BVB verliert gegen Leverkusen:Zwei Verletzte, ein Platzverweis, null Punkte

Borussia Dortmund v Bayer Leverkusen - Bundesliga

Infight: Henrikh Mkhitaryan (r.) gegen Semir Spahic.

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Schlimmer Abend für Borussia Dortmund: Gegen ein sehr starkes Bayer Leverkusen kommt der BVB kaum zu Chancen, verliert das Spiel um Platz zwei in der Fußball-Bundesliga, dazu die Mittelfeldspieler Sven Bender und Nuri Sahin.

Von Matthias Schmid

Es kommt häufig vor, dass Jürgen Klopp während der Halbzeitpause seinen Spielern eine DVD zeigt. Es laufen dann kein Thriller, keine Komödie und auch nicht die Bilder der Meisterfeiern aus den Jahren 2011 und 2012. Es sind Szenen aus den vorangegangen 45 Minuten, die ihm aufgefallen sind. Abspiele ins Leere zum Beispiel, unerklärliche Laufwege oder taktisches Fehlverhalten. Es ist nicht überliefert, ob der Cheftrainer von Borussia Dortmund gegen Bayer Leverkusen seinen Spielern eine Zusammenfassung der negativen Höhepunkte vorführte. Vieles deutete aber daraufhin, denn die Darbietung der Gäste war eine echte Vorführung im übertragenen Sinne gewesen.

"Wir haben in der ersten Hälfte nicht gut gespielt", sagte Klopp: "Die Leverkusener war aggressiver und wir haben nicht so viele Zweikämpfe gewonnen wie sonst."

Die Mannschaft von Samy Hyypiä spielte in der Tat richtig gut, bisweilen sogar genauso, wie es sich jeder Trainer gegen die Dortmunder wünscht, die ja bekannt dafür sind, früh zu attackieren und leidenschaftlich im höchsten Tempo Richtung Tor zu spielen. Leverkusen bot den ansonsten so spiel- und kombinationsstarken Dortmundern kaum eine Möglichkeit, den Ball vertikal in die Spitze zu bringen.

Und so reichte den Gästen ein Treffer von Heung-Min Son nach 17 Minuten, um im Spitzenspiel beim BVB zu gewinnen. Damit bleibt Leverkusen erster Verfolger des übermächtigen Tabellenführers Bayern München, mit 37 Zählern liegt der Werksklub nun sechs Punkte vor Dortmund und Mönchengladbach.

"Wir haben heute mit das beste Spiel der Saison geboten und Deutschland gezeigt, was wir können", schwärmte Bayer-Sportdirektor Rudi Völler. Die Partie verlief zunehmend turbulent und wird auch Auswirkungen auf die kommenden Partien haben. In Sven Bender und Nuri Sahin stützten die Mannschaftsbetreuer des BVB wieder zwei Mittelfeldspieler verletzt vom Platz, in Semir Spahic (Rot) und Sokratis (Gelb-Rot) mussten je ein Verteidiger beider Teams vorzeitig in die Kabine. "Ich werde mir jetzt nicht überlegen, was wir falsch gemacht haben, sondern mit wem ich das nächste Mal spielen werde", sagte Klopp. Er nannte die Verletzungen "damatisch" und fand sie schlimmer als die Niederlage.

Die Leverkusener beschränkten sich in Dortmund nicht nur auf die reine Verteidigungsarbeit, sondern spielten ihrerseits schnell, direkt und mit viel Drang nach vorne. Nachdem Jens Hegeler und Emre Can noch mit ihren Distanzschüssen das Tor von Roman Weidenfeller verfehlt hatten, traf der Südkoreaner Heung-Min Son zum 1:0. Es war ein Tor, das BVB-Trainer Klopp innerlich ein anerkennendes Nicken abringen musste, weil die Dortmunder ähnliche Tore schon häufig erzielt haben.

Nur wenige Sekunden nach dem Ballverlust attackierten die Leverkusener die gegnerischen Abwehrspieler mit so viel Wucht, dass Verteidiger Manuel Friedrich fast nichts anderes mehr übrig blieb, als den Ball direkt in die Füße von Can zu spielen. Danach ging es ganz schnell. Pass zu Gonzalo Castro, der Son bediente, der umspielte noch lässig den herausstürzenden Weidenfeller und schob schließlich aus spitzem Winkel ein.

Son vergibt noch die Riesenchance zum 2:0

Friedrich durfte der Treffer für seinen ehemaligen Klub besonders weh getan haben. Es war sein 250. Bundesligaspiel. Nachdem er im Sommer in Leverkusen keinen Vertrag mehr erhalten hatte, hat er nicht mehr mit weiteren Einsätzen in der Bundesliga gerechnet. Er hatte überhaupt nicht mehr damit gerechnet, sich noch einmal ein Hemd eines Profiklubs überstreifen zu dürfen. Auf ein Engagement in Thailand hatte er wenig Lust, also zog er es vor, beim Regionalligisten Rot-Weiß Oberhausen mitzutrainieren. Die Bundesliga schaute er sich nur noch im Fernsehen an, bis der Anruf von Klopp kam, ob er nach den schweren Verletzungen von Mats Hummels und Neven Subotic nicht aushelfen wolle.

Es lag aber nicht an Friedrich, dass die Dortmunder in der ersten Hälfte bis auf zwei Volleyschüsse von Roman Lewandowski kaum zu Torchancen kamen. Die Kopie des Gegenpressings war an diesem Abend einfach besser als das Original.

Und Son hatte in der 31. Minute sogar noch die Riesenchance zum 2:0, als er alleine auf Weidenfeller zugelaufen war, doch Sons Schlenzer mit dem Innenrist lenkte der Nationaltorwart mit einem prächtigen Reflex zur Ecke.

Auch nach dem Seitenwechsel schafften es die Dortmunder nicht, an dem Bild der ersten 45 Minuten etwas zu verändern. Den Borussen fehlte die Phantasie, das Tempo, auch die letzte Konsequenz vor dem Tor. Eine Wende konnte auch der nach seinem Bluterguss in der Wade genesene Marco Reus nicht mehr herbeiführen, als er für den am Knöchel verletzten Sven Bender ins Spiel kam. Selbst die rote Karte gegen Leverkusens Verteidiger Semir Spahic wegen groben Foulspiels (80.) half kaum. Erschwerend kam die Verletzung von Sahin dazu, der nach einem Kopfballduell auf dem Fuß seines Gegenspielers landete und umknickte.

Die Tabelle und die Niederlage gegen Leverkusen dürfte Jürgen Klopp deshalb schnell vergessen, am Mittwoch steht eines der wichtigsten Spiele der Hinrunde an. Nur mit einem Sieg in Marseille dürfen die Borussen auch nach der Winterpause weiter in der Champions League spielen. Das ist jetzt wichtiger als die beste Mannschaft hinter den Bayern zu sein.

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