BVB-Sieg in Anderlecht:Krönchen gegen die Krise

RSC Anderlecht - Borussia Dortmund

Freude in der Champions League: Pierre-Emerick Aubameyang nach dem Sieg in Anderlecht.

(Foto: dpa)

Endlich wieder ohne Gegentor: Borussia Dortmund freut sich über den deutlichen Champions-League-Erfolg beim RSC Anderlecht. Vor allem Kagawa und Kehl heben das Niveau und geben Hoffnung für die Bundesliga.

Von Felix Meininghaus, Brüssel

Der Belgier an sich ist ein lebensfroher Mensch, der allen kulinarischen Dingen durchaus zugeneigt ist. Im Brüsseler Vorort Anderlecht muss der Fan nach dem Verlassen des Constand-Vanden-Stock-Stadions gerade mal sieben Meter über die Straße gehen, um die nächste Kneipe zu erreichen. Dort kann er am Tresen wahlweise den Sieg begießen oder den Frust einer Niederlage runterspülen.

Am Mittwochabend war Variante zwei angesagt, denn der belgische Meister RSC Anderlecht war im Kräftemessen mit Borussia Dortmund über weite Strecken die schlechtere Mannschaft und verlor deutlich mit 0:3 (0:1). Für den Bundesligisten hatte sich der Ausflug ins Nachbarland also gelohnt, und das gleich aus mehreren Gründen. Der BVB übernahm mit sechs Punkten in der Champions-League-Gruppe D die Tabellenführung, die K.-o.-Phase ist nah. Schließlich liegt die Borussia bereits fünf Zähler vor den Kontrahenten aus Anderlecht und Istanbul bereits, und so eindeutig, wie die Kräfteverhältnisse bis dato verteilt sind, sollte sich daran kaum etwas ändern.

Zudem schafften es die Dortmunder wieder einmal, ein Spiel ohne Gegentor zu beenden, was nach den vergangenen drei Begegnungen in der Bundesliga durchaus bemerkenswert ist. Schließlich hatte es in den Partien gegen Mainz, Stuttgart und Schalke nach groben Abwehrfehlern insgesamt sechs Mal eingeschlagen. Dieser Wert versetzte den Verein in erhebliche Unruhe. Nun hielt die Deckung, und dieser Umstand ließ Jürgen Klopp zufrieden Lächeln: "Zu null", sagte Dortmunds Trainer, "das ist das Krönchen auf die drei Punkte."

Dieses Resultat genossen nach den Rückschlägen der vergangenen zehn Tage alle im schwarz-gelben Lager. Festgemacht wurde das Erfolgserlebnis vor allem an zwei Protagonisten: Shinji Kagawa und Sebastian Kehl überragten. Der eine sorgte für die Glanzpunkte in der Vorwärtsbewegung, der andere im hinteren Bereich für die zuletzt vermisste Stabilität. "Shinji hat super Pässe gespielt, es war ein tolles Spiel von ihm", lobte Klopp: "Er ist für uns total wichtig - keine Frage."

Der 25-Jährige machte sein bestes Spiel seit seiner umjubelten Rückkehr aus Manchester. Kagawa brillierte als Struktur- und Ideengeber in der Offensive. Er spielte einen herrlichen Lupfer-Pass auf Ciro Immobile vor dem Dortmunder Führungstreffer nach drei Minuten, auch das dritte Tor von Ramos leitete der Regisseur ein. Er selbst sah bei sich allerdings noch Steigerungsmöglichkeiten. Die Dortmunder Stärke, das schnelle Umschaltspiel, habe zwar gut funktioniert, "aber unsere Kombinationen auf engem Raum greifen noch zu selten". Und richtig zufrieden mit sich sei er ohnehin nur, wenn ihm selbst ein Tor gelinge.

Was Kagawa für den BVB im vorderen Bereich zuwege brachte, das leistete Sebastian Kehl in der Rückwärtsbewegung. "Kehli hat sehr viel Erfahrung und ist ein sehr, sehr wichtiger Spieler für uns", sagte Verteidiger Neven Subotic: "Gerade in den brenzligen Situationen war er immer da und hat abgesichert."

Dennoch blieb bei der Borussia niemandem verborgen, dass es auch an diesem Abend noch diverse Schwächen im hinteren Bereich gab. Vor allem Subotic zeigte zunehmend Wackler, je länger das Spiel dauerte und je mehr seine Kräfte schwanden. "Einige Male haben wir auch Glück gehabt", räumte Klopp ein: "Wir haben nicht immer perfekt verteidigt. Aber leidenschaftlich." Subotic ergänzte: "Man muss da ganz ehrlich sein: Heute hätte Anderlecht auch zwei Tore schießen können, und dann würden wir vielleicht hier stehen und von einem Katastrophenspiel sprechen." Das sah Mats Hummels ähnlich: "Mit ein bisschen Pech hätte es eng werden können."

Hummels, der in Anderlecht 82 Minuten geschont wurde, wird am Samstag beim Heimspiel gegen den HSV wohl in die Stammformation zurückkehren. Das und der selbstkritische Umgang mit der Leistung von Anderlecht dürften gute Voraussetzung sein, auch in der Liga endlich die Null zu halten. Es wäre das erste Mal in dieser Saison, die bislang so enttäuschend verlaufen ist.

"Da treffen zwei Teams aufeinander, die mächtig hinterherlaufen", sagte Kehl in Brüssel: "Das wird eine heiße Kiste, wir haben uns schon in der Kabine einen Kopf über die Bundesliga gemacht." So eilig hatte es Klopp dann doch nicht: "Heute dürfen wir uns kurz freuen, aber wenn wir morgen früh aufwachen, ist die HSV-Raute in unseren Augen."

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