BVB in der Champions League:Dortmund hängt in den Seilen

BVB-Stürmer Mario Götze im Champions-League-Spiel gegen Tottenham

BVB-Stürmer Mario Götze gelang nach der Pause immer weniger - dabei hatte er gut begonnen.

(Foto: Bernd Thissen/dpa)
  • Der BVB zeigt beim 0:3 in London eine ganz schwache zweite Halbzeit.
  • Derzeit wirkt die Mannschaft, als könne sie in der bislang starken Saison tatsächlich noch alles verspielen.

Von Felix Meininghaus, London

Als der Schlusspfiff ertönt war, wurde es im Wembley-Stadion nochmal richtig laut: In der wohl berühmtesten Fußballarena der Welt legten sie das Vereinslied der Gastgeber auf, und die Fans schmetterten voller Inbrunst mit: "Oh when the Spurs go marching in, oh when the Spurs go marching in..." Es war ein großer Abend für alle, die Tottenham Hotspur die Daumen drücken. Und ein schwarzer für alle, die ihr Herz an Borussia Dortmund verloren haben. Der achtfache Deutsche Meister war nicht als Favorit nach London gereist, aber eine solche Abfuhr war nicht eingeplant gewesen: Der BVB musste im Hinspiel des Champions-League-Achtelfinals eine schmerzhafte 0:3-Niederlage verarbeiten, deren Schlussphase große Zweifel am Saisonerfolg nährten. Die Borussia ist gerade dabei, fast alles zu verspielen.

Es läuft nicht gut für das Team von Trainer Lucien Favre, das derzeit die schwierigste Phase erlebt, seit der Schweizer im Ruhrgebiet das Kommando übernommen hat. Der 61-Jährige wirkte nach der krachenden Niederlage blass und angeschlagen, und das lag nicht in erster Linie daran, dass er gerade einen grippalen Effekt überstanden hat. Trotz der deprimierenden zweiten Halbzeit, in der die Dortmunder sämtliche Tugenden hatten vermissen lassen, die eine europäische Spitzenmannschaft auszeichnen, wollte Favre nicht alles in Frage stellen: "Ich mache mir keine Sorgen, solche Phasen gibt es in jeder Saison. Dann läuft es nicht top, top, top. Wir müssen das weiter analysieren und noch mehr arbeiten, um die Fehler zu vermeiden."

Als Trainer, zu dessen Aufgabengebiet es gehört, Zuversicht zu verbreiten, muss Favre das sagen. De facto wirkt der BVB wie ein angeschlagener Boxer, der in den Seilen hängt und einen Wirkungstreffer nach dem anderen kassiert. Seit vier Spielen ist die Borussia nun schon sieglos, in den letzten zehn Tagen hat sie viel von dem zerbröseln lassen, was sie sich in der famosen Hinrunde aufgebaut hat. Der Vorsprung in der Tabelle auf Verfolger Bayern München ist auf fünf Punkte geschrumpft, im DFB-Pokal sind die Dortmunder gescheitert, nun droht das Aus in der Champions League.

"Die Enttäuschung ist spürbar", sagte Sebastian Kehl, beim BVB Leiter der Lizenzspieler-Abteilung: "Wir müssen jetzt versuchen, wieder in die Spur zu finden." Beim Tabellenführer der Bundesliga geht es derzeit vor allem darum, das Wechselspiel zwischen Sturm und Abwehr wieder so stimmig zu gestalten, wie das in dieser Saison meist so wunderbar geklappt hat. Zorc wünscht sich eine "ausgewogene Balance zwischen offensivem Spektakel und defensiver Vernunft".

Die Mannschaft gerät oft ins Wanken

Doch das funktioniert derzeit nicht. Es ist auffällig, dass die Mannschaft regelmäßig ins Wanken gerät, wenn der Gegner mit Überzeugung und Druck nach vorne spielt. Dann fehlt die Widerstandkraft, sich zu wehren und schnelle Gegenattacken zu inszenieren. Nach einer soliden ersten Halbzeit, in der die Borussia sogar in Führung hätte gehen können, wunderte sich Torhüter Roman Bürki, "wie schwer wir uns getan haben, gegen die physisch so präsente Mannschaft etwas auszurichten. Wir haben es versucht, aber es war definitiv zu wenig."

Derweil monierte Kehl, die Mannschaft habe nach dem Rückstand jegliche Ruhe und Souveränität vermissen lassen: "Nach dem 0:1 musst du den Kopf oben behalten. Aber uns unterlaufen Fehler, die auf diesem Niveau nicht passieren dürfen."

Wie schon beim 3:3 im Heimspiel gegen Hoffenheim, als die Dortmunder in der Schlussphase eine komfortable Drei-Tore-Führung leichtfertig herschenkten, kam erneut die Frage auf, ob die Einstellung der Mannschaft ausreicht. "Du musst dich durchbeißen und Mentalität zeigen", betonte Bürki: "Das haben wir heute nicht gemacht." Irgendwie scheint es noch nicht bei allen Spielern angekommen zu sein, dass sich die Borussia in eine komplizierte Lage manövriert hat. So parlierte der schwache Mario Götze locker drauf los, als sei es kein großer Akt, die Dinge wieder zum Positiven zu wenden: "Wir sind zu Hause eine Macht, es sind nur Kleinigkeiten, die wir ändern müssen."

Zur Erinnerung: Die beiden letzten Begegnungen vor heimischem Publikum waren das Pokal-Aus gegen Werder Bremen und das ernüchternde Remis gegen Hoffenheim. Der ehemalige Kapitän Kehl ist da in seiner Analyse sehr viel näher an der Realität. Der ehemalige Profi nahm die Spielergeneration an seinem 39. Geburtstag, der wenig Grund zum Feiern bot, eindringlich in die Pflicht: "Da müssen wir uns jetzt rausarbeiten. Das ist eine Herausforderung für jeden."

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