Süddeutsche Zeitung

Ajax Amsterdam:"Wir müssen eigentlich gewinnen"

  • Nach schwierigen Jahren hat Ajax Amsterdam wieder eine gute Mannschaft zusammen - das bekommt auch der FC Bayern zu spüren.
  • Das Achtelfinale in der Champions League ist das Ziel. Dafür werden die kommenden beiden Spiele entscheidend sein.
  • Hier geht es zu den Ergebnissen der Champions League.

Aus dem Stadion von Christopher Gerards

Klaas-Jan Huntelaar konnte sich nicht richtig entscheiden, ob er glücklich sein wollte oder nicht. Das lag nicht daran, dass der erfahrene Stürmer das ganze Spiel hatte zusehen müssen; das fand er insgesamt okay, die Taktik seiner Mannschaft habe ja gut funktioniert. "Vielleicht" sei aber "noch mehr drin" gewesen, sagte Huntelaar und meinte das Spiel von Ajax Amsterdam beim FC Bayern. Und nachdem er noch ein paar weitere Sätze gesprochen hatte, kam er schließlich zu einem Fazit, das kein "vielleicht" mehr enthielt. Huntelaar sagte: "Wir müssen eigentlich gewinnen."

Ajax Amsterdam: Der Name klingt nach großer Vergangenheit, nach Cruijff, van Gaal, nach Talenten wie Ibrahimovic und Suarez und van der Vaart. Zuletzt klang der Name jedoch immer weniger nach großer Gegenwart, eher nach Europa League und niederländischer Vizemeisterschaft. Doch der Auftritt in München, dieses 1:1 beim FC Bayern in der Champions-League-Vorrunde am Dienstagabend, zeigte: Ajax hat wieder eine ziemlich seriöse Mannschaft beisammen, womöglich sogar eine seiner besten der vergangenen zehn Jahre.

Man habe sich vorgenommen, "brutaal" zu spielen, sagte Trainer Erik ten Hag, was keine Aufforderung zur Unfairness war, sondern das niederländische Wort für "frech". Früh angreifen wollte Ajax den FC Bayern, hoch verteidigen, und abgesehen von den ersten Minuten war ten Hag, früher Amateurtrainer der Bayern, sehr zufrieden. "Fantastisch umgesetzt" hätten die Spieler seinen Plan. Womit ten Hag weniger zufrieden war, war wie auch bei Huntelaar lediglich die Chancenverwertung und damit das Ergebnis. Die Zeitung De Volkskrant lobte: "Niemals ist die Mannschaft in Panik, auch nicht, wenn dieser oder jene umzingelt ist. Wirklich gut Fußball spielen zu können, das muss eine Herrlichkeit sein."

Ajax startet mit einer halben U23-Mannschaft

Es hat in den vergangenen Jahren nicht gut ausgesehen rund um den niederländischen Fußball. Die Nationalelf verpasste regelmäßig die anstehenden Großturniere, und die Klubs rutschten in der Uefa-Fünfjahreswertung auf Platz 14. Zwar erreichte Ajax 2017 das Europa-League-Finale (0:2 gegen Manchester United); doch in der Champions League kickte zuletzt 2007 ein niederländisches Team außerhalb der Gruppenphase - die PSV Eindhoven schaffte es bis ins Viertelfinale. Bekannte Talente kamen zuletzt auch verhältnismäßig selten aus den Niederlanden. Doch nun, so scheint es, könnte das wieder anders aussehen.

Während der FC Bayern am Dienstag mehrere Ü-30-Spieler aufs Feld schickte, startete Ajax im Grunde mit einer halben U-23-Mannschaft. Im Tor: André Onana, 22. Davor Nicolás Tagliafico, 26, Maximilian Wöber 20, Matthijs de Ligt, 19 und Nossaiur Mazraoui, 20. Im Mittelfeld: Daley Blind, 28, Lasse Schöne, 32; offensiv: David Neres, 21, Donny van de Beek, 21, und Hakim Ziyech, 25. Im Angriff: Dusan Tadic, 29. Eingewechselt: Dani de Wit, 20, und Kasper Dolberg, 20. Frenkie de Jong, der viel umworbene 21 Jahre alte Mittelfeldspieler, verpasste das Spiel wegen einer Sache an der Wade.

Der Marokkaner Mazraoui, ausgebildet im Klub, traf zum 1:1, nachdem Tadic ihn freigespielt hatte. Ziyech wiederum lief seinen Gegenspielern um David Alaba und Franck Ribéry permanent davon; einer seiner wuchtigen Distanzschuss verlangte von Neuer eine formschöne Flugparade.

Die Frage ist jedoch, wie lange sie in Amsterdam Spaß haben werden an dieser Mannschaft. Denn der Anreiz des Amsterdamer Talent-Modells ist zugleich dessen Fluch. Der Klub kann Spieler entwickeln und für hübsche Ablösen verkaufen. Die Spieler wiederum können bei Ajax international spielen und sich somit für andere Klubs empfehlen.

De Jong könnte der Nächste sein, der geht

Was für Ajax bedeutet, dass sie Jahr für Jahr Spieler ersetzen müssen. 2017 ging Innenverteidiger Davinson Sanchez für 40 Millionen Euro zu den Tottenham Hotspurs; diesen Sommer wechselte Außenstürmer Justin Kluivert für 17,25 Millionen Euro zur AS Rom. De Jong könnte der Nächste sein, der geht.

Es ist nicht so, dass Ajax in dieser Saison vollkommen von Sorgen befreit wäre. Erst vor eineinhalb Wochen kassierte das Team ein 0:3 bei der von Mark van Bommel trainierten PSV Eindhoven. Rückstand in der Eredivisie nach sieben Spieltagen: fünf Punkte. In der Champions League wiederum werden die nächsten beiden Spieltage entscheidend sein: Gegner ist Benfica Lissabon, das am Dienstag 3:2 in Athen gewann und damit einen Punkt hinter Ajax liegt. Es geht um den zweiten Platz fürs Achtelfinale, denn davon kann man ja trotz der Leistung am Dienstag ausgehen: dass der FC Bayern ziemlich sicher die nächste Runde erreicht.

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