Süddeutsche Zeitung

Rose-Aus beim BVB:Klarer Favorit: Edin Terzic

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Nach dem plötzlichen Aus für Marco Rose in Dortmund gilt Edin Terzic als logischer Trainerkandidat - doch für ihn wäre dieser Schritt nicht ohne Risiko.

Von Freddie Röckenhaus, Dortmund

Bis Freitagmittag war in den Unwetterwarnungen für den Ruhrpott nur von Starkregen und Gewitter die Rede. Pünktlich zur Mittagspause platzte Borussia Dortmund dann aber mit der Meldung heraus, dass die Zusammenarbeit mit Trainer Marco Rose sofortig beendet wird. Einen Nachfolger von Rose benannte der Klub noch nicht. Es darf aber damit gerechnet werden, dass Roses Vorgänger, Edin Terzic, beste Chancen hat, auch sein Nachfolger zu werden.

Für Eingeweihte kommt die Trennung nicht wirklich überraschend, auch wenn das BVB-Management um Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke, Sportdirektor Michael Zorc und dessen designiertem Nachfolger Sebastian Kehl derlei in der Öffentlichkeit nie angedeutet hatte. Tatsächlich soll die nun verkündete Entscheidung zur Trennung erst in einer gemeinsamen Saisonanalyse am Donnerstagnachmittag gereift sein. Neben Rose, Watzke, Zorc und Kehl soll auch der externe BVB-Berater Matthias Sammer an der Sitzung teilgenommen haben.

Das Grummeln unter Dortmunds Verantwortlichen ist in den vergangenen Wochen und Monaten immer lauter zu vernehmen gewesen. Der BVB hatte in der gerade abgelaufenen Bundesliga-Saison zwar einen sehr guten Punkteschnitt geholt und war souveräner Zweiter hinter dem FC Bayern geworden - zugleich wurde aber ein spielerischer, fußballerischer Fortschritt vermisst. Ein klarer Plan war nicht zu erkennen, weder im Offensivspiel um Erling Haaland und Marco Reus noch im bisweilen desolaten Defensivverhalten und wettbewerbsübergreifend 73 Gegentoren.

Rose dürfte die Zweifel an seiner Person in den vergangenen Wochen gespürt haben

Knackpunkt in der Beurteilung von Rose war aber das Versagen der teuren und hochkarätig besetzen Mannschaft in den Pokalwettbewerben. In der Champions League flog der BVB nach deftigen Niederlagen gegen Ajax Amsterdam und Sporting Lissabon schon in der Gruppenphase raus; in der Europa League, als Trostrunde, war gleich im ersten Spiel gegen die Glasgow Rangers Endstation. Im DFB-Pokal leistete sich die Truppe unter Trainer Rose das Aus im Achtelfinale beim Zweitligisten FC St. Pauli. Dazu kam eine ganze Reihe von knappen Arbeitssiegen in der Liga, und in den letzten Wochen drei Heimpleiten gegen Bayer Leverkusen (2:5), RB Leipzig (1:4) und den VfL Bochum (3:4).

Dass Roses Job nach all dem trotzdem noch nicht gleich aufgekündigt wurde, soll eher an zwei außersportlichen Gründen gelegen haben: Zum einen sei Rose ein außerordentlich angenehmer, sympathischer Typ in der Zusammenarbeit - was sie in Dortmund höher schätzen als an manchen anderen Orten. Zum anderen hatte BVB-Boss Watzke Rose erst im vergangenen Frühjahr mühsam und unter viel Getöse gegen angeblich fünf Millionen Euro Ablösesumme bei Borussia Mönchengladbach losgeeist. Und überhaupt ist es dem Klub nach der Demission von Jürgen Klopp 2015 nicht mehr gelungen, eine echte Kontinuität im Traineramt aufzubauen.

Rose soll, so ist zu hören, am Donnerstag gegen Sitzungsende eine Art Nibelungenschwur gewünscht haben. Den gab es offenbar nicht, und so wendete sich die Dynamik der Saison-Abschlusssitzung am Ende doch zu einer Trennung. Es darf dennoch davon ausgegangen werden, dass die BVB-Verantwortlichen, vor allem Watzke und Zorc, vom finalen Schlussstrich eher erleichtert als überrascht gewesen sind. Und auch Rose dürfte die Zweifel an seiner Person gespürt haben. Ihm war über die Saison hinweg attestiert worden, dass er toll analysiere, was seine Spieler falsch machen; auch seine Ansprache an die Profis wurde gelobt. Nur durchgedrungen ist Rose damit offenbar in sehr vielen Spielen nicht. Von seinem selbst deklarierten Saisonziel, den BVB wieder zu einer "Pressingmaschine" zu machen, war die Truppe am Ende allzu weit entfernt.

Roses Vorgänger Edin Terzic, in der vergangenen Saison als Interimstrainer nach dem Rauswurf von Lucien Favre eingesprungen, gilt klar als erster Ansprechpartner. Terzic war sehr erfolgreich, und holte unter anderem den DFB-Pokalsieg 2021; er ist zurzeit "Technischer Leiter". Allerdings hat Terzic eine ähnlich intensive Bindung zur Borussia wie etwa Christian Streich zum SC Freiburg. Ob Terzic sich also das Risiko antun mag, noch mal auf dem Schleudersitz des Cheftrainers Platz zu nehmen, ist für ihn selbst wohl noch nicht ganz klar.

Als Interimstrainer war es leicht, bei seinem Herzensklub BVB wieder ins zweite Glied zu rücken. Als echter Chef und Rose-Nachfolger wäre so etwas schwieriger. In Freiburg tut man sich mit so einer Vereinsliebe wohl etwas leichter.

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