BVB-Kapitän:Hummels repariert den Knacks

  • Nach seiner Leistung beim 4:1 von Borussia Dortmund gegen Eintracht Frankfurt wird Mats Hummels von den BVB-Anhängern gefeiert.
  • Der Kapitän lieferte seine beste Leistung seit langem ab. Ein anderer Spieler macht dafür Sorgen.
  • Hier geht es zu allen Ergebnissen der Bundesliga.

Aus dem Stadion von Felix Meininghaus

Zehn Minuten vor Spielende überließ Thomas Tuchel seinem Kapitän die Bühne: Dortmunds Trainer beorderte Mats Hummels vom Feld und brachte für ihn den griechischen Kollegen Sokratis. Das Spiel war zu diesem Zeitpunkt bereits gelaufen, es ging in erster Linie darum, dem Mann des Abends einen rauschenden Abgang zu verschaffen. Das gelang, die Besucher des mit mehr als 80 000 Besuchern gefüllten Dortmunder Stadions erhoben sich von ihren Sitzen und verabschiedeten den Manndecker mit Standing Ovations.

Hummels hatte nicht nur starke Zweikampfpräsenz gezeigt und tolle Spieleröffnungen abgeliefert, sondern als Höhepunkt seines beeindruckenden Auftritts auch noch den Treffer zum 3:1 beigesteuert, der die frappierend einseitige Partie gegen Eintracht Frankfurt endgültig entschied. Am Ende gewannen die Dortmunder mit 4:1 und feierten sich für die beste Heimbilanz, die sie in ihrer Bundesligageschichte jemals in einer Hinrunde abgeliefert haben: Sieben Siege und ein Unentschieden, das ist beinahe makellos.

Es gibt in dieser so eindrucksvollen Runde, die der BVB bislang abgeliefert hat, im Dortmunder Ensemble viele Gewinner. Mats Hummels gehörte in den letzten Wochen nicht dazu. Viel war über die diversen Unpässlichkeiten debattiert worden, die sich der 26-Jährige geleistet hatte: Fehlpässe, die zu Gegentoren führten, das Verschulden des spielentscheidenden Elfmeters in Krasnodar, das Eigentor in Hamburg und die verlorengegangene Ausstrahlung auf dem Feld.

Hummels fühlt sich falsch behandelt

Hummels in der Krise? Dagegen hatte sich der Weltmeister strengstens verwahrt. Zunächst beschwerte er sich via Twitter über die "völlig überzogene Kritik", um dann nochmal nachzulegen: Er fühle sich "definitiv falsch bewertet. Schlechte Sachen verkaufen sich einfach besser, als wenn man positiv berichtet. Wenn es die Möglichkeit gibt, kräftig draufzuhauen, wird diese Möglichkeit in meinem Fall gern wahrgenommen."

Die Sachlage umzudrehen und diejenigen an den Pranger zu stellen, die den Finger in die Wunde legten, kam nicht überall gut an. Im Dortmunder Umfeld war ein Murren zu vernehmen, es hieß, ein wenig mehr Demut täte Dortmunds Alphatier durchaus gut. Hummels ist ein intelligenter Profi, der durchaus in der Lage ist, seine Worte und Taten zu reflektieren und daraus die richtigen Schlüsse zu ziehen. Ganz offensichtlich ist er in sich gegangen, denn nach dem Spiel gegen Frankfurt - seinem stärksten Auftritt seit Wochen - gab er bemerkenswerte Einblicke in sein Seelenleben.

Hummels' Selbstbewusstsein war angeknackst

Der Verteidiger, der so oft Stärke und Überzeugung wie ein Schild vor sich herträgt, räumte ein, "dass mein Selbstbewusstsein in den letzten Wochen zum ersten Mal in meiner Karriere ein bisschen angeknackst war". Die angespannte mentale Verfassung war auch Tuchel nicht entgangen: "Ich weiß nicht genau, ob er Angst hatte, aber er hat überlegt." Auch deshalb war es für Hummel so wichtig, Mitte der zweiten Halbzeit, als sich die Gelegenheit bot, den Ball ins Netz zu befördern, "obwohl ich ihn eigentlich für ,Miki' hätte liegenlassen müssen, der die bessere Schussposition hatte".

Der angesprochene Henrikh Mkhitaryan konnte damit leben. Den Armenier brachte wahrscheinlich eine andere Szene um den Schlaf: In der 64. Minute fiel ihm der Ball zwei Meter vor dem gänzlich leeren Tor auf den Kopf, doch anstatt ihn einzunicken, brachte der Techniker das Kunststück fertig, das Spielgerät über den Querbalken zu befördern. Die Szene mutete an wie Slapstick, erinnerte an Frank Mills legendären Blackout in München oder an Jakub Blaszczykowski, der den Ball in Freiburg völlig allein vor dem leeren Tor aus kurzer Entfernung drüberschoss.

Damals kamen Norbert Dickel im BVB-Netradio fast die Tränen, die Dortmunder Legende jammerte: "Das wird jetzt in jedem Jahresrückblick gezeigt." Das gleiche Schicksal droht auch Mkhitaryan, sein Fauxpas nach einer guten Stunde dürfte sich in der Hitparade der "vergebensten" Torchancen der Bundesligageschichte einen Platz unter den Top fünf sichern.

Reus macht große Sorgen

Angesichts eines so eindeutigen Sieges erscheinen solche Fehlleistungen allerdings als Marginalien. Es gibt Schlimmeres. Zum Beispiel die erneute Verletzung von Marco Reus, die plötzlichen Schmerzen im Leistenbereich nach einer abrupten Drehung kamen vollkommen unvermutet. "Das macht mich sehr traurig", sagte Tuchel: "Marco war total beschwerdefrei." Dem Sprinter droht mal wieder eine längere Zwangspause, immer wieder wird er von muskulären Beschwerden zurückgeworfen. Auch die Leiste, die ihn nun plagt, gehört zu den neuralgischen Punkten.

"Wir waren absolut sicher, ihn auf einem tollen körperlichen Niveau in die Winterpause zu bekommen", sagt Tuchel. Das scheint nun ausgeschlossen zu sein. Wie lange Reus außer Gefecht sein wird , steht noch nicht fest. "Diese Verletzung", sagt sein Trainer, "ist ein großer Wermutstropfen."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: