BVB vs FC Bayern im Supercup:Dem Giganten durch die Beine

Dortmund 03 08 2019 Marco Reus BvB stemmt den Pokal in Luft und Trainer Lucien Favre BvB jubelt

Jubelbild mit Lucien Favre - selbst der sonst so zurückhaltende Schweizer BVB-Trainer (unten, im dunklen Pullover) ließ sich auf dem Siegerfoto blicken.

(Foto: Moritz Müller/imago)
  • Beim Sieg im Supercup gegen die Bayern glänzt der BVB mit flinkem Konterfußball.
  • Deutlich wird auch, dass Dortmund das Verteidigen besser hinbekommt.
  • Marco Reus zeigt sich vor dem Saisonstart sehr zuversichtlich.

Von Freddie Röckenhaus, Dortmund

Ein großer Erkenntnisgewinn stand am Ende keinem ins Gesicht geschrieben. Auch beim Gewinner nicht. Aber für Borussia Dortmund, den selbst proklamierten Herausforderer des amtierenden deutschen Meisters Bayern München, war der 2:0-Sieg im Supercup trotzdem eine kleine Bestätigung. Aufnehmen kann man es also mit dem härtesten Konkurrenten, und das sogar ohne vier prominente Stammspieler, die auf der Bank oder oben auf der Tribüne diesmal noch zum Zuschauen verdonnert waren.

BVB-Sportdirektor Michael Zorc sah sich bestätigt in seinen Eindrücken aus der Vorbereitung: "Schon da hat einiges bei uns ziemlich gut ausgesehen." Und seinem Cheftrainer Lucien Favre hatte vor allem eines bei dem Freundschaftsspiel mit Pflichtspielstatus und Titeloption gefallen: "Wir wollten unbedingt gewinnen. Das haben wir geschafft."

Zwei Wochen vor dem Bundesliga-Start hat Dortmund sich vor allem gefreut zu erleben, dass der obligate Meisterschaftsfavorit aus dem Süden fürs Erste jedenfalls auch berechenbar ist. Selbst ohne die drei leicht angeschlagenen Zugänge Mats Hummels (aus München), Thorgan Hazard (aus Gladbach) und Julian Brandt (aus Leverkusen) und den noch geschonten Mario Götze, konnten die Dortmunder sich vor allem in der zweiten Halbzeit Vorteile erspielen. Das führte nicht unbedingt zwingend zum Zwei-Tore-Vorsprung, aber zwischen zwei ähnlich starken Teams sind es schließlich immer Nuancen und einzelne Situationen, die spielentscheidend sind.

Dortmund ohne Heimkehrer Hummels

Trainer Favre monierte eher am Rande, dass seine Spieler den Bayern am Ende zwei Drittel Ballbesitz erlaubt hatten. "Das war etwas zuviel", aber zugleich dürfte Favre nicht unzufrieden gewesen sein, dass die Borussen damit im Prinzip seine Spielvorgaben umgesetzt hatten: Die Bayern sollten gerne etwas mehr vom Spiel haben, die Dortmunder wollten dagegen kleine Fehlerchen im System des Gegners für ultraschnelle Gegenattacken nutzen. So war das vor allem beim zweiten BVB-Treffer fast mustergültig vorgeführt worden, als Jadon Sancho ohne jedes Nervenflattern dem Torwart-Giganten Manuel Neuer den Ball durch die Beine ins Tor schoss. Frechheit siegt nicht immer, aber manchmal eben schon.

Gegen die meisten anderen Gegner allerdings, auch soviel Erkenntnis war möglich, kommt es auf andere Qualitäten als gegen die Bayern an. Kaum ein Gegner in der Bundesliga wird gegen Borussia Dortmund so offen und selbstbewusst hoch pressen, wie es die Münchner am Samstagabend taten. Dann werden Geduld und spielerische Raffinesse in viel enger begrenzten Räumen gefragt sein.

An sich dürfte der neue BVB-Kader dafür gerüstet sein, mit mehreren technisch brillanten Offensivkräften, von Reus über Sancho und Götze bis zu Guerreiro und Brandt. Ein Spiel gegen die bisweilen etwas zerstreuten Bayern ist kein Ernstfall für das, was die Dortmunder an Abwehrbeton in all den weniger glamourösen Spielen der kommenden Saison zu erwarten hat. In jenen Duellen wird sich die Meisterschaft tatsächlich entscheiden - und eher nicht in Gipfeltreffen miteinander.

