Players Championship:Mit Mut und Vokuhila

Players Championship: Australischer Turniersieger mit Haarmarotte: Die Golfkappe hält die Haarpracht von Cameron Smith noch etwas im Zaum.

Australischer Turniersieger mit Haarmarotte: Die Golfkappe hält die Haarpracht von Cameron Smith noch etwas im Zaum.

(Foto: Sam Greenwood/AFP)

Die Players Championship in Florida wird geprägt von extremem Wetter - und dem Australier Cameron Smith, der eine der originellsten Figuren des Golfsports ist.

Von Felix Haselsteiner, Ponte Vedra/München

Da stand er nun, und sein Vokuhila flatterte im Wind, wieder einmal. Seit gut zwei Jahren trägt Cameron Smith ein einzigartiges Ungetüm auf dem Kopf, der Mullet - so der englische Fachausdruck aus der Branche - ist längst sein Erkennungszeichen geworden, auch wenn ihm die gesamte Golfwelt und nach eigener Aussage auch seine Mutter eindringlich empfohlen haben, sich mal wieder vernünftig zu frisieren. Die Golfkappe hält Smiths Haarpracht noch etwas im Zaum, anders als bei Fußballspielern der 1980er-Jahre oder bei Andre Agassi zwingen im Golf die Sponsorenpflichten die Spieler dazu, nicht auf die Werbefläche am Schirm zu verzichten. Aber die Vokuhila-Ausläufer ragten unter der Kappe hervor und gaben die Windrichtung an auf dem 18. Loch des TPC Sawgrass, wo Smith gerade drauf und dran war, seinen sicher geglaubten Sieg noch zu verspielen.

Drei Schläge Vorsprung auf den Inder Anirban Lahiri hatte der Australier auf das letzte Loch mitgenommen, das sollte eigentlich ausreichen. Zwei taktische Schläge, mehr brauchte es nicht - nur hält Smith, 28, nicht allzu viel von Taktik. Er schlug mutig ab, der Ball landete rechts von der Spielbahn, von dort aus spielte er ihn ins Wasserhindernis. Es sah so aus, als würde Smith Nerven zeigen, so wie schon zuvor in seiner Runde, in der er mit einer unglaublichen Birdie-Serie begann, nur um dann Schlagverluste folgen zu lassen - und wieder zurückzukommen.

Auch diesmal dauerte die Unsicherheit nur ein halbes Loch lang: Smith spielte seinen Ball an die Fahne, verlor letztlich nur einen Schlag auf dem 18. Loch. Lahiri konnte ihn auch nicht mehr einholen, und so wird neben all dem Legenden im Clubhaus in Sawgrass bald das Siegerfoto eines Vokuhila-tragenden Australiers aus dem Bundesstaat Queensland hängen, der mit seiner nonchalanten Spielweise und seiner Surfer-Attitüde nicht nur einer der besten, sondern vor allem einer der originellsten Golfspieler seiner Generation ist.

Er stammt aus einer Arbeiter-Familie. Für ihn bot Golfspielen eher die Aussicht auf Geld als die Erfüllung von Träumen

"Ich war eigentlich noch nie jemand, der viel von sich selbst erwartet hat", sagte Smith bei der Pressekonferenz nach seinem fünften Sieg auf der PGA Tour: "Meine Erwartungen an mich selber sind, dass ich in der Früh aufstehe, im Gym arbeite und trainiere - und ansonsten habe ich einfach eine gute Zeit." Smith kommt aus einer einfachen Arbeiter-Familie in Queensland, für ihn war der Sport eher eine Gelegenheit, Geld zu verdienen als die Erfüllung seiner Träume.

Es ist ein spezieller Arbeiterklassen-Spirit, den man den Menschen aus Queensland nachsagt, insbesondere den Golfern: Jason Day etwa, sechs Jahre älter als Smith und einer seiner besten Freunde auf der Tour, hat einen ähnlichen Aufstieg aus der Armut zum Golf-Ruhm in den USA erlebt: Er gewann die Players Championship 2016. "Ich glaube, wir geben einfach nie auf", sagte Smith über die Einstellung seiner Landsleute. Die Mischung aus dem Mut auf dem Platz und der lässigen Lebenseinstellung machen ihn zu einem Unikat.

Players Championship: Nur keine Angst! Nach einem Schlag ins Wasser am letzten Loch wählt Cameron Smith den richtigen Schläger und bringt seinen Vorsprung ins Ziel.

Nur keine Angst! Nach einem Schlag ins Wasser am letzten Loch wählt Cameron Smith den richtigen Schläger und bringt seinen Vorsprung ins Ziel.

(Foto: David Cannon/AFP)

Am Montag vor dem Turnier lud er 30 Caddies in sein Haus unweit des TPC Sawgrass in Jacksonville ein, es gab Bier, Pizza und unzählige Golf-Geschichten. Smith umgibt sich nicht mit den anderen elitären Profis, er lebt seit einiger Zeit im vergleichsweise einfachen Norden Floridas und nicht etwa in West Palm Beach im Süden, wo die Golfer wie Tiger Woods oder Rory McIlroy ihre Millionen-Villen haben. Auf die Frage, was er mit dem Rekord-Preisgeld dieser Woche von 3,6 Millionen US-Dollar machen werde, sagte Smith: "Darauf habe ich einfach keine Antwort. Es ist so viel Geld, aber, ja, ich weiß nicht." Von seinem vergangenen Turnier-Preisgeld kaufte er sich Ausrüstung zum Fischen.

Emotional wurde er nur kurz, als es um seine Familie ging, die aufgrund der Corona-Beschränkungen zum ersten Mal seit zweieinhalb Jahren wieder in die USA gereist waren: Er hätte ihnen lieber noch länger seine Zweitheimat Jacksonville gezeigt, anstatt Golf zu spielen - nur wäre dazu das Wetter ohnehin zu schlecht gewesen.

Die extremen Wetterbedingungen in Florida ließen selbst erfahrene Profis verzweifeln

Tagelang zogen Sturmböen und Regenschauer über die Anlage in Ponte Vedra, immer wieder mussten die Runden unterbrochen werden. Die Bedingungen mit bis zu 70 km/h Wind am Freitag ließen die weltbesten Spieler fast verzweifeln, vor allem auf Loch 17: Das legendäre Inselgrün war im Gegenwind kaum noch anspielbar, nicht einmal die Top 10 der Weltrangliste fanden Lösungen, wie sie den kleinen Ball im Wind kontrollieren konnten. Auch der Österreicher Sepp Straka verlor so in seiner zweiten Runde vier Schläge an der 17 - es waren genau die Schläge, die ihm am Ende fehlten, um zur Spitze aufzuschließen, Straka wurde geteilter Neunter. Der einzige Deutsche im Feld, der Münchner Stephan Jäger, scheiterte bereits nach der Halbzeit am Cut.

Die Players Championship war auch kein Turnier für junge Perfektionisten wie Collin Morikawa, keines für brachiale Muskelpakete wie Brooks Koepka, sondern eines für Spieler mit Gefühl für Ball und Wind. Smith, der seinen Schläger immer noch so in der Hand hält wie damals, als jugendlicher Amateur, der nun weder der längste Spieler ist, noch der technisch herausragendste, dieser Smith spielte mit jenem Mut, den man in Sawgrass braucht. Und dem Selbstvertrauen, das entsteht, wenn die ganze Welt einem empfiehlt, mal zum Friseur zu gehen - und man trotzdem weiter Vokuhila trägt.

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