Champions League: Barça - Real:Iniesta zerschneidet Madrid

Durch ein 1:1 gegen Real erreicht der FC Barcelona zum dritten Mal in sechs Jahren das Champions-League-Finale. Madrid präsentiert sich zwar eindeutig verbessert - hat jedoch auch Glück mit einem äußerst nachsichtigen Schiedsrichter.

Die Romantiker des Fußballs haben sich gefreut, als Schiedsrichter Frank de Bleeckere am Dienstagabend im Camp Nou den Schlusspfiff ertönen ließ. 1:1 (0:0) endete das Rückspiel des Champions-League-Halbfinales zwischen dem FCBarcelona und Real Madrid, und da Barça das Hinspiel in der vergangenen Woche 2:0 gewonnen hatte, steht der Klub der Schönspieler, der Artisten und der mutigen Strategen im Finale.

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Im Finale: Andres Iniesta ist obenauf.

(Foto: AFP)

Real, das sich nach dem äußerst destruktiven Hinspiel zu einer anständigeren Leistung aufraffen konnte, ist an einem Gegner gescheitert, der in allen Belangen überlegen war. Das Spiel war streckenweise hochklassig, bisweilen gar schön, aber immer wieder auch fies, woran beide Teams ihren Anteil hatten.

Im Liga, Pokal und eben Champions League sind Real und Barça in den vergangenen 18 Tagen aufeinander getroffen, dabei ging ein wenig unter, dass in Europa gerade noch ein zweiter Wettkampf stattfindet: Es geht um den inoffiziellen Titel des besten Torwarts der Welt.

Schalkes Manuel Neuer hatte in der vergangenen Woche gegen Manchester United vorgelegt, Reals Iker Casillas legte am Dienstagabend nach. Allein ihm war es zu verdanken, dass es zur Halbzeit 0:0 stand, gegen jeden anderen Tormann (Neuer ausgenommen) hätte Barcelona mindestens einen, vielleicht auch zwei oder drei Treffer erzielt - denn nach einer schwächeren Anfangsviertelstunde kamen die Katalanen in Fahrt.

Sie zelebrierten Fußball, und das war eine Wohltat nach all den Debatten um die lächerlichen Auftritte von Reals Trainer José Mourinho, dessen Verschwörungstheorien vieles von dem in den Schatten stellten, was je über den Mord an John F. Kennedy oder den 11.September zusammenphantasiert worden ist.

Fußball, es war einfach Fußball, und Mourinho musste dem Spektakel von der Tribüne aus zusehen; er war nach seinen Eskapaden im Hinspiel gesperrt. Sein Assistent Aitor Karanka hatte vor der Partie zwar auch ein paar hanebüchene Theorien verbreitet, aber das nahm niemand mehr ernst außer den völlig verblendeten Real-Getreuen. Karanka verhielt sich ruhig auf dem Platz, und die Frage war allein, ob Real dem Wirbel Barcelonas auch sportlich etwas entgegenzusetzen hatte, oder ob die Königlichen sich weiterhin zu Maulhelden degradieren wollten.

Die für manche Beobachter überraschende Antwort war zunächst: Die Mannschaft spielte guten Fußball. Mehr noch, sie spielte mit, sie mauerte sich nicht ein wie eine Gruppe von Apokalyptikern, die das nahe Ende der Welt fürchtet. Real zeigte Mut, Entschlossenheit und Willen.

Wie ein Kreisligaverteidiger

So hatten die Madrilenen zunächst mehr vom Spiel, sie zwangen die Profis von Barça zu ungewöhnlich vielen Fehlpässen. Waren die Überirdischen nervös? Wieso drosch Piqué den Ball ins Aus wie ein Kreisligaverteidiger? Weshalb spielte Puyol gleich drei Fehlpässe in Serie? Warum stimmte das Timing nicht im Team? Hatten die Tiraden José Mourinhos doch Wirkung gezeigt?

Vielleicht brauchte Barça einfach Zeit, um in Schwung zu kommen an diesem nasskalten Abend. Nach rund 20 Minuten war jedenfalls nichts mehr zu sehen von der anfänglichen Schwäche, und während Barcelona ganz allmählich stärker wurde, schrumpfte Real aufs Maß einer Durchschnittself. Kakà, der zunächst anstelle von Mesut Özil im zentralen Mittelfeld agierte, schien in der Weite des Platzes verschwunden zu sein, und Barcelona erschuf Chancen im Minutentakt. Nacheinander scheiterten Busquets, Messi, wieder Messi, Villa, Pedro und erneut Messi, und immer wieder war es Iker Casillas, der noch eine Hand an den Ball brachte.

In der zweiten Halbzeit kam Real erneut engagiert aus der Kabine, diesmal jedoch beendete Barcelona diese forsche Phase mit einem Tor: Iniesta zerschnitt mit einem Pass die Madrider Abwehr in zwei Teile, in der Lücke nahm Pedro den Ball auf, lief noch zwei, drei Schritte, dann schob er die Kugel aus 14 Metern zum 1:0 ins Netz (54. Minute).

Das hätte es dann auch sein können, aber nun spielte Barça ein wenig überheblich. In der eigenen Hälfte passten die Spieler sich den Ball auf engstem Raum zu, Real lauerte, Real schnellte kobragleich vor, Di María eroberte den Ball, drosch ihn an den Pfosten, den Abpraller passte er zu Marcelo, der aus kurzer Distanz zum 1:1 traf (64.).

Anschließend beruhigte sich die Partie ein wenig, sieht man einmal davon ab, dass Marcelo eine Viertelstunde vor Schluss Messi im Stile einer finnischen Baum-Vollerntemaschine vom Rasen senste. Marcelo sah nur Gelb, Messi konnte weiterspielen.

Sieben Minuten vor Schluss trat Madrids Diarra noch Mascherano um, das war's dann aber mit den Hässlichkeiten, und so ging die Partie nachgerade gemütlich ihrem Ende entgegen. In Anbetracht all des Feuers, das in diesen Duellen steckte, war das auch schon wieder eine kleine Sensation.

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