Brasilianer in der Bundesliga:Gefangene der deutschen Kälte

Caiuby und seine Vorgänger: Mancher Fußballer vom Zuckerhut gab der Versuchung nach, seinen Urlaub eigenmächtig zu verlängern. Eine Kulturgeschichte wintergeplagter Brasilianer.

Von Thomas Hürner

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Lúcio

Stress statt Urlaub: Lucio mit prallem Programm

Quelle: dpa

Eines vorweg: Aktuell spielen 14 Brasilianer in der Fußball-Bundesliga, über die vergangenen Jahrzehnte waren es noch viele mehr. Die Statistik weist also eine signifikante Mehrheit derer aus, die pünktlich zum Trainingsauftakt ihrer Mannschaften erschienen sind. Auch vom ehemaligen Bayern-Verteidiger Lúcio sind keine Verspätungen überliefert, dafür aber ein ziemlich einprägsamer Satz: "Wir Brasilianer sind Häftlinge der tiefen Temperaturen, wir sind Gefangene der Kälte." Einige seiner Landsleute nahmen sich daher schon mal selbst die Freiheit, ihren Urlaub in der Sonne eigenmächtig zu verlängern.

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Caiuby

FC Augsburg v Sport-Club Freiburg - Bundesliga

Quelle: Christian Kaspar-Bartke/Getty Images

Das jüngste Beispiel ist der Augsburger Caiuby. Der ließ seinen kriselnden Klub mehr als drei Wochen warten: ein inoffizieller Rekord fürs Zuspätkommen. Der FC Augsburg schlitterte in dieser Zeit immer tiefer in den Abstiegskampf. Doch selbst nach seiner Rückkehr ist Caiuby keine Hilfe, denn die Geduld der Klubführung war bereits überstrapaziert. "Grundsätzlich bringen wir Verständnis für private Probleme auf, können aber das Gesamtverhalten von Caiuby nicht nachvollziehen und tolerieren", teilte Sport-Geschäftsführer Stefan Reuter mit und stellte ihn frei. Wie groß die privaten Schwierigkeiten waren, lässt sich schwer sagen, einem Instagram-Foto zufolge hat Caiuby im Urlaub Party gemacht. In Augsburg herrscht nun weiter miese Laune, ein ausgewiesener Spaßvogel wie Caiuby (Spitzname: Kai-Uwe) hätte der Mannschaft sicher gutgetan.

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Ailton

Fussball: DFB Pokal 03/04 Finale, Bremen-Aachen; Werder

Quelle: Bongarts/Getty Images

Ailton ist der lebende Beweis dafür, dass man Fitness und Pünktlichkeit auch überbewerten kann. Meister, Pokalsieger, Torschützenkönig - "kleines, dickes Ailton" hat in der Bundesliga alles erreicht, seine Trainer mental aber auch regelmäßig strapaziert. Immer wieder kam er verspätet aus dem Urlaub zurück, in Bremen musste er einst auf eigene Kosten mit dem Taxi ins Trainingslager auf Norderney nachreisen. Aber konnte man dem sympathischen Brasilianer jemals wirklich böse sein?

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Marcelinho

Fußball: Abschiedsspiel Marcelinho

Quelle: dpa

Auch ihn hatten immer alle lieb: Marcelinho bedankte sich nach seinem Abschiedsspiel mit einem Herzchen bei den treuen Hertha-Fans. Ein bisschen Geduld mussten die Berliner für den bekennenden Paradiesvogel stets aufbringen. Als er einmal acht Tage zu spät aus dem Urlaub kam, hatte er eigentlich genug Freizeit gehabt, um gute Entschuldigungen zu präsentieren. Seine Ausreden lauteten aber: Unwetter, kein Handy-Empfang, keine freien Plätze im Flugzeug. Seine Freistöße und Pässe waren definitiv kreativer.

