Cas-Urteil gegen Charkow:Ausschluss ohne Rechtsgrundlage

Metalist Charkow

Von der Champions League ausgeschlossen: Metalist Charkow

(Foto: dpa)

Der Internationale Sportgerichtshof Cas verweist Metalist Charkow und Fenerbahce Istanbul wegen Spielmanipulation aus Europas Wettbewerben - ignoriert aber das Schweizer Bundesgericht. Auf die Uefa könnten enorme Schadenersatz-Forderungen zukommen.

Von Johannes Aumüller

So hartnäckig wie nie zuvor hat in diesem Sommer der Kampf um Plätze in der Champions League nicht nur auf dem Rasen, sondern auch vor Gerichten stattgefunden. Erst seit Mittwoch herrscht diesbezüglich Klarheit: Da hat der Internationale Gerichtshof (Cas) in Lausanne den von der Uefa verhängten Ausschluss von Metalist Charkow und Fenerbahce Istanbul aus dem Europapokal endgültig bestätigt. Es ging bei den langen Auseinandersetzungen um Paragraphen, aber auch um Sportpolitik - und um den heiklen Punkt, dass der Sport einen Entscheid des Schweizer Bundesgerichtes ignoriert.

Beide Fälle sind kompliziert. Der Fall Charkow besteht juristisch aus zwei Strängen. Strang eins ist ein Manipulationsfall: Vor drei Jahren bestrafte der nationale Verband den Klub, weil er ein Ligaspiel gegen Karpaty Lwiw (4:0) gekauft haben soll; Basis dafür war ein Video, auf dem ein Spieler von Lwiw seinem Präsidenten erzählte, wie viel Geld das Team vom Gegner für eine Niederlage bekommen habe. Bis das Verbandsurteil durch den Cas bestätigt war, dauerte es aber bis Anfang August 2013.

Aus diesem Urteil ergab sich Strang zwei: der Ausschluss von Metalist durch die Uefa für die Champions League, weil gemäß Regelwerk niemand mitspielen darf, der seit 2007 in Manipulationen verwickelt war. Doch da befand sich der Verein bereits mitten im Wettbewerb. Er hatte Paok Saloniki ausgeschaltet und sollte in der Playoff-Runde auf Schalke 04 treffen. Doch zwei Charkower Anträge auf vorläufige Maßnahmen wies der Cas zurück, stattdessen spielte Schalke gegen Saloniki; und nun erfolgte der endgültige Ausschluss.

Doch während dieses Prozederes änderte sich die Lage für Strang eins. Charkow hatte sich wegen des Manipulationsurteils ans Schweizer Bundesgericht als letzte Instanz gewandt - und das bestätigte die "aufschiebende Wirkung" für alle Entscheidungen in der Sache bis zum Haupturteil. Sowohl Charkow als auch der ukrainische Verband stimmten zu.

Für die ursprüngliche Sanktion gibt es also gerade keine Rechtsgrundlage. Doch Uefa und Cas blieben bei ihrer Haltung. Der Cas sagt, der Bundesgerichts-Entscheid habe keinen "automatischen Effekt" für andere Fälle. Auf die Uefa könnten je nach Ausgang des Hauptverfahrens enorme Schadenersatz-Forderungen zukommen.

Kurios ist allerdings, dass der ukrainische Verband diesem Entscheid überhaupt zugestimmt hat. Die Erklärung: Zur Zeit der Sanktion 2010 waren der damalige Verbandschef Grigorij Surkis und der damalige Charkow-Eigner heftige Gegenspieler. Mittlerweile gibt es einen neuen Verbandschef und einen neuen Charkow-Eigner, der als enger Vertrauter des Staatspräsidenten gilt. Pikant für die Uefa ist, dass Surkis heute als ihr Vize-Präsident amtiert.

Der Fall Fenerbahce bezieht sich auf den türkischen Meistertitel 2011, den sich der Verein Polizeiermittlungen zufolge erkaufte. Dafür musste er die darauf folgende Champions-League-Saison aussetzen, doch aufgebrachte Fans anderer Klubs verlangten seitdem härtere Strafen. Doch erst im Juni verhängte die Uefa, die derzeit gute Beziehungen zum türkischen Fußball hat und dort die EM-2020-Finalspiele austragen will, eine neuerliche Sanktion: Ausschluss für zwei Jahre.

Dennoch ließ sich der Verband darauf ein, dass Fenerbahce provisorisch an der Qualifikation teilnahm. Dort scheiterte der Klub am FC Arsenal und nach dem Cas-Urteil darf er auch nicht an der Europa League teilnehmen. Allerdings ist auch dieser Fall noch nicht endgültig beendet. Fenerbahce plant den Gang vors Bundesgericht - wegen unzulässiger "Doppelbestrafung".

Neben Charkow und Fenerbahce fühlt sich auch Red Bull Salzburg als Verlierer der juristischen Vorgänge. Der Klub war in der Qualifikation an Fenerbahce gescheitert. Doch ein Einspruch gilt als chancenlos, Salzburg bleibt wohl nur die Europa League

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