Champions League, Achtelfinale:Lockerer Tanz ins Viertelfinale

Der FC Bayern feiert beim 5:0 in Lissabon seinen höchsten Sieg in der Champions League. Dabei profitieren die Münchner von einigen Fehlern der Portugiesen und einem Abseitstor.

Nach dem scheppernden Gewitter der vergangenen Tage, daheim im kalten München, hat der FC Bayern im frühlingswarmen Lissabon eine Woche im Zeichen der Krisenbewältigung eingeleitet, deren weiterer Reiseverlauf an die Spielorte Bremen (Liga) und Leverkusen (DFB-Pokal) führt. Etappe eins dieser Auswärts-Trilogie meisterten die Bayern am Mittwochabend mit einem unerwartet wuchtigen Signal.

Champions League, Achtelfinale: Freude in Portugal: Jürgen Klinsmann klatscht mit dem zweifachen Torschützen Franck Ribéry ab.

Freude in Portugal: Jürgen Klinsmann klatscht mit dem zweifachen Torschützen Franck Ribéry ab.

(Foto: Foto: Getty)

In der Liga mit der inspirierenden Hymne war, wie so oft, ihre Konzentration höher als bei Pflichtterminen auf Bundesebene. 5:0 (1:0) gewannen die Bayern das Achtelfinal-Duell der Champions League bei Sporting Lissabon, dank effizienter Chancenverwertung bei Toren von Franck Ribéry (14./ 63., Elfmeter), Miroslav Klose (57.) und Luca Toni (84./90.+1). Das lockere Tänzchen war Bayerns höchster Sieg seit Einführung der Champions Legaue, das Rückspiel (10. März) dürfte spannend werden wie ein Wetterbericht.

Die jüngste Ergebniskrise in der Bundesliga (vier Spiele, drei Niederlagen) haben die Bayern damit kraftvoll ausgeblendet. "Am Anfang haben wir uns noch schwer getan", rekapitulierte Manager Uli Hoeneß korrekt, denn bis zum 3:0 war "heute mal fast jeder Schuss drin. Danach lief es wie aus einem Guss.". Selbst größter Zweckpessimismus lässt keine Zweifel mehr am Einzug ins Viertelfinale: "Das Rückspiel wird, denke ich, ein gemütlicher Abend", sagte Hoeneß. Trainer Jürgen Klinsmann, dem zuletzt zugiger Wind ins Gesicht blies, war froh über sein gut erholtes Team, er mahnte aber zu Bescheidenheit: "Das Resultat heute hört sich super an, wir sollten es aber nicht überberwerten", sagte Klinsmann eingedenk der jüngsten "Sorglosigkeit in der Liga". Kapitän Mark van Bommel hieb in dieselbe Kerbe: "Das ist noch kein Zeitpunkt für Euphorie, am Sonntag wartet schon wieder Bremen."

Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge forderte kürzlich für das Saisonende ein gutes "Sommerzeugnis", seither diskutieren die Bayern über das Unterrichtsfach Taktik. Pünktlich zum Eintritt in die K.o- Runde von Europas Königsklasse erinnerte Verteidiger Philipp Lahm an den alten Abrisskalender-Spruch, dass "Titel in der Abwehr gewonnen werden"; an Fachdiskursen interessierte Kameraden wie van Bommel und Klose stimmten ein in der Chor der Mahner.

Unter Jürgen Klinsmann hatte sich ja eine kleine Metamorphose der Bayern vollzogen, vom Ergebnis- zum Erlebnisfußball, mit Vorwärtstrieb statt Sicherheitsdenken. Doch das Erlebnis war zuletzt öfter ein böses Erwachen, gegen Köln (1:2) fehlten nicht nur Plan und Kampf, es gelang auch spielerisch nichts Sehenswertes.

