BVB-Sieg über VfB Stuttgart:Gala bei strömendem Regen

Borussia Dortmund's Lewandowski celebrates a goal against Stuttgart during the German first division Bundesliga soccer match in Dortmund

Freute sich über seinen Hattrick gegen den VfB: Robert Lewandowski.

(Foto: REUTERS)

Die Dortmunder stellen beim 6:1-Erfolg über den VfB Stuttgart eindrucksvoll ihr Können unter Beweis. Die Gäste aus Schwaben sind vor allem in Hälfte zwei dazu verdammt, wie Schuljungen Spalier zu stehen - und Robert Lewandowski beim Toreschießen zuzusehen.

Von Felix Meininghaus, Dortmund

Angesichts der schallenden Ohrfeige, die er und sein Team in Dortmund soeben kassiert hatten, bewies Thomas Schneider eine Menge Humor: "Es war doch klar, dass ich nicht als ungeschlagener Trainer in die Annalen der Bundesliga-Geschichte eingehen würde", gab Stuttgarts Trainer zu Protokoll. Immerhin sieben Mal hatte sich der frühere Verteidiger der fragilen Illusion hingeben dürfen, als Erstligacoach unschlagbar zu sein.

Als sich das untrügliche Gesetz, dass jede Serie endlich sei, auch für ihn bewahrheitete, traf es Schneider und seine Spieler wie ein Keulenschlag: 1:6 (1:2) gingen die Stuttgarter gegen den BVB unter und mussten dabei in der fulminanten zweiten Halbzeit erleben, wie bitter es sein kann, in einen der gefürchteten Dortmunder Sturmläufe zu geraten.

Dieses Statement sei zwar angesichts der Höhe der Niederlage kaum statthaft, gab Stuttgarts Mittelfeldakteur Moritz Leitner nach dem Abpfiff zu Protokoll, "aber wir hatten auch unsere guten Phasen". Das stimmt, die Gäste aus Schwaben waren in der ersten Halbzeit durchaus ebenbürtig und hätten sogar mit einem Unentschieden in die Kabine gehen können, hätte Schiedsrichter Florian Meyer seine Linie durchgezogen.

Doch kurz vor dem Pausenpfiff bekam der Unparteiische plötzlich Angst vor der eigenen Courage, als Timo Werner in den Dortmunder Strafraum eindrang und nach einer Attacke von Kevin Großkreutz zu Boden ging. Meyer pfiff, und dann herrschte plötzlich Verwirrung, weil er nur zaghaft Richtung Elfmeterpunkt zeigte und seine Entscheidung nach Anhörung seines Assistenten revidierte. Kein Strafstoß also, eine Schwalbe mochte Meyer auch nicht unterstellen, und so ging es mit einem Schiedsrichterball weiter. Eine mutige Entscheidung und zudem eine kuriose Szene, die Schneider hernach so schilderte: "Er hat mir beim Gang in die Kabine gesagt, er habe sich verpfiffen."

Am Lauf der Dinge hätte eine Entscheidung pro VfB sowieso nichts geändert - zumindest wenn man der Einschätzung von Jürgen Klopp Glauben schenkt. Dortmunds Langzeittrainer, der sein Engagement bei der Borussia unterhalb der Woche vorzeitig bis ins Jahr 2018 verlängert hatte, gab im Brustton der Überzeugung zu Protokoll: "Auch wenn er Elfmeter gibt und das 2:2 fällt, läuft es in der zweiten Halbzeit genauso."

Das ist durchaus nachvollziehbar, so mitreißend und zwingend, wie der BVB agierte. Am Ende feierten die Dortmunder ein Schützenfest, und viele Beobachter glaubten zu wissen, die Stuttgarter Führung durch Karim Haggui in der 13. Minute sei definitiv viel zu früh gefallen. Noch vor der Pause drehte die Borussia die Geschicke durch die Treffer von Sokratis und Reus, um dann so viel Gas zu geben, dass ihre Kontrahenten in weiß und rot nur noch staunend wie Erstklässler Spalier laufen konnten.

"Die Jungs haben in der zweiten Hälfte richtig ne Schippe draufgelegt", sagte Klopp, und sein geschlagener Kollege Schneider gab offen zu, "dass wir dieser Offensivqualität nichts mehr entgegenzusetzen hatten. Die Dortmunder spielen so schnell, da können wir im Moment nicht mithalten."

18 Minuten für drei Tore

Das galt vor allem für Robert Lewandowski, der einen berauschenden zweiten Abschnitt hinlegte und seinem Wirken in schwarz-gelb mit drei Toren in 18 Minuten ein weiteres schillerndes Kapitel hinzufügte. Dass der eingewechselte Pierre-Emerick Aubameyang dann noch das halbe Dutzend voll machte, fiel angesichts der Gala des polnischen Ausnahmesspielers kaum noch großartig auf.

Hernach war Lewandowski natürlich der gefragteste Gesprächspartner und wurde von einer TV-Station zur nächsten gereicht, um immer wieder die gleiche Frage zu beantworten: Ob er denn angesichts dieser Ovationen im kommenden Sommer tatsächlich bei einem neuen Verein anheuern wolle. Und siehe da, der 25-Jährige agiert vor den Fernsehkameras genau so eiskalt wie vor dem Tor. "Ich sage nur, dass ich hier bis zum Saisonende alles geben werde", antwortete der Umworbene, nachdem er mit nunmehr neun Treffern die Führung in der Liste der erfolgreichsten Goalgetter übernommen hatte: "Alles andere wird sich zeigen."

All die Spekulationen um den phänomenalen Stürmer mag Klopp sowieso nicht kommentieren. Er hält das Gezerre für ein "reines Medienthema. Es wird viel geredet und geschrieben, aber Lewa hört da weder zu noch liest er nach. Er ist Torjäger durch und durch, er konzentriert sich auf das Wesentliche."

Es spricht wenig dafür, dass sich das ändern könnte, und deshalb dürfen sich die Dortmunder zumindest bis zum kommenden Mai am Können ihres Ausnahmestürmers erfreuen. Klopp vermittelte den Eindruck, als habe er exakt das im Sinn.

Am Mittwoch kommt der englische Spitzenklub Arsenal London zur Champions-League-Begegnung. Dann geht in Dortmund wieder das Flutlicht an, und im Revier haben sie die feste Absicht, den nächsten Festakt zu begehen. Zunächst wollte der Trainer des BVB jedoch den Augenblick festhalten: "Es ist Freitag Abend und wir erleben bei strömendem Regen solch ein geiles Fußballspiel. Das sollten wir alle abspeichern, denn so etwas gibt es nicht so häufig."

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