BVB-Sieg gegen Wolfsburg:Krachende Ausrufezeichen und ein paar Sorgen

BVB-Sieg gegen Wolfsburg: Wichtige und späte Tore: Dortmunds Paco Alcacer gegen Wolfsburg.

Wichtige und späte Tore: Dortmunds Paco Alcacer gegen Wolfsburg.

(Foto: Sascha Schuermann/AFP)
  • Borussia Dortmund jubelt über die Rückkehr an die Tabellenspitze, weil einem Stürmer zwei ganz späte Treffer gegen Wolfsburg gelingen.
  • Die Beteiligten sind mit der gezeigten Leistung aber nicht ganz zufrieden.
  • Zudem beklagt der BVB zwei Verletzte in der Defensive.

Von Felix Meininghaus, Dortmund

Die Sache mit der Taube zog mehrere tausend Besucher im Dortmunder Stadion in ihren Bann. Das Tier hatte sich - geschwächt oder krank - links vor der Südtribüne in der Nähe der Eckfahne auf dem Rasen niedergelassen und musste ernsthaft um seine Unversehrtheit fürchten. Vor allem dann, wenn sich der Ball und all die Profis mit ihren spitzen Stollenschuhen näherten, Raphael Guerreiro trat sogar einmal auf die Taube, als er einen Ball klärte. In der Halbzeitpause bewegte sich der Vogel zur Mittellinie, wo er neben BVB-Trainer Lucien Favre Platz nahm. Von oben sah es so aus, als erteile der Schweizer seinem kurzfristigen Nachbarn taktische Lektionen, bevor die Taube dann endgültig aus dem Blickfeld verschwand.

Man darf das ruhig in epischer Breite erzählen, denn auf dem Spielfeld tat sich bemerkenswert wenig beim Gastspiel des VfL Wolfsburg im größten Stadion der Republik. Die Spieler aus der Autostadt hatten sich sicher in ihrem Defensivverbund eingerichtet, die Dortmunder bearbeiteten ihren Gegner recht halbherzig und hinterließen zu keinem Zeitpunkt den Eindruck, dass sie den so wichtigen Sieg mit jeder Faser ihres Körpers erzwingen wollten.

"Wir sind nicht in den Rhythmus gekommen", bilanzierte Sportdirektor Michael Zorc: "Es war ein zähes Spiel mit zu wenig Tempo." Eine klassische Nullnummer eigentlich, doch dann kam alles anders. Die Partie endete mit zwei krachenden Ausrufezeichen in der 91. und 94. Minute: Es waren jene Momente, als der spanische Torjäger Paco Alcácer mit einem Freistoß und einem Kontertor einen Sieg herausschoss, der durchaus glücklich war.

"Deutscher Meister wird nur der BVB", singen die Fans

Den Spielern und den Fans war das völlig egal, nach dem 2:0 (0:0) explodierte das Stadion. "Deutscher Meister wird nur der BVB" erklang es in ohrenbetäubender Lautstärke, und natürlich der Evergreen von den Bayern und ihrem ledernen Beinkleid. Der deutsche Clásico am kommenden Samstag kann kommen, die Dortmunder haben sich den Platz ganz oben zurückerobert und dürften moralisch gestärkt nach München reisen.

Wobei zur Erkenntnis dieses Willensaktes auch ein paar Sorgen kommen. Der BVB bangt nämlich um zwei Stützen: Die Defensivspieler Abdou Diallo und Achraf Hakimi sind fraglich für München. "Diallo hat ein Problem mit der Wade. Für ihn wird es sehr schwer, auch wenn wir noch keine offizielle Diagnose haben", sagte Favre, der ein wenig skeptisch wirkte: "Zu Hakimi kann ich noch nichts sagen. Aber er muss ein MRT am Fuß machen." Die Diagnose wird für Sonntagmorgen erwartet. Der als Linksverteidiger eingesetzte Diallo war in der 49. Minuten gegen Hakimi ausgewechselt worden, der seinerseits in der 74. Minute vom Feld musste. Wieder dabei in München wird Marco Reus sein, der schmerzlich vermisst wurd, aber aus positivem Grund fehlte: Die Geburt seiner Tochter stand bevor.

Trotzdem überwog letztlich das Positive dieses Frühlingstages. Nach dem Heimsieg gegen Stuttgart sowie dem 3:2 in Berlin waren es zum dritten Mal hintereinander späte Treffer, die den Unterschied ausmachten. Der erneut starke Ankurbler Mario Götze stufte den Nachmittag zurecht als "ein bisschen glücklich" ein, betonte aber, "dass das auch eine Qualität ist". Das ist sicherlich richtig, mit neun Treffern in der 90. Minute oder später sind die Dortmunder mit weitem Abstand Spitze in der Kategorie späte Erfolgserlebnisse. "Wir haben den Glauben, immer noch ein Tor machen zu können", sagt auch Zorc, der allerdings zu bedenken gibt, dass so viel Fortune keine Selbstverständlichkeit bleiben muss: "Wir sollten uns nicht zu sehr darauf verlassen."

Die Fans helfen gehörig mit

Dass sie den Gipfel in München aus einer solch komfortablen Position in Angriff nehmen können, ist tatsächlich keine Selbstverständlichkeit. Bis auf die fulminante Schlusssequenz wirkten die Dortmunder nicht wie ein eingeschworener Haufen, der sich dem Ziel deutsche Meisterschaft mit allem verschrieben hat. Völlig zurecht sprach Wolfsburgs Trainer Bruno Labbadia zerknirscht von einer "extrem bitteren Niederlage. Ich hatte nicht das Gefühl, dass Dortmund gegen uns irgendwelche Mittel findet". Da gab ihm Manuel Akanji Recht, der konstatierte, "ein Unentschieden wäre auch in Ordnung gewesen".

Dass die Fans auf der Südtribüne bis zum Schluss an den Sieg glaubten, muss einer bewundernswerten Portion Zweckoptimismus geschuldet sein. Sie - aber auch die Besucher auf den übrigen Tribünenseiten - verdienten sich eine Tapferkeitsmedaille, da sie das leblose Treiben stets ohne Murren unterstützten.

Lucien Favre und seine Mitstreiter werden das wenig dominante Auftreten sehr genau registriert haben, auch wenn alle im Dortmunder Lager die vielen Unpässlichkeiten während der normalen Spielzeit galant zur Seite schieben wollten. Der Trainer aus der Schweiz hat bei seiner Belegschaft auf der Zielgeraden der Saison ein Kopfproblem diagnostiziert. "Wir waren ein wenig blockiert", gab der 61-Jährige zu Protokoll, der immerhin erfreut zur Kenntnis nehmen durfte, dass seine Mannschaft mal wieder zu null gespielt hatte: "Das haben wir gut gemacht, auch wenn es kein Topspiel war."

So viel dann doch an positiven Erkenntnissen vor dem ewig jungen Duell, in dem die Dortmunder nun die Chance haben, im Titelrennen bis auf fünf Punkte davonzuziehen. "Dass wir da als Erster hinfahren, sollte uns das nötige Selbstvertrauen geben." Und der ehemalige Bayern-Akteur Götze ergänzte: "Wir haben jetzt noch sieben wichtige Spiele, das wichtigste ist am nächsten Samstag. Das wird sehr, sehr geil."

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