Die Parolen des Trainers für Lissabon klangen daher wie ein Auszug aus der Präambel eherner Tugendgesetze: "Kratzen, Beißen, Leidenschaft und Zusammenhalten", empfahl Klinsmann. Präsident Franz Beckenbauer riet, wie Lahm & Co., zu ruhigem Taktieren: "Ein Spiel wird in der zweiten Halbzeit entschieden, das hat uns Branko Zebec schon vor 40 Jahren gelehrt."

Klinsmann vertraute im Estadio José Alvalade seiner 1a-Elf: wieder mit Abwehrchef Lucio und Sturmführer Luca Toni, und weiterhin mit den zuletzt mäßig verfassten Demichelis und Schweinsteiger. Nach elf Minutem wehrte Lahm einen Schuss von Sporting-Verteidiger Polga mit dem Kopf auf der Torlinie ab.

Die Bayern agierten, treu der Hinten-sicher-Marschroute, anfangs kühl, ohne Risiko. Im Angriff war ein Ribéry-Schuss der erste zarte Versuch der Torannäherung (14.) - sein zweiter, bereits am Ende einer durchwachsenen ersten Halbzeit mit aktiveren Portugiesen, war das 0:1 (42.): Ribéry nahm einen desaströsen Fehlpass von Sporting-Stürmer Derlei in Empfang, zog im Konter los, schlüpfte durch zwei entgegenkommende Verteidiger hindurch und schüttelte auch das letzte Hindernis ab: Der mitlaufende Luca Toni bot sich rechts von Ribéry an, doch mit resoluter Handbewegung signalisierte der Franzose: Weg da! Mach' ich selbst! Souverän setzte er die Kugel ins Ziel. Klinsmann ließ entzückt die Fäuste fliegen.

Lissabon begann den zweiten Abschnitt schwungvoll, hatte zwei nette Szenen durch Derlei (55.) und Abel (56.) - aber dann war die Geschichte schnell und trocken zu Ende erzählt. Bayerns Rechtsverteidiger Massimo Oddo flankte, treu seiner Gewohnheit, aus dem Halbfeld, Luca Toni verlängerte mit dem Scheitel, und Klose bugsierte den Ball aus kurzer Distanz mit der Hüfte über die Linie (0:2/57.). Am vergangenen Samstag gegen Köln hatte eine Sehschwäche des Linienrichters den Stürmer Klose ein regelgerechtes Tor gekostet, erstaunlich kurzfristig glich sich diese Benachteiligung aus. Denn diesmal stand Klose irregulär im Abseits. "Das zweite Tor war der Knackpunkt", sagte Klinsmann, "damit haben wir die Emotionen aus dem Spiel genommen".

Keine zwei Meinungen gab es kurz darauf, als Schiedsrichter Layec (Frankreich) zum Strafstoßpunkt deutete: Sportings Rochemback war Philipp Lahm rüde in die Parade gegrätscht, das sah bereits aus wie ein Akt der Verzweiflung. Ribéry besann sich auf eine solide Elfmeterausführung, er vermied einen peinlichen Jux wie unlängst im Pokal gegen Stuttgart, ebenfalls beim Stand von 2:0 - damit stand es 0:3 (63.). Und den Portugiesen ging jetzt die Lust verloren.

Die letzten Tuschs waren Luca Toni vorbehalten. Eine Ribéry-Flanke köpfte der Italiener auf direktem Wege ins Sporting-Tor (0:4/84.), beim 0:5 in der Nachspielzeit verwertete Toni, erneut nach Vorarbeit des Franzosen, einen Abpraller.

Und die taktische Balance? Sie stimmte diesmal. "Philipp sieht die Dinge richtig", sagte Klinsmann zum Lahm-Plädoyer für mehr Abwehrkraft, er habe diesen Appel nicht als Trainerschelte verstanden: "Umsetzen müssen es aber die Spieler: Defensivverhalten ist Kopfsache, das beginnt im Sturm und im Mittelfeld."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: