Champions League gegen Porto:Jetzt muss Alonso Leverkusen therapieren

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Xabi Alonso musste erkennen, dass es in der Champions League schwer ist für Leverkusen - das Weiterkommen ist akut in Gefahr nach dem 0:3 gegen Porto. (Foto: Ina Fassbender/AFP)

Dreimal greift beim 0:3 gegen Porto der VAR ein, dreimal läuft es nicht gut für Bayer. Beim Europa-Debüt von Trainer Xabi Alonso wird zudem deutlich, dass Leverkusen ein Problem vom Punkt hat.

Von Ulrich Hartmann

"Videobeweis abschaffen!", stand auf einem Banner, das die Fans von Bayer Leverkusen in der zweiten Halbzeit ausrollten. So kurzfristig war da allerdings nichts zu machen, weshalb sich der Videobeweis als einer von mehreren Gründen dafür erwies, dass Leverkusen die Gruppenphase der Champions League vermutlich nicht überstehen wird.

Das zweite Spiel unter dem neuen Trainer Xabi Alonso ist vier Tage nach dem 4:0 gegen Schalke gründlich in die Hose gegangen. Die 0:3-Niederlage gegen den FC Porto mit einem Videobeweis-Elfmeter für Porto, einem per Videobeweis aberkannten Bayer-Treffer und einem per Videobeweis beschlossenen, von Kerem Demirbay aber verschossenen Bayer-Elfmeter war ein Festival für Freunde der Bildschirm-Entscheidung. Und ein Debakel für Freunde von Leverkusen. Schon bei der 0:2-Niederlage im Hinspiel vergangene Woche in Porto hatte Patrik Schick für Leverkusen einen Elfmeter verschossen.

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"Es tut extrem weh", schilderte noch Mittwochnacht der Schmerzpatient Jonathan Tah seine Leiden nach dieser Pleite. Sie erfordert, dass Leverkusen nun am 26. Oktober bei Atlético Madrid sowie am 1. November gegen den bereits fürs Achtelfinale qualifizierten Club Brügge gewinnt, um doch noch in die Runde der besten 16 Teams einziehen zu können. "In Madrid wird es schon ein Finale", sagte Trainer Xabi Alonso, aber es wird leider nicht so eine Art von Finale, wie er es als Spieler in der Champions League zwei Mal siegreich bestritten hat.

Kann Xabi Alonso nicht vielleicht selbst nochmal mitspielen in Leverkusen?

Als der Spanier vor einer Woche als neuer Bayer-Trainer präsentiert wurde, fragte man ihn nicht nur aus Jux, ob er mit seinen 40 Jahren vielleicht sogar selbst noch mitspielen könnte. Schließlich ist von seiner talentierten, aber auch immer wieder führungslos wirkenden Mannschaft bekannt, dass ihr ein Stratege à la Alonso zu pass käme. "Ich bin leider nicht mehr fit genug", beschied dieser die Frage allerdings abschlägig, "diese Zeit ist vorbei."

Als ehemaliger Spieler genauso wie jetzt als Trainer weiß Alonso indes, dass schmerzhafte Niederlagen durchaus lehrreich sein können. "Das war guter Unterricht heute", sagte er mit pädagogischem Duktus nach einem Spiel, das eher nicht wegen der zahlreichen Videobeweise, sondern vor allem wegen der schlechten Chancenverwertung der Leverkusener verloren ging. Am Videobeweis wollte er das 0:3 nicht aufhängen. "Wir hätten es einfach besser machen müssen", sagte er über die 64 Prozent Ballbesitz und die 17:5 Torschüsse, die zu nichts führten. Mehrfach fanden die Leverkusener ihren Meister im Torwart Diogo Costa. Gern hätten sie auf diese Lehrstunde verzichtet.

Diesmal scheiterte Kerem Demirbay mit einem Elfer gegen den FC Porto - in der Vorwoche war es noch Patrik Schick. (Foto: Ina Fassbinder/AFP)

"Der Schmerz muss nun dabei helfen, es besser machen zu wollen", sagte Alonso mit therapeutischer Anmutung über die Arbeit für die nächsten Tage und Wochen. In Frankfurt und gegen Wolfsburg geht es an den kommenden Samstagen zunächst darum, in der Bundesliga den Anschluss ans Mittelfeld zu gewinnen. In Madrid und gegen Brügge geht es danach auch noch um den dritten Gruppenplatz und damit ums Erreichen der Trostrunde namens Europa League.

Bis zur zweimonatigen Saisonunterbrechung ab Mitte November wegen der Weltmeisterschaft droht sich der erhoffte Schwung durch den prominenten Trainer bereits wieder abzuschwächen. Mit der Niederlage gegen Porto jedenfalls, die an Leverkusens zweischneidige Leistungen unter Alonso-Vorgänger Gerardo Seoane erinnerte, ist die Chance dahin, sich am 4:0 gegen Schalke emotional aufzurichten.

Dass der Baske gar nicht allzu zerknirscht wirkte, dürfte daran gelegen haben, dass ihm seine Elf zumindest den Wunsch nach "dominantem Spiel" erfüllt hatte. 555:281 Pässe, 73:22 Angriffe und 8:1 Eckbälle lautete die Bilanz gegen Porto, aber wenn man mit solchen Werten 0:3 verliert, kann man sich leicht verhöhnt fühlen. "Fußball ist manchmal gnadenlos und undankbar", sagte der Torwart Lukas Hradecky. Um Gnade betteln sie in Leverkusen beim Fußball gewiss nicht, aber ein bisschen Dankbarkeit dürfte er ihnen hier und da ruhig einmal zeigen.

Auf die Dankbarkeit des Fußballs wartet Xabi Alonso nicht. Er weiß, wie viel Arbeit seine Erfolge als Spieler (u.a. Weltmeister, Europameister und deutscher Meister) erfordert haben, und als er in Leverkusen dieser Tage gefragt wurde, welche Eigenschaft seine Spieler ganz unbedingt aufbringen müssten, antwortete er kurz und knapp: "Professionalität." Die Professionalität im Chancenverwerten haben sie diesmal vermissen lassen, die Professionalität, deshalb umso härter an sich zu arbeiten, muss Xabi Alonso ihnen unbedingt vermitteln.

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