Lazio-Sieg gegen BVB:Immobile übt stille Vendetta

*** BESTPIX *** SS Lazio v Borussia Dortmund: Group F - UEFA Champions League

Spielt gegen Dortmund besser als in Dortmund: Ciro Immobile.

(Foto: Paolo Bruno/Getty Images)

Ciro Immobile gilt als eine der missglücktesten Verpflichtungen von Dortmund, nun ist er beim 3:1-Sieg gegen den ehemaligen Arbeitgeber der beste Mann auf dem Platz. Der BVB lässt sich von der Lazio viel zu leicht austricksen.

Von Oliver Meiler, Rom

Revanche ist in der Regel etwas Lautes, ein Schrei aus den Eingeweiden. Bei Ciro Immobile, 30 Jahre alt, aus Torre Annunziata bei Neapel, geht Revanche auch leise. Und vielleicht ist sie deshalb umso größer, süßer - eine stille Vendetta. Mit fast perfektem Script. Als Lazio Rom am Dienstagabend zur Rückkehr in die Champions League nach 13 Jahren Abwesenheit ausgerechnet Borussia Dortmund 3:1 geschlagen hatte, den Verein seiner dunkleren Erinnerungen, stellte sich Immobile, der Torschütze des ersten und Vorbereiter des dritten Tores, der beste Mann auf dem Platz, vor die Kameras und bewies einmal mehr, dass er immer einige Kontrollklassen über seinen vielen Kritikern sitzt. "Lob nehme ich gerne entgegen, ich kann aber auch mit Kritik leben", sagte er. Eine Revanche? "Einfach ein schöner Abend."

Immobile hat vor fünf Jahren mal eine Saison lang für den BVB gespielt, ziemlich verloren in jeder Hinsicht, und gilt seitdem als eine von Dortmunds missratensten Verpflichtungen aller Zeiten - zumindest wenn man das Dafürhalten der deutschen Boulevardzeitung mit den großen roten Buchstaben als Richtschnur herbeizieht. Und Immobile? Traf in der sechsten Minute schon, führte die Hände nicht an die Ohren, legte den Zeigefinger nicht auf den Mund - es gab nur ein entspanntes Lachen mit den etwas gar weiß geratenen, gebleichten Zähnen.

"Als ich nach Dortmund kam, war das kein guter Moment"

"Spielern muss man Zeit lassen. Als ich nach Dortmund kam, war das kein guter Moment, die Mannschaft steckte in einem Generationswechsel, da war es normal, dass es schwierig sein würde. Aber mehr sage ich dazu nicht." Er werde auch in Zukunft Tore erzielen und Chancen vergeben, so sei das nun mal. Immobile, Goldener Schuh des besten Torschützen Europas der vergangenen Saison, hat nun schon 127 Mal für Lazio getroffen, so oft wie einst Beppe Signori, weniger oft nur als Silvio Piola, die zwei Legenden des Vereins.

"Bella di notte", schreibt La Repubblica über Lazio, "Schönheit der Nacht". Für den Corriere dello Sport war Lazio "spaziale", also irgendwie galaktisch. Und das war so nicht zu erwarten gewesen. Seit Ende des Lockdowns fanden die Römer nie zurück zur Form, die sie vor der Pandemie an die Spitze der Serie A getragen hatte - zeitweise vor Juventus Turin. Man träumte vom Scudetto, dem Meistertitel, so verwegen war das nicht. Dann aber brach man völlig ein, auch die neue Saison begann enttäuschend: vier Punkte nur aus vier Spielen. Am vergangenen Wochenende verlor Lazio in Genua gegen Sampdoria 0:3, und alle waren sich einig, dass die Leistung untergründig war. Simone Inzaghi, als Spieler eine Glorie und als Trainer lange überschwänglich gefeiert, spürte plötzlich den Atem möglicher Nachfolger im Nacken. Ein Mirakel sei nötig, hieß es vor der "schrecklichen Herausforderung" gegen dieses Dortmund der Supertalente, eine sehr, sehr spezielle Konstellation der Sterne.

Es eröffneten sich Prärien in der Mitte des Feldes

Nun, es brauchte erstaunlich wenig. Lazio stand, wie es zu erwarten gewesen war, von Beginn an tief und kompakt und wartete auf ihre Konterchancen, die sie gleich reihenweise serviert erhielten. Was sich da in der Mitte für Räume öffneten: Prärien waren das, Tundras für die schnelle Vertikalisierung. In Italien stehen die Mannschaften normalerweise gruppiert auf vierzig Metern, vor und hinter der Mittellinie - ein Wald von Beinen. Die Spiellinien sind gekreuzt, die Abseitsfalle ständig gestellt. Das macht das Umschalten schwer. Lazios Chefumschalter Luis Alberto und Sergej Milinkovic-Savic sind gewohnt, kleine Lücken suchen zu müssen, feine Risse in den Mauern. An guten Tagen macht ihre außergewöhnliche Technik den Unterschied und das Spiel Lazios schnell.

Das war diesmal nicht nötig: Die Sicht auf den Sturm, auf Immobile und den Argentinier Joaquín Correa, war immer frei. Das Mittelfeld der Borussen besaß zwar viel öfter den Ball, aber ihr Spiel nach vorne blieb steril. Beeindruckt sind die italienischen Medien nur von Erling Haaland. "Wie gehabt: ein Scharfschütze", schreibt die Gazzetta dello Sport. Man habe ihm eineinhalb Chancen gegeben, und Haaland habe sein Tor gemacht. Marco Reus und Jadon Sancho hingegen hätten sich einbetonieren lassen von Lazios Abwehr - beide Note 5 von 10. Lucien Favre, der Coach des BVB, gab sich von allen enttäuscht. "Wir haben die erste Halbzeit komplett verschlafen", sagte er. Dabei war man ja gewarnt gewesen, aus tausendfacher Anschauung.

Lazio schafft nun vielleicht die Wende, das glaubt wenigstens Inzaghi. Völlig unverhofft. Das 3:1 erzielte ein Einwechselspieler, von dem die meisten Römer noch gar nie gehört hatten: Jean-Daniel Akpa-Akpro, 28, Ivorer aus Toulouse. Vor wenigen Monaten spielte er noch bei der Salernitana, dem anderen Klub im Besitz von Lazios Vereinspräsidenten Claudio Lotito - in der Serie B. Und da lag er nun, beim Debüt auf der großen Bühne, in den Armen Ciro Immobiles. Il Messaggero, die römische Lokalzeitung, beschreibt die milde Herbstnacht im Stadio Olimpico so: "Wenn sich Traum und Wirklichkeit vermählen, steht man überwältigt vor der Schönheit des Moments. Das Herz schlägt schnell. Und fest."

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