Champions League:Ancelottis Aus zeigt Italiens Dilemma

Liverpool v SSC Napoli - UEFA Champions League Group C

Carlo Ancelotti erlebte mit Napoli ein unglückliches Aus in Liverpool.

(Foto: Getty Images)

Das Scheitern von Neapel und Inter Mailand macht deutlich, wie sehr der italienische Fußball Europas Spitze hinterherhinkt - der Calcio braucht neue Ideen.

Kommentar von Birgit Schönau

Sehr viel Deutschland im Achtelfinale. In Dortmund, Schalke und den Bayern haben sich gleich drei Mannschaften qualifiziert. Und dann wären da noch die Trainer Jürgen Klopp mit Liverpool und Thomas Tuchel mit Paris Saint-Germain. In der schwierigen Gruppe C haben sie sich durchgesetzt - gegen das Urgestein Carlo Ancelotti und seinen SSC Neapel. Das 4:1 gegen Roter Stern Belgrad besiegelte für Tuchel sogar den Gruppensieg.

Mission erfüllt, nach einem schwierigen Start mit einer Niederlage in Liverpool und zwei Unentschieden gegen Napoli. Tuchel ist angekommen im Klub der Superkicker: Die heimische Liga führt er ohnehin konkurrenzlos an, und nun zieht er für den Emir von Katar souverän in die K.-o.-Runde der Königsklasse. Auf Platz zwei folgt Klopp, der es diesmal mit sehr viel Glück und einem minimal besseren Torverhältnis als Neapel geschafft hat. Aber Dusel gehört dazu, und die Bayern haben darauf kein Monopol, wie ja überhaupt die FC-Bayern-Monopole in dieser Saison dahinschwinden.

Für den deutschen Fußball ist das gut, und auch wenn die Bundesliga spätestens seit der WM-Blamage der deutschen Nationalmannschaft daheim ganz gern klein- und schlechtgeredet wird: Zu dritt in der Champions League zu überwintern, das gelingt neben den Deutschen nur Spanien (Real, Atlético, Barça) und den vier Engländern - und ist eindeutig ein Zeichen strotzender Gesundheit. Bezahlt macht es sich übrigens auch. Ins Achtelfinale zu kommen, ist für viele Klubs nicht das Minimalziel, es ist das Ziel, denn die für Zukunftsinvestitionen nötigen Millionen fließen schon in der ersten Phase der K.-o.-Runde.

In Italien kassieren diesmal wieder nur zwei: der AS Rom und Juventus Turin. Inter, im fernen Jahr 2010 Italiens bislang letzter Champions-League-Sieger, kam nicht an Tottenham vorbei, und Neapel ist, wie schon im Vorjahr, auch wieder in der Vorrunde gescheitert. Eine bittere Niederlage für Carlo Ancelotti, der im Sommer angeheuert worden ist, um den einzigen Großklub des italienischen Südens endlich auch international konkurrenzfähig zu machen.

Tatsächlich machten die Neapolitaner mit ihrem frischen Angriffsfußball durchaus eine gute Figur, aber dass sie gegen Liverpool an zwei ehemaligen Serie-A-Kollegen scheiterten - an den früheren Römern Salah und Alisson -, zeigt das italienische Dilemma. Die Besten ziehen immer noch weg, und daran wird auch Cristiano Ronaldos kecker Appell an Lionel Messi nichts ändern, doch auch nach Italien zu kommen, auf dass man sich weiter in einer Liga bekämpfen könne.

Weltläufigkeit? Juve hat zwar Cristiano Ronaldo - aber alle Trainer der Serie A sind Italiener

Nach zwei Finalniederlagen seit 2015 ist Juventus diesmal einer der Titelfavoriten. CR7 wurde mit dem erklärten Ziel angeheuert, in Europa endlich ganz oben zu stehen. Die achte Landesmeisterschaft in Serie zu gewinnen, reicht Juve nicht mehr. Tatsächlich ist der Klub der Familie Agnelli der einzige in Italien, der mit den ganz Großen auf Augenhöhe ist - ein Ergebnis kluger Investitionen, geduldiger Aufbauarbeit, aber auch einer selbstverständlichen Weltläufigkeit, die der Konkurrenz chronisch abgeht.

Zwar gehören viele Klubs ausländischen Unternehmen, und 60 Prozent der Profis sind Ausländer. Aber als Trainer arbeiten nur noch Italiener, von denen Ancelotti als einziger internationale Erfahrung hat, wenn man mal von seinem Kollegen Cesare Prandelli (CFC Genua) absieht, der nach seiner Zeit als Nationaltrainer in den Klubs aller möglichen Länder gescheitert ist. Neue Ideen braucht das Land, das gilt ja nicht nur für den Fußball. Aber der Fußball muss sich im Gegensatz zur Politik vor aller Augen mit der europäischen Konkurrenz messen. Und die ist auch in diesem Winter wieder einen großen Schritt weiter.

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