Süddeutsche Zeitung

Champions League:"Atalanta, danke für diese Freude"

Atalanta Bergamo zieht in seiner ersten Saison ins Viertelfinale der Königsklasse ein. Doch die Gedanken der Fußballer gelten der Heimat, die gegen die Ausbreitung und die Folgen des Coronavirus kämpft.

Auch im Moment ihres größten Erfolgs galten die Gedanken der Fußballer von Atalanta Bergamo ihrer Heimatstadt. "Bergamo, das ist für dich. Gib nicht auf", stand auf einem weißen Leibchen, das die Spieler nach dem 4:3 (2:1) am Dienstagabend in Valencia in die Kamera hielten. Während das Überraschungsteam in seiner ersten Saison in der Champions League in Spanien den Einzug ins Viertelfinale zelebrierte, kämpft 1000 Kilometer entfernt eine Stadt gegen die Ausbreitung und die Folgen des Coronavirus. Bergamo liegt in einer der am härtesten betroffenen Gegenden Italiens, Ärzte vergleichen die Lage in den überfüllten Kliniken teils mit kriegsähnlichen Zuständen.

"Es ist eine gespenstische Situation. Wir haben Geschichte geschrieben - und kommen in eine Geisterstadt", sagte der deutsche Profi Robin Gosens. "Da wird einem ganz, ganz schnell klar, dass es wichtigere Dinge gibt als Fußball." Auch er bekommt die Krise deutlich zu spüren. "Wir werden täglich auf Fieber kontrolliert, sobald wir das Trainingsgelände betreten und es wieder verlassen", sagte er zuletzt der FAZ.

In dieser Extremsituation gleicht der Erfolg der Fußballer fast einem Wunder. "Atalanta, danke für diese Freude. Die hatten wir gebraucht", schrieb Bürgermeister Giorgio Gori bei Twitter. Josip Ilicic erzielte alle vier Tore und räumte damit die letzten Zweifel nach dem 4:1.Erfolg im Hinspiel aus. Damals feierte das Team im Mailänder Meazza-Stadion noch ein Fußballfest vor 40 000 Fans.

Die Gazzetta dello Sport titelte von einer "historischen Freude für Bergamo in der dunkelsten Stunde". Trainer Gian Piero Gasperini sagte: "Wir wissen, dass uns viele Leute zugesehen haben, die nicht nach draußen gehen können, um zu feiern." Er will die Party im Juni nachholen, wenn auch das Virus "besiegt" worden sei.

Atalanta gehört nun zu den besten acht Teams des Kontinents und darf sich im Viertelfinale mit den besten Mannschaften des europäischen Fußballs messen. Ob diese Duelle dann wieder Geisterspiele werden, ist noch unklar. Die Ultras werden derzeit an anderer Stelle aktiv, sie zeigen große Solidarität mit den medizinischen Helfern in ihrer Stadt und spenden die gesparten Ticketkosten für Valencia an ein ausgelastetes Krankenhaus in Bergamo. Die erstatteten Eintrittspreise vom Rückspiel in Höhe von 40 000 Euro gehen demnach an die Klinik "Papa Giovanni XXIII". "Dieser Abend hätte einer der schönsten in unserer Geschichte sein sollen, aber die Notlage rückt alles andere in den Hintergrund", hieß es in einem Statement der "Curva Nord" bei Facebook. "In diesen Wochen gibt es in unserer Stadt und unserer Provinz Helden, die sich der Situation stellen, die mit unzureichenden Mitteln und in beschwerlichsten Schichten arbeiten für die Gesundheit von ALLEN."

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SZ vom 12.03.2020 / SID, DPA
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