Jadon Sancho beim BVB:Pep, wie konnte das passieren?

BVB-Spieler Jadon Sancho

Vorbereiter und Vollender: Jadon Sancho war in jedem der letzten sieben Punktspiele an BVB-Toren beteiligt.

(Foto: REUTERS)
  • Jadon Sancho kam 2017 für nur 7,84 Millionen Euro von Manchester City zum BVB - und startet dort nun richtig durch.
  • Warum Pep Guardiola ihn einfach so ziehen ließ, ist ein Rätsel. Zurückgehen wird Sancho vorerst nicht: Er hat seinen Vertrag gerade erst bis 2022 verlängert.
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Von Ulrich Hartmann, Dortmund

Der schöne Fußball von Borussia Dortmund wirft Fragen auf: Warum hatte vor dem BVB kein anderer Klub aus den großen Ligen Europas den zuletzt in China verschwundenen Mittelfeldspieler Axel Witsel verpflichtet? Warum hat der FC Barcelona im Sommer das Sturmjuwel Paco Alcácer an die Borussia abgegeben?

Und wie konnte es dem Trainer Pep Guardiola passieren, dass sein Klub Manchester City den A-Jugendspieler Jadon Sancho 2017 für nur 7,84 Millionen Euro an den BVB verkauft hat, statt ihn selbst auf eine Karriere bei den Citizens vorzubereiten? Dortmunds Vorstandschef Hans-Joachim Watzke hat auf all diese Fragen eine kompakte Antwort: "Unser Sportdirektor Michael Zorc stemmt schon seit Jahren mit die besten Transfers in ganz Europa."

Sancho, 18, geboren in London, die Eltern aus Trinidad&Tobago stammend, hat beim 2:2 gegen Hertha BSC Berlin im 25. Pflichtspieleinsatz seine BVB-Tore fünf und sechs erzielt. Eine noch größere Stärke von ihm ist, Tore vorzubereiten. Zwölf Vorlagen stehen in jenen 25 Partien zu Buche, das macht Sancho zum derzeit besten Dortmunder Vorbereiter - noch vor Kapitän Marco Reus. Fast mehr noch als die bloße Anzahl an Scorerpunkten beeindruckt der Umstand, dass es dem jungen Sancho dank seiner Effizienz egal ist, ob er in der Startelf steht oder von der Bank kommt.

Gegen Berlin stand er von Beginn an auf dem Platz, aber in dieser Saison hat er nach acht Einwechslungen auch schon zwei Tore und sechs Vorlagen beigesteuert. Zu Toren benötigte er nach Einwechslungen im Schnitt nur acht Minuten, zu Vorlagen im Schnitt 20 Minuten. In jedem der jüngsten sieben Pflichtspiele war Sancho an Treffern beteiligt: fünf hat er vorbereitet und fünf selbst geschossen. Und Sancho ist der jüngste Spieler im Dortmunder Kader.

Er hat vor 15 Monaten mit damals 17 Jahren seine Heimat verlassen und spielt jetzt Fußball, als kümmerten ihn die damit einhergehenden Veränderungen nicht mehr. In England hat man seinen Fortgang so richtig erst mit jeder Toraktion in Dortmund mehr und mehr registriert, und seit Sancho vor 17 Tagen beim 0:0 in Kroatien für Raheem Sterling erstmals ins englische Nationalteam eingewechselt wurde, mehren sich die Fragen an Manchester City, wie man solch ein Jahrhunderttalent eigentlich für einen Spottpreis nach Deutschland verkaufen konnte.

Wetten, wohin Sancho mal wechselt

"Man kann das nicht immer kontrollieren", rechtfertigte sich Trainer Guardiola kürzlich, "wir haben damals alles versucht, um Jadon Sancho zu behalten, aber er hat sich entschieden, nach Dortmund zu wechseln." Für die englischen Medien zählt mittlerweile nur noch die Frage, wann City Sancho wieder zurückholt, aber dazu äußert sich Guardiola nicht besonders engagiert: "Er hatte offenbar nicht den Wunsch, für City zu spielen, aber wer weiß, was die Zukunft bringt? Vielleicht will er irgendwann zu einem anderen englischen Klub, vielleicht will er auch hierher zurück, wenn hier ein anderer Trainer arbeitet." Bei englischen Buchmachern kann man darauf wetten, wohin Sancho mal wechselt. Die besten Chancen laut Quoten hätten Manchester United, City, Liverpool und Chelsea.

Sanchos Marktwert wird auf 50 Millionen Euro taxiert

Doch auf eine kurzfristige Rückkehr Sanchos, der mit seinem Vater nach Dortmund gezogen ist, deutet nichts hin. Im Gegenteil. Sancho betont immer wieder, wie wohl er sich fühlt und wie dankbar er Trainer Lucien Favre für die vielen Einsätze ist. Deshalb hat er seinen Vertrag kürzlich bis 2022 verlängert - "und zwar ohne Ausstiegsklausel", wie Dortmunds Chef der Lizenzspielerabteilung, Sebastian Kehl, betont. Angeblich besitzt Manchester City eine Art Vorkaufsrecht, sollte Sancho vom BVB veräußert werden wollen.

Der gegenwärtige Marktwert des 18-Jährigen wird in der Branche auf etwa 50 Millionen Euro taxiert, aber mit jedem weiteren Treffer dürfte dieser Wert steigen. Der Wechsel des damals 20 Jahre alten Franzosen Ousmane Dembélé im Sommer 2017 zum FC Barcelona brachte dem BVB bislang 115 Millionen Euro ein, weitere 30 Millionen könnten dem Vernehmen nach noch folgen. Rein fußballerisch ist Sancho von Dembélés Klasse nicht weit entfernt.

Bei Sanchos erstem Doppelpack wurde allerdings der Sieg verpasst, weil auch Hertha BSC einen Doppeltorschützen vorweisen konnte: den Sturm-Routinier Salomon Kalou, dessen Elfmeter in der Nachspielzeit zum 2:2 den BVB erstmals seit Wochen in etwas gedämpfte Stimmung versetzte: "Enttäuschendes Ergebnis!" twitterte Sancho, "aber unsere Arbeit geht weiter." Der BVB hat viel vor, auch mit Sancho. "Die Mannschaft hat riesiges Potenzial", sagt Klubchef Watzke, "da kommt noch was in den nächsten Jahren." Der nächste kleine Schritt zu großen Zielen ist das Pokalspiel gegen Union Berlin.

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