Borussia Dortmund:Geflipper wie beim Eishockey

Borussia Dortmund

Dortmunds Jude Bellingham (r) schiebt Karim Adeyemi zu den Fans: Beide hatten glänzende Momente in Leverkusen.

(Foto: Bernd Thissen/dpa)

Mit dem 2:0 gegen Leverkusen setzt Borussia Dortmund seine Siegesserie fort und liegt plötzlich nur noch drei Punkte hinter den Bayern. Und für die weitere Aufholjagd könnte wichtig sein, dass der BVB nun über eine stark besetzte Bank verfügt.

Von Ulrich Hartmann, Leverkusen

Borussia Dortmund ist nach fast drei Monaten Abstinenz auf einen Champions-League-Platz zurückgekehrt. Mit einem souveränen 2:0 (1:0) bei Bayer Leverkusen, dem dritten Sieg im dritten Spiel des Jahres, eroberten die Borussen am Sonntagabend den vierten Tabellenplatz und kamen außerdem bis auf drei Punkte an Spitzenreiter FC Bayern heran. Die Münchner haben drei Mal bloß Unentschieden gespielt. Den Borussen hingegen gelang gegen Augsburg, Mainz und nun Leverkusen binnen acht Tagen ein Neun-Punkte-Start und damit eine Sechs-Punkte-Aufholjagd auf den Meister. "Der BVB ist wieder da", sangen die mitgereisten Dortmunder Fans kurz vor Schluss. Es klang wie eine Kampfansage.

Für Leverkusen endete mit der Niederlage vorerst der Tabellenanstieg aus dem Keller ins Mittelfeld nach zuvor fünf Siegen ins Serie. "Es entstehen immer mehr Automatismen, aber wir haben noch viel aufzuholen", hatte der Sportdirektor Simon Rolfes bereits vor dem Spiel gesagt. Die Niederlage bestätigte ihn, gleichwohl schielen die Rheinländer weiterhin auf einen Tabellenplatz, der am Saisonende die Startberechtigung für einen Europapokal-Wettbewerb bedeutet.

Vom BVB war es eine der besten und über 90 Minuten hinweg stabilsten Leistungen in dieser bislang so wechselhaften Saison. Hinten hielten sie die schnellen Leverkusener Angreifer weitgehend im Zaum und spielten vorne zielstrebig vors Tor. "Die Mannschaft hat es richtig, richtig gut gemacht", lobte nach dem Spiel bei Dazn der BVB-Sportdirektor Sebastian Kehl und nannte den Sieg "unheimlich wichtig, weil es ein richtungsweisendes Spiel war".

Bei den Dortmundern saßen so namhafte Fußballer wie Youssoufa Moukoko, Marco Reus, Giovanni Reyna, Mats Hummels und Donyell Malen zu Beginn nur auf der Bank. Nach der Rückkehr nahezu aller verletzten Spieler herrscht beim BVB nun beinahe Überfluss. Mahmoud Dahoud und Thorgan Hazard schafften es nicht mal auf die Bank. Die Dortmunder Startelf erschien teils ein bisschen überraschend: hinten rechts Marius Wolf, links Julian Ryerson, defensiv zentral Emre Can, davor Salih Özcan und Julian Brandt links und rechts vorne, und in der Spitze Sebastian Haller mit seinem Startelf-Debüt.

Beim BVB sitzen Leute wie Dahoud oder Hazard in Leverkusen nicht mal auf der Bank

Ryerson erhielt links hinten wegen seiner Geschwindigkeit gegenüber Raphael Guerreiro den Vorzug. Er tat sich mit den flinken Leverkusenern Moussa Diaby und Jeremie Frimpong anfangs trotzdem ein bisschen schwer. In der 19. Minute tauchte Diaby nach einem Traumpass von Florian Wirtz allein vorm Torwart Gregor Kobel auf, scheiterte aber. Es sollte die beste Leverkusener Chance im ganzen Spiel bleiben.

Die erste Hälfte war mitunter etwas zerfahren. Wenn sich zwei so schnelle Teams begegnen, sieht Fußball manchmal ein bisschen aus wie Eishockey. Der Ball flipperte dann wie ein Puck übers Feld. Der einzig abgeschlossene Angriff der ersten Hälfte gelang den Dortmundern in der 33. Minute. Da spielte Brandt den Ball von rechts herein, Haller ließ clever durch und sah Karim Adeyemi, wie er völlig frei annehmen und zum 1:0 abschließen konnte. Für den 21 Jahre alten gebürtigen Münchner, im Sommer für 30 Millionen Euro aus Salzburg gekommen, war es das erste Bundesliga-Tor für Dortmund. Je ein Mal hatte er in der Champions League und im DFB-Pokal getroffen, sein erstes Liga-Tor bewahrte er sich aber für ein besonders wichtiges Spiel auf.

Dieses Tor zwang die Leverkusener nach der Pause zu mehr Druck. Sie hatten sich durch ihre vorangegangenen fünf Siege in Serie an das süße Gefühl des Gewinnens gewöhnt, doch allzu schnell machten die Dortmunder ihre Sehnsüchte zunichte. In der 53. Minute brachte der aufgerückte Wolf von rechts einen scharfen Ball ins Zentrum, der dem Leverkusener Innenverteidiger Edmond Tapsoba unglücklich ans Knie sprang und von dort ins eigene Tor. In der 70. Minute wäre dem 23-Jährigen aus Burkina Faso beinahe sogar noch ein zweites Eigentor widerfahren, sein Kollege Frimpong rettet aber auf der Torlinie.

Erst in der 85. Minute kamen Hummels und der von einer langwierigen Sprunggelenksentzündung genesene Reus ins Spiel. "Wir hatten heute eine richtig starke Bank", sagte der Trainer Edin Terzic glücklich. Die personellen Möglichkeiten könnten Dortmunds Leistungen positiv beeinflussen. "Das Unentschieden der Bayern hat uns in die Karten gespielt", sagte Torschütze Adeyemi und ließ durchklingen, dass die Dortmunder den Tabellenführer so langsam wieder in den Fokus nehmen.

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