Champions League:Abgestürzt von 60 auf 13 Prozent

Fussball, Herren, Saison 2020/2021, Champions League (Achtelfinale / Rückspiel) in Budapest, Manchester City - Borussia

Wenn nur noch Trost bleibt: Gladbachs Trainer Marco Rose und Spieler Ibrahima Traore nach dem Scheitern in der Champions League.

(Foto: Szilvia Micheller /Matthias Koch / Imago)

Auch beim Champions-League-Aus durch das neuerliche 0:2 gegen Manchester City zeigt sich, woran Borussia Mönchengladbach seit dem angekündigten Wechsel von Trainer Rose am meisten krankt: an einer miserablen Verwertung von Großchancen.

Von Ulrich Hartmann

Die Fans von Borussia Mönchengladbach, heißt es, hätten sich wütend abgewendet vom scheidenden Trainer Marco Rose. Man schreckte daher auf, als kurz nach dem Achtelfinal-Rückspiel der Champions League ein Fan dem Gladbacher Chefcoach bedrohlich nahe kam. Aber es handelte sich dabei glücklicherweise nur um Pep Guardiola, den Trainerkollegen vom siegreichen Kontrahenten Manchester City. Guardiola und Rose gehen fast zärtlich miteinander um, sie sprechen lächelnd miteinander und berühren sich wohlwollend am Arm.

"Ich bin ein Fan ihrer Spielweise", sagte Guardiola über den Gladbacher Rose-Fußball nach dem neuerlichen 2:0-Sieg seiner Citizens. Die Wiederholung des Hinspiel-Ergebnisses hat zur Folge, dass Manchester am Freitag im Lostopf für das Viertelfinale liegt, während die Gladbacher nach dem DFB-Pokal nun auch die Champions League gescheitert verlassen mussten. Sie können sich jetzt auf die letzten neun Saisonspiele in der Bundesliga konzentrieren - die letzten neun Partien unter Rose, der anschließend zu Borussia Dortmund wechselt. Weil Guardiola mitbekommen hat, dass Gladbach bereits das siebte Pflichtspiel in Serie verloren hatte, hielt er anschließend eine tröstliche Predigt über die Tücken von Erfolglosigkeit, Fußballprofis als Menschen und die Qualität des Gladbacher Kaders. Allein für diesen Trost aus dem Munde eines der renommiertesten Trainers der Welt hat sich die Gladbacher Reise nach Budapest gelohnt.

Viel mehr aber gab es nicht zu holen bei diesem wegen Corona zum zweiten Mal in der ungarischen Hauptstadt ausgetragenen Achtelfinale. Die Gladbacher waren trotz unverkennbarer Bereitschaft chancenlos. "Sie haben uns aufgefressen im Pressing", sagte Kapitän Lars Stindl und nannte City "eine Nummer zu groß". Kevin de Bruyne mit einem Traumtor in der 12. Minute und Ilkay Gündogan in der 18. Minute hatten der verbliebenen Minimalhoffnung der Borussia frühzeitig die Luft rausgelassen. Daraufhin folgten 70 der langweiligsten Minuten, die die Champions League in einem K.o.-Spiel je gesehen hat. Manchester betrieb nur noch Denkmalschutz.

Selbst für den Fall einer Niederlage gegen Schalke gibt es kein Rose-Ultimatum

Anders als noch im Hinspiel konnten die Borussen diesmal sogar ein paar Schüsse aufs City-Tor platzieren, doch die Chancenverwertung blieb das große Manko. In den jüngsten sieben, allesamt verlorenen Spielen gelangen Gladbach nur vier Treffer. Sky hat ermittelt, dass die Großchancen-Ausnutzung seit dem angekündigten Abschied des Trainers Rose vor einem Monat von 60 auf 13 Prozent abgestürzt ist. Alle anderen Statistiken sind gar nicht unbedingt schlechter geworden, aber diese eine zeigt, wo sich die Enttäuschung der Spieler über Roses Fortgang eklatant niederschlägt: im Abschluss, genau dort also, wo Fußballspiele entschieden werden.

Rose bekräftigt regelmäßig, dass er keinen emotionalen Bruch sieht durch die Ankündigung seines Dortmund-Wechsel. Auch nach der Niederlage gegen Manchester sagte er: "Im Moment wird viel reininterpretiert, was nicht da ist, was ich nicht sehe." Die Debatte lindern möchte er am Samstagabend mit einem Sieg beim Tabellenletzten Schalke. "Wir haben jetzt nur noch die Bundesliga, da gilt es alle Energie reinzulegen", sagte er in Budapest. "Und wir haben auch danach noch in acht Spielen die Chance, ein paar Dinge zu korrigieren." Konkrete Saisonziele hat er sich jedoch abgewöhnt - mal wieder zu gewinnen, lautet sein primäres Ziel. Und die übergeordnete Ambition: "Schauen, wofür es in der Bundesliga am Ende reicht."

Trotz der sieben Niederlagen nacheinander lobt Rose seine Spieler ausschließlich. Er ist an einem harmonischen Abschied interessiert: "Die Jungs marschieren, die Jungs probieren", sagte er auch diesmal. Der Effekt einer Pleite gegen Schlusslicht Schalke wäre gewiss ein anderer, aber dass dies nun doch ein Ultimatum-Spiel für Rose sein wird, ist nur eine Medienspekulation. Manager Max Eberl hat seinen Trainer nach wie vor in keiner Weise angezählt.

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