noch zum Endstand (87.). James Rodríguez bereitete zwei Tore kunstvoll vor, ordnete und strukturierte das Spiel, zwischendurch hatte er Zeit, in die Mittelstürmerposition zu schleichen, um dort das 2:0 zu erzielen (14.). Und Robben? Der rechte Flügelstürmer war zwar an keinem Tor beteiligt, hatte aber die Größe, den anderen den nötigen Raum zu geben. All die klangvollen Namen der Vergangenheit haben sich eingeschworen auf ein großes Ziel: internationalen Erfolg. Und sie wissen, dass sie es ohne einander nicht erreichen.

Robben war es aber auch, der betonte, dass die wahren Prüfungen erst kommen: "Gegen sehr gute Mannschaften zu spielen, macht immer Spaß. Aber heute können wir das auch nicht ändern." Der Spaß der Saison, er beginnt an diesem Dienstag in Sevilla.

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