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Zé Roberto

Ze Roberto

Quelle: imago sportfotodienst

In jeder Liste gibt es diesen einen, den man dort niemals erwarten würde: Zé Roberto, ein Musterathlet, der im Alter von 42 Jahren noch die Meisterschaft in Brasilien gewann und dabei einen beeindruckend niedrigen Körperfettanteil von 6 Prozent aufwies. Fitness, Ehrgeiz, technische Finesse, dafür war Zé Roberto bekannt - und doch ist in der höchsterfolgreichen Karriere eine Verfehlung überliefert: Im Winter 2008 meldete sich der Mittelfeldspieler erst mit einigen Tagen Verspätung bei Trainer Bruno Labbadia zurück und verpasste damit das Trainingslager beim Hamburger SV.

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Rafinha

FC Schalke 04 - FC Bayern München

Quelle: dpa

Der stets giftig verteidigende Rafinha (links) ist eher auf dem Platz für Sperenzchen bekannt als daneben. In seiner Zeit bei Schalke 04 war er aber der strengen Regentschaft von Trainer Felix Magath ausgesetzt, was möglicherweise ausschlaggebend für eine dreitägige Verspätung war. Ob sich die eigenmächtige Verlängerung gelohnt hat? Bezahlen musste er für die Verfehlung doppelt: vom Verein gab es eine Geldstrafe, von Magath Sonderschichten mit Bergläufen und Medizinbällen.

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Giovane Élber

FC BAYERN MÜNCHEN - 1. FC KAISERSLAUTERN

Quelle: DPA

Auch Torjäger Giovane Élber ist einmal zu spät abgeflogen. Für vier Tage unentschuldigtes Fehlen im Januar 2002 wurde er vom FC Bayern zu einer Geldstrafe von 25 000 Euro verdonnert. "Für mich sind zwei Tage in Brasilien so viel wert wie ein Jahr in Deutschland", erklärte er damals. Seine Zeit in München dürfte er dann doch größtenteils genossen haben, immerhin gewann er mit dem Klub alle Titel, die es zu gewinnen gibt.

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Márcio Amoroso

Marcio Amoroso

Quelle: Imago

Márcio Amoroso schoss Borussia Dortmund in der Saison 2001/2002 zur Meisterschaft, stiftete aber nicht nur bei den gegnerischen Abwehrreihen Unruhe. Der Stürmer nahm sich auch mal unabgesprochen ein paar Tage länger frei und musste dafür eine Geldstrafe in Höhe von 20 000 Euro bezahlen. Erfrischend: Er flüchtete sich gar nicht erst in einfallslose Ausreden, sondern akzeptierte seine Strafe.

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Zé Roberto II

Trainingslager FC Schalke 04 - Ze Roberto II

Quelle: dpa

Zé Roberto war eine Woche lang verschollen, meldete sich nicht bei seinem Arbeitgeber und wurde wenig später aus dem Kader geworfen. Der Zé Roberto? Wohl kaum. Gemeint ist sein Namensvetter Zé Roberto II, der von 2008 bis 2010 bei Schalke 04 kickte. Er fühlte sich im grauen Gelsenkirchen nie so wirklich wohl, die Verpflichtung von Trainer Felix Magath 2009 dürfte die Tristesse vergrößert haben (siehe Rafinha).

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Julio César

Dortmunds Julio Cesar mit dickem Verband um sein verletztes Knie beim Stretching im Training; Julio Cesar

Quelle: imago/Brenneken

Julio César, einst Spieler bei Werder Bremen und Borussia Dortmund, gilt als so etwas wie der Wegbereiter für unerlaubte Urlaubsverlängerungen. Drei Mal in Folge (1995 - 97) kam der Verteidiger verspätet aus der Heimat zurück. Eine Kurzübersicht seiner Erklärungen: Einmal war der Opa krank, wobei César gar keinen Opa mehr hatte. Ein anderes Mal durfte er wichtige Arzttermine und ein paar Benefizspiele nicht verpassen. Und dann war da noch der 65. Geburtstag seiner Mutter, den er "unbedingt mitfeiern" musste, wie er damals wissen ließ.

© SZ.de/tbr/fued
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