Pokal-Aus von Real Madrid in Alcoy:Reals ungeheuerliche Lachnummer

Real Madrid: Trainer Zidane im spanischen Pokal bei CD Alcoyano

Zinedine Zidane hat als Fußballer und Trainer alles gewonnen. Aber in Alcoy schied er nun mit Real Madrid aus dem Pokal aus.

(Foto: Jose Breton/AP)

War es das für Zidane? Weil der Trainer der Königlichen mit einer besseren C-Elf gegen einen Drittligisten antritt, blamieren sich die Madrilenen - Zoff gibt es auch um Martin Ødegaard.

Von Jonas Beckenkamp

Wenn man so will, hat jetzt auch Real Madrid sein Kiel erlebt. Doch während die Bayern in der Vorwoche schnittige Schneeböen aus dem Pokal wirbelten, ging es für die Königlichen in der Kleinstadt Alcoy noch kommod zu, so frostig wie an der Förde war es nicht. Das änderte aber nichts an der ungeheuerlichen Blamage, die das Pokal-Aus für die Berühmtheiten des Meisters bedeutet. Alcoy, ein Ort im Hinterland zwischen Valencia und Alicante, dieser Name wird nun zum Symbol des Scheiterns für Trainer Zinedine Zidane.

Das 1:2 (1:1) nach Verlängerung beim Drittligisten CD Alcoyano in der dritten Runde der "Copa del Rey" beschert dem Franzosen nun derart heftige Kritik, dass er sich davon kaum noch erholen dürfte. "Eine Ära geht zu Ende", schrieb die Zeitung Marca voller Bitterkeit. Rauswerfen werde der Klub den glücklosen Mister in der aktuellen Lage zwar nicht, aber: "Wenn Zidane aus der Situation unbeschadet herauskäme, wäre es ein Wunder." Zu erwarten ist, dass er am Ende der Saison seinen Job verliert.

Vieles kapriziert sich bei Real in gewohnter Weise auf den Coach. Dabei hatten auch seine Spieler gehörigen Anteil an der Lachnummer von historischem Ausmaß. Und so hängt natürlich alles mit allem zusammen. Zu Zidanes Verfehlung zählt mit Sicherheit, dass er eine Elf aufgeboten hatte, die in arroganter Weise fast schon als C-Elf durchging. Auch der ehemalige Bayern-Verteidiger Alvaro Odriozola durfte mitspielen. Dabei spielt der so gut wie nie (es war sein zweiter Einsatz in dieser Saison).

Zidane war sich der Sache zu sicher, das verdeutlichte auch der Rest seiner Aufstellung: kein Kroos, kein Benzema, kein Asensio in der Startelf - Modric und Sergio Ramos gar nicht erst mitgereist. So besorgte am Ende Reals einziges Tor Ersatz-Verteidiger Eder Militao (45. Minute), dem der Trainer sonst kaum Beachtung schenkt. Militao, ein einst obszön überteuerter Brasilianer, trägt in Spanien den nicht ganz schmeichelhaften Spitznamen "Limitao", der Limitierte.

Diesmal hätten mehr Limitaos Real durchaus geholfen. Neben ihm verteidigte Nachwuchsmann Victor in seinem allerersten Profispiel. Der 20-Jährige konnte freilich die Einschläge von José Solbes Jordà (80.) und Juan Antonio Casanova Vidal (115.) nicht verhindern - dabei spielte der Außenseiter auf seinem klubeigenen Kartoffelacker zum Schluss nach einem Platzverweis sogar in Unterzahl.

Zidane war bemüht, das Ausmaß des Unfalls kleinzureden, was blieb ihm auch sonst übrig. "Das ist keine Blamage oder so. Das sind Dinge, die in der Karriere eines Fußballers passieren, und ich werde die Verantwortung dafür übernehmen. Wir werden weiter arbeiten", raunte er. Doch auch er ahnt natürlich, was so eine Peinlichkeit bedeutet: Es dürfte nach mehreren solcher Auftritte in dieser Saison die eine Pleite zu viel sein. "Wenn man verliert, wird immer geredet. Was auch immer passieren muss, wird passieren." Zidane flüchtete sich schließlich in den allgemeinsten aller Allgemeinplätze: "Alle Niederlagen sind schmerzhaft."

Dass es bei Real trotz verbesserter Lage in der Liga (Platz zwei nach zwischenzeitlich beträchtlichem Rückstand) immer wieder solche Durchhänger gibt, könnte indes auch an Zidanes Führung liegen. Der Franzose gilt nicht als der allergrößte Kommunikator, erst kürzlich hatte er den jungen Norweger Martin Ødegaard zum wiederholten Male derart verprellt, dass der Mittelfeldmann nur noch weg will.

Was wird aus Ødegaard?

Nach seiner Rückkehr aus San Sebastian hatte Ødegaard zu Beginn der Saison selbst große Hoffnungen, es endlich in Zidanes erste Elf zu schaffen, doch zuletzt saß er wieder nur wochenlang draußen. Neunmal kam er überhaupt erst zum Einsatz, kein einziges Mal spielte er durch. In Alcoy fehlte nun auch er im Kader. Längst hat der 2015 unter großem Bahnhof geholte 22-Jährige genug vom wortkargen Zidane. Erst vor einer Woche kam es zum endgültigen Zerwürfnis, nachdem der Trainer sein öffentliches Versprechen baldiger Einsätze für Ødegaard gegen Bilbao gebrochen hatte - und den Blondschopf wieder nicht einsetzte.

Der hochgepriesene und mittlerweile durchaus gereifte Skandinavier arbeitet nun dem Vernehmen nach an einer erneuten Ausleihe nach San Sebastian, wo er sich in der vergangenen Spielzeit prächtig entwickelt hatte (16 Torbeteiligungen in 36 Partien). Am Donnerstag meldete zudem Sky, dass auch Arsenal den Norweger gerne holen würde. Ødegaard jedenfalls habe "seine Koffer bereits gepackt", schreibt Marca. Es wäre eine erneute Flucht vor den Gegebenheiten in Madrid, wo sich einfach kein Platz für ihn findet.

Aber ganz verkaufen will Real ihn offenbar nicht, dafür hat man nach drei Leihen (nach Heerenveen, Arnheim und San Sebastian) und einiger Geduld wohl zu viel investiert in die Eingliederung des früheren Wunderbuben. Zudem quillt der aktuelle Kader nicht gerade über vor brauchbaren Kreativspielern - und die finanziellen Umstände der Corona-Krise verhindern derzeit unnötig hohe Neu-Investitionen.

Zidane glaubt trotz der Scherereien (auch Luka Jovic bekam er nicht integriert, er schießt seine Tore nun wieder in Frankfurt) weiter an Rückhalt bei seinen Spielern. Er hat mit vielen von ihnen schließlich vieles gewonnen. Kroos, Benzema, Ramos, Casemiro - auf sie baut er nach wie vor, mit der notwendigen Verjüngung der Mannschaft tut er sich aber schwer. "Ich denke, meine Spieler vertrauen mir, aber das muss man die Spieler fragen", erklärte der dreifache Champions-League-Gewinner Zidane.

Aber auch bei ihm, dem großen Maestro, dem Streichler der Etablierten, sprießen offenbar Zweifel: "Wir haben in letzter Zeit wenige gute Dinge getan, aber wir haben in dieser Saison auch einiges Gutes geschafft", sagte Zidane. Er klammert sich an die zwei verbleibenden Titelchancen in der Liga und in der Champions League. "Wir können immer noch etwas schaffen", glaubt er. Die Frage ist nur: wie?

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