Champions League:Bayern fehlt 88 Minuten die Inspiration

Bayern München - Benfica Lissabon

Benficas Eliseu (li.): Mit Lissabon nicht weit weg vom Ausgleich

(Foto: dpa)

Aus dem Stadion von Benedikt Warmbrunn

Franck Ribéry legte sich quer in die Luft, er schwebte jetzt für einen kurzen Moment, die Beine bereits im Scherenschlag, dieser Flug sollte eine Kunstwerk werden, getragen von der Leichtigkeit, ein superbes Tor sollte es werden, ähnlich wie jenes von Ribéry am Samstag gegen Frankfurt, als er mit einem Seitrückfallzieher traf. Also schwebte Ribéry auch an diesem Dienstagabend.

Dann landete Ribéry. Und der Ball landete direkt unweit von ihm. Dies war kein Abend für Schwebende.

Der FC Bayern besiegte in der eigenen Arena in diesem Hinspiel im Viertelfinale der Champions League Benfica Lissabon 1:0 (1:0), und ein bisschen verlief der ganze Abend wie dieser versuchte Seitfallzieher von Ribéry kurz vor Ende der ersten Halbzeit. "Es muss auch mal ein 1:0 reichen. Wir fahren nach Lissabon und wissen, dass es eine enge Kiste ist", sagte Bayern-Torwart Manuel Neuer: "Benfica stand mit seiner Viererkette sehr gut. Das zweite Tor hat leider gefehlt. Aber wir können trotzdem mit dem Ergebnis zufrieden sein, weil die Null steht. Das war das Wichtigste." Und auch David Alaba klagte: "Natürlich wollten wir noch ein zweites oder drittes Tor machen, aber das ist uns leider nicht gelungen." Das Spiel begann mit einem Anflug von Leichtigkeit, es sah aus, als würde die Mannschaft in diesem Hinspiel ins Halbfinale schweben. Doch was wie große Kunstfertigkeit aussah, wurde zu einem mühsamen Abend. Und was sich nach zwei Minuten, nach der frühen Führung, andeutete als ein leichter Gang ins Halbfinale, ist eine ungewisse Reise geworden. Weil es die Mannschaft in 88 wenig inspirierten Minuten verpasste, die Lage zu verbessern.

Götze bleibt erneut auf der Bank

Pep Guardiola, der Trainer des FC Bayern, hatte gegen Lissabon auf Experimente verzichtet, er vertraute weitgehend auf die Mannschaft, die er in den vergangenen Wochen in den wirklich wichtigen Partien einsetzte. In der Mitte der Abwehr spielten also Joshua Kimmich und David Alaba; Javier Martínez saß auf der Bank. In der Mitte des Spielfelds agierten Arturo Vidal und Thiago Alcántara; Xabi Alonso saß auf der Bank und, ja auch: Mario Götze.

Die ersten Minuten bestärkten Guardiola in seiner Aufstellung. Erst gewann in der zweiten Minute der 176 Zentimeter hohe Kimmich ein Kopfballduell gegen den zwölf Zentimeter größeren Benfica-Angreifer Kostas Mitroglou. Dann flankte Juan Bernat im Gegenangriff, es lief immer noch die zweite Spielminute, und Arturo Vidal traf mit dem Kopf; vorausgegangen war der Führung ein Zusammenspiel zwischen Ribéry und Robert Lewandowski, in dem sie vier Verteidiger auf sich zogen.

Am Spielverlauf änderte dieses frühe Tor erst einmal: überhaupt nichts. Benfica wirkte so, als ob sie mit diesem knappen Rückstand weiterhin ganz gut leben könnte, die Gäste verteidigten tief vor dem eigenen Tor, verdichteten die Mitte, ließen dem FC Bayern viel Platz an der Mittellinie und auf den Außenbahnen. Auch ohne die Langpassspezialisten Alonso und Jérôme Boateng spielte der FC Bayern mit vielen Seitenverlagerungen, mal gab den Quarterback Vidal, mal Thiago. Nach einem Lupfer des Spaniers stand Thomas Müller frei, er scheiterte an Ederson (20.).

Die meisten Aktionen verlagerten sich bald auf die linke Angriffsseite der Gastgeber, direkt vor die eigene Bank. Dort turnte Guardiola, er jonglierte mit Anweisungen, und er jonglierte umso mehr, als er merkte, dass sie nicht ankamen. Er beklagte eine mangelnde Abstimmung zwischen Vidal und Thiago. Er beklagte fehlendes Tempo im Spiel nach vorne. Er spürte, dass seinem Team das Spiel entglitt, und so war es dann ja auch. Das einzige, was nun noch schwebte, waren die Minuten, und sie schwebten ganz in Ereignislosigkeit dahin.

Benfica drängt in Halbzeit zwei

Benfica wagte sich nur sachte nach vorne, die erste gefährliche Flanke der Gäste grätschte Vidal zur Ecke. In diesen Minuten war das Spiel des FC Bayern fern jeglicher Kunstfertigkeit. Allein Guardiola, der Seitenlinien-Akrobat, turnte weiter. Seiner Mannschaft gelang es nun seltener, nach vorne zu spielen. Die beste Chance war ein neuerlicher Kopfball von Vidal (36.). Vier Minuten später scheiterte Ribéry, verzweifelnd die Leichtigkeit herbeisehnend, an seinem Seitfallzieher. Die letzte Szene der ersten Halbzeit gehörte dann Vidal, dem Kämpfer. In der ersten Minute der Nachspielzeit blockte er einen Schuss von Nicolás Gaitán ab.

In der zweiten Halbzeit legte zumindest Benfica das Sachte ab, die Mannschaft spielte schneller, frecher, direkter nach vorne. In der 57. Minute drehte sich Jonas um Alaba, auf einmal stand er ganz alleine vor dem Tor. Dass er nicht traf, lag allein an einem Reflex von Manuel Neuer. Sieben Minuten später vergab Benfica gar eine dreifache Chance. Nach einem Kopfball-Geplänkel von Bernat und Ribéry blockte der eingewechselte Martínez erst einen Schuss von Jonas, dann traf Mitroglou den Ball nicht richtig, dann schoss Jonas übers Tor.

Bayern versinkt in Lethargie

Der FC Bayern dagegen versank immer weiter in Lethargie, die erste gute Gelegenheit der zweiten Halbzeit erspielte sich das Team in der 73. Minute, nach einem Zuspiel von Ribéry wollte Lewandowski mit der Hacke treffen, noch so ein Versuch der Leichtigkeit, und auch er scheiterte.

Den Gastgeber erinnerte diese Chance zumindest daran, dass es nicht ganz verkehrt wäre, den Vorsprung auszubauen, er erspielte sich nun ein paar Chancen. Ederson parierte einen Schuss von Ribéry, der eine seiner wenigen gelungen Einzelaktionen hatte (81.), drei Minuten später köpfte Lewandowski über das Tor.

Diese mühevolle Partie hatte ein ihr angemessenes Ende. Die letzte auffällige Aktion war ein ungenauer Pass von Lewandowski auf Philipp Lahm, vor diesem wäre das Tor leer gewesen. Aber das wäre für diesen Abend zu leicht gewesen.

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