Champions League: Barça - Real:"Die Schiedsrichter haben uns erschossen"

Wie schon nach dem Hinspiel zetert Madrid, an ihrem Aus im Champions-League-Halbfinale sei allein der Unparteiische schuld. Dabei blieb Real diesmal trotz übler Fouls bis zum Ende mit elf Spielern auf dem Platz.

Mesut Özil verließ das Camp Nou in Barcelona beleidigt und schweigend, doch wütende Kollegen machten ihrem Ärger Luft. Während der FC Barcelona nach dem 1:1 (0:0) im Halbfinal-Rückspiel der Champions League gegen Real Madrid ausgelassen den Einzug ins Endspiel im Londoner Wembley-Stadion feierte, erwiesen sich die Königlichen als schlechte Verlierer. "Das war eine Mission impossible", schimpfte Cristiano Ronaldo, der sich wie alle anderen Madrilenen von Schiedsrichter Frank De Bleeckere "bestohlen" fühlte.

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Es ging bisweilen wieder hart zur Sache: Lionel Messi (rot-blaues Trikot) gegen Kaká. Lassana Diarra und Ricardo Carvalho (von links). 

(Foto: dpa)

Das galt auch für José Mourinho. Der nach seinen Verbalattacken beim 0:2 im Hinspiel gesperrte Coach hatte das Aus seiner Mannschaft im Hotel Juan Carlos I. verfolgt und danach wie Özil geschwiegen. Doch beim Abschied aus Barcelona am Flughafen El Prat machte er mit einer abfälligen Handbewegung klar, wie er die Sache sah: Madrid wurde betrogen!

"Mou hatte recht. Er sagte, dass es unmöglich für uns ist, weiterzukommen. Und genau so war es", sagte Mourinhos Assistent Aitor Karanka, der den Chef auf der Bank vertreten hatte. Kapitän Iker Casillas ergänzte: "Wie immer! Die Schiedsrichter haben uns erschossen! Sie haben uns hier sowie zu Hause bestohlen - und so um das Finale gebracht."

Dort steht am 28. Mai zum vierten Mal in der 19-jährigen Geschichte der Champions League der FC Barcelona. Und das machte Mourinho, wie er der Mannschaft laut Karanka per Telefon unmittelbar nach dem Spiel mitteilte, "sauer, wie alle bei Real Madrid. Ich muss nichts mehr sagen. Das haben doch 100 Millionen Menschen gesehen. Wie schon im ersten Spiel."

Stein des Anstoßes war eine Szene unmittelbar nach der Pause. Barcelonas Pique schubste Ronaldo bei einem Angriff Reals zu Boden, der Portugiese fiel mit dem Rücken in die Hacken von Barça-Spieler Javier Mascherano. Dieser sank ebenfalls auf den Rasen, weshalb der Belgier De Bleeckere auf Freistoß für die Katalanen entschied - das in der Folge von Gonzalo Higuain erzielte Tor zählte deshalb nicht. Kurz darauf brachte Pedro Barça in Führung (54.), Marcelos 1:1 (64.) reichte Madrid nicht mehr. "Der Schiedsrichter war entscheidend. Das Aus ist alleine den Schiedsrichtern anzulasten", sagte selbst der sonst eher besonnene und als Fußball-Philosoph bekannte Real-Sportdirektor Jorge Valdano.

Umjubelte Rückkehr von Krebspatient Abidal

Im Hinspiel fühlte sich Real von Wolfgang Stark (Ergolding) verpfiffen. Ronaldo zürnte. "Nächste Saison können sie Barça den Pokal ja gleich vorab schenken", sagte er, und klagte über den früheren Liverpooler Mascherano: "In England hat er sich nie fallen lassen. Und hier scheint er bei jeder Berührung zu sterben."

Gestorben ist im vierten Clásico binnen 18 Tagen - zumindest für die katalanische Presse - jedoch etwas ganz anderes. "Ein intelligentes Barça beerdigt den Mythos Mourinho", schrieb die Zeitung Sport. El Mundo Deportivo spottete: "Das war wirklich eine Mission impossible für Madrid - die haben nur zweimal aufs Tor geschossen und 31 Fouls begangen. Der Fußball hat gewonnen."

Özil dagegen war einer der Verlierer des Abends. Erstmals in der K.-o.-Phase stand er nicht in der ersten Elf von Real. Als er in der 60. Minute kam, blieb er unauffällig. Das Real-Hausblatt Marca wertete den Auftritt als "durchgefallen". Sport schrieb, Özil sei "niemals auf seiner Position und unwichtig" gewesen, und El Mundo Deportivo meinte: "Der Deutsche hat seinem Team nichts gegeben." Entsprechend gereizt verließ Özil das Stadion: "Ich will nichts sagen."

Barças überragender Spielmacher Xavi schwärmte indes von "fußballerischer Gerechtigkeit. Wir haben gewonnen und gezeigt, dass wir besser sind. Unsere Philosophie würde es uns nie erlauben, zu spielen wie Real". Zwar gab es in Barcelona keine Jagdszenen wie noch in Madrid, doch die Königlichen spielten überhart.

Ricardo Carvalho hätte ebenso Gelb-Rot sehen können wie Torschütze Marcelo, allein Lionel Messi wurde elfmal niedergestreckt - so oft wie kein Spieler zuvor in der Königsklasse. "Die Werte von Barça haben triumphiert", sagte Präsident Sandro Rosell mit breitem Lächeln: "Es war eine magische Nacht für den Barcelonismo."

Und für Eric Abidal, der wenige Wochen nach seiner Leber-OP in der Nachspielzeit noch eingewechselt wurde. "Das war der wichtigste Tag in meinem Leben", stammelte der Franzose vor Glück. Am 28. Mai wollen Abidal und Co. zum vierten Mal den Henkel-Pott gewinnen - in dem Stadion, in dem 1992 der erste Triumph glückte. "Wir hoffen, dass sich Geschichte wiederholt", sagte Pedro.

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