Typisches Instinkttor von Alcacer

Auch ohne Heimkehrer Mats Hummels zeigte sich allerdings, dass Dortmund das Verteidigen inzwischen besser in den Griff bekommt. Hummels wurde von Routinier Ömer Toprak vertreten, der gegen Münchens schärfste Waffe, Robert Lewandowski, eine gute Figur machte. Mit Toprak hatte kaum jemand vorher gerechnet, aber er überzeugte dann in vielen Aktionen. Dagegen hatte der mit Erwartungsvorschuss geradezu überhäufte Nico Schulz einige schwierige Defensivmomente gegen Kingsley Coman zu überstehen. Auf der gegenüberliegenden Seite glänzte Lukasz Piszczek. In der Spitze gelang Paco Alcácer, den Favre diesmal Mario Götze als Stürmer vorzog, ein typisches Instinkttor zum 1:0, aber danach fiel der Teilzeitorjäger nur noch wenig auf.

Dritter DFL-Titel für BVB

DFL-Supercup-Endspiele seit 2010 *

2010 FC Bayern - FC Schalke 04 2:0

2011 Schalke 04 - Bor. Dortmund i.E. 4:3 (0:0)

2012 FC Bayern - Borussia Dortmund 2:1

2013 Borussia Dortmund - FC Bayern 4:2

2014 Borussia Dortmund - FC Bayern 2:0

2015 VfL Wolfsburg - FC Bayern i.E. 5:4 (1:1)

2016 Borussia Dortmund - FC Bayern 0:2

2017 Bor. Dortmund - FC Bayern i.E. 4:5 (2:2)

2018 Eintracht Frankfurt - FC Bayern 0:5

2019 Borussia Dortmund - FC Bayern 2:0

*1987 bis 1996: Supercup unter Regie des DFB, 1997 bis 2007: Turnier um den Ligapokal. Seit 2010: Supercup von der DFL reaktiviert.

All das wirkte bei allen auf dem Feld eher noch wie eine provisorische Lagebestimmung, aber eine Abfuhr gegen München hätte zu so einem frühen Zeitpunkt doch viel Unruhe heraufbeschwören können. Kapitän Marco Reus, der vor dem Spiel mit der Trophäe für den "Fußballer des Jahres" und nachher mit der Trophäe für den Supercup-Gewinn dastand, war augenscheinlich froh, den Mund im Vorfeld nicht zu voll genommen zu haben.

Kapitän Marco Reus meint, auch "weltweit" werde der BVB eine gute Rolle spielen

Reus hatte ungewohnt offensiv beschrieben, dass er zum ersten Mal, seit er als Bundesliga-Spieler zum BVB zurückgekehrt war, nun ernsthaft den Meistertitel anstreben könne. Und auch "weltweit" werde man eine gute Rolle spielen und könne mithalten. "Die Qualität ist da, wir müssen sie nur jedes Mal auf den Platz bringen", sagte Reus: "Es haben heute noch etliche Jungs gefehlt. Aber wir wollen diesen internen Konkurrenzkampf auf hohem Niveau."

Damit sprach Reus einen Knackpunkt an, an den manche im Dortmunder Luxuskader sich auch ganz persönlich erst einmal werden gewöhnen müssen. Wenn demnächst Kaliber wie Brandt, Hazard oder Götze in die Mannschaft drängen, dann wird auf den Trainer und auf Mannschaftsleiter Sebastian Kehl eine bisher fast unbekannte Aufgabe zukommen: Ohne größere Verletztenliste wird es auf Sicht nicht ganz einfach sein, alle bei Laune zu halten und zugleich immer die besten elf oder im erweiterten Sinne die besten 14 spielen zu lassen.

Das sind neue Probleme aus dem De-luxe-Bereich, die man beim BVB bisher so nicht kannte, die aber europäische Top-Mannschaften seit Jahren meistern. Unter anderem die Bayern. So gesehen sind die Dortmunder mit ihrer diesjährigen Besetzung da angekommen, wo sie hinwollten. Der Supercup-Erfolg ist also auch als Botschaft aus Westfalen zu lesen: Mit dem BVB wird in allen Stadien zu rechnen sein.

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