Süddeutsche Zeitung

Champions-League-Auslosung:Nur für Mitglieder

Die feine Gesellschaft bleibt unter sich: Im Viertelfinale der Champions League sind jene Klubs angekommen, die man vorab erwartet hatte. Das bestätigt eine alte These in fast beängstigender Reinheit.

Ein Kommentar von Christof Kneer

Eigentlich könnte der FC Bayern die Pressemitteilung schon vor der Auslosung herausgeben. Man könnte vorab bereits ein paar gültige Zitate von Karl-Heinz Rummenigge, Matthias Sammer, Philipp Lahm und Thomas Müller in Umlauf bringen, man müsste sich nur ein klein wenig Mühe geben, um sie authentisch klingen zu lassen.

In Rummenigges Statement müsste die Formulierung "am Ende des Tages" vorkommen, bei Sammer die Begriffe "Denkweise" oder "Konstellation", bei Philipp Lahm irgendwas politisch Korrektes und bei Müller ein kleiner Witz. Ansonsten würden die üblichen Schablonen reichen, um die Auslosung im Champions-League-Viertelfinale zu kommentieren: "sehr guter Gegner", "Weltklasse-Spieler", "große Herausforderung".

Ja gut, man müsste halt noch den Gegner einsetzen. Man müsste eine Leerstelle lassen und nach der Auslosung "Barcelona" reinschreiben, "Real", "Chelsea", "ManU", "Paris" oder "Dortmund".

Über die Champions League zu urteilen, war noch nie so sehr Geschmackssache wie in diesen Tagen. Man kann sie für hochwertig und prickelnd halten wie selten, weil in der Tat vollkommen offen ist, wer dieses Jahr im Finale gegen Bayern verliert; man kann sie aber auch für vorhersehbar und langweilig halten, weil im Viertelfinale vor allem jene angekommen sind, für die man schon vorab die Tischreservierungen vorgenommen hat.

Die These, wonach der elitäre Champions-Klub seine Dauermitglieder aufgrund absurder Ausschüttung von Geld immer noch elitärer macht, ist diesmal in fast beängstigender Reinheit zu betrachten. Ohne gültigen Mitgliedsausweis kommt man heute kaum noch ins Viertelfinale - zumal sich die Größen der Gesellschaft nicht mehr nur auf ihre Größe verlassen. Sie leisten sich inzwischen auch modernen Fußball mit versierten Trainern, selbst die neureichen Pariser, die viel mehr zu bieten haben als nur den Luxus-Klunker Ibrahimovic.

Zu sieben Achteln bleibt die feine Gesellschaft diesmal unter sich, ein Proletarier hat es allerdings in den Ballsaal geschafft. Die volksnahen Kämpfer von Atlético Madrid sind die Ausnahme von der Regel, sie taugen anderen Klubs zum Trost und zur Ermunterung - zumal sie jenen Platz im festlichen Salon einnehmen, der eigentlich fürs betuchte Manchester City eingedeckt war. Atlético Madrid wäre tatsächlich eine Herausforderung für die Bayern: Sie müssten dann eine neue Pressemeldung formulieren.

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Quelle:
SZ vom 21.03.2014
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