BVB in Hoffenheim:Wilder Schlagabtausch ohne Deckung

1899 Hoffenheim v Borussia Dortmund - Bundesliga

Dortmunder Torschütze zum 1:2 - Pierre-Emerick Aubameyang.

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Drüber, daneben, aber nicht drin: Borussia Dortmund und die TSG Hoffenheim übertreffen sich im Vergeben bester Torchancen, am Ende steht es 2:2. Nach Heldentaten in der Champions-League kann der BVB in der Bundesliga einfach nicht gewinnen.

Von Johannes Knuth

Jürgen Klopp verfolgt die Bundesliga sehr aufmerksam, und natürlich hatte der Dortmunder Trainer auch für diesen Samstag ein paar nette Grußworte für den Gegner vorbereitet. "Wir haben großen Anteil daran, dass Hoffenheim die Liga gehalten hat", erinnerte Klopp vor der Partie - eine statistisch einwandfreie These. Es waren tatsächlich die Dortmunder, die 1899 Hoffenheim am letzten Spieltag der vergangenen Saison drei Punkte vermacht und den späteren Sieg in der Abstiegsrelegation ermöglicht hatten. Klopp schmunzelte kurz, dann sagte er: "Hoffentlich erinnert sich Hoffenheim daran."

Die Hoffenheimer erinnerten sich dann tatsächlich recht gut, wenn auch nicht wie von Klopp gewünscht. Die TSG wehrte sich tapfer, lag schnell 2:0 in Führung. Dass es am Ende 2:2 lautete, war nicht unverdient. "Das war ein intensives Spiel", sagte Klopp anschließend: "Meine Mannschaft hat über die gesamte Spielzeit gezeigt, dass sie gewinnen will. In der ersten Hälfte ist uns aber ein bisschen was missglückt."

Es sind schwierige Wochen für die Borussia. Vor dem Spiel hatte Klopp mal wieder das seit Wochen beliebte Personal-Quiz spielen müssen, mit der Millionenfrage: "Wer wird Dortmunder Innenverteidiger?" Die richtige Lösung lautete: Manuel Friedrich, zuletzt geplagt von einer Zehenverletzung, und Marian Sarr, 19, in Ermangelung an Alternativen. Außerdem nominierte Klopp im Gegensatz zum Auftritt in Marseille den flinken Pierre-Emerick Aubameyang, Lukasz Piszczek und Mitchell Langerak statt Stammkeeper Roman Weidenfeller.

Mitchell Langerak?

Er habe ein paar frische Kräfte einsetzen wollen, rechtfertigte sich Klopp. Doch so sehr diese Beweisführung für die neuen Feldspieler Sinn ergab, so ungewöhnlich wirkte sie für die Torwartabteilung. "Wir haben eben sehr großes Vertrauen zu Mitch Langerak. Jürgen hat das so entschieden", sagte Dortmunds Sportdirektor Michael Zorc. Das klang wie: Man hätte auch anders entscheiden können.

Das Dortmunder Spieler unterbanden jegliche Torwartdebatten zunächst mit einem Kniff: Sie griffen an. Nach sechs Minuten schubste Lewandowski den Ball im Strafraum gen Tor, entschärft von Hoffenheims Torwart Jens Grahl. Nach zehn Minuten traf Reus, Lewandowski stand dabei jedoch im Abseits. Und dann führte der BVB einen dieser Intercity-Angriffe vor, wie auf Schienen: Lewandowski schickte Jakub Blaszczykowski, Blaszczykowski legte quer auf Lewandowski, der passierte zwei Hoffenheimer, Querpass auf Reus, Tor. Nein, Volland schwebte in letzter Sekunde ein, Ecke. Sein Torwart Grahl beglückwünschte ihn, als habe Hoffenheim bereits die Partie gewonnen.

Dortmund spielte nun wie eine Mannschaft, die sich nach der großen Champions-League-Nacht bloß keine Müdigkeit anmerken lassen will. Hoffenheim trat auf wie ein Team, das zuletzt 35 Tore in der Bundesliga zugelassen hatte. Aber eben auch 34 geschossen hatte.

Schipplock überspurtet Sarr

Wie das funktioniert mit dem Toreschießen, daran erinnerten die Hoffenheimer ihre Kontrahenten in der 17. Minute: Rudy stibitzte Kehl den Ball, Firmino schickte Schipplock steil, Schipplock überspurtete Sarr - 1:0.

Dortmund reagierte leidenschaftlich. Wobei sich die Leidenschaft vorrangig gegen den Unparteiischen richtete, der robusten Hoffenheimer Zweikampfgestaltung wegen. Die TSG ließ sich davon nicht beirren, sie verteidigte weiter engagiert. Und erzielte das 2:0. Firmino beschäftigte drei Dortmunder Verteidiger, das verschaffte Rudy viel Platz und Zeit, den ungedeckten Volland zu erspähen - 2:0 (37. Minute).

Es war ein Torwartfehler, der die Borussia wieder aufweckte. Grahl, als Hoffenheimer Torhüter bestens vertraut mit Torwartdebatten, pflückte einen Eckball herunter und ließ ihn dann prallen wie ein Basketballer unter dem Korb, Aubameyang stand plötzlich drei Meter vor dem leeren Tor - nur noch 1:2 (44.).

"Wir müssen alles aus der Vorrunde herauspressen", hatte Klopp vor dem Spiel vorgegeben. Seine Spieler befolgten diesen Rat, sie quetschten alles aus sich heraus. Das führte zum einen zum Ausgleich nach 67 Minuten von Piszczek, zu großen Chancen. Und es führte zu großen Chancen, die ungenutzt blieben, vergeben durch Lewandowski, die eingewechselten Mkhitaryan, durch Julian Schieber.

Am Ende erinnerte die Partie an einen wilden Boxkampf in der zwölften Runde zwischen einem schwer getroffenen Weltmeister und einem starken Herausforderer: Beide rannten, schufteten, ohne Deckung, sie ballerten drüber, daneben - nur eben nicht ins Tor. "Wir haben gegen unserer fußballerisches Vorbild einen Punkt geholt", jubilierte Hoffenheims Trainer Gisdol: "Es war ein rasantes, temporeiches Spiel. Da war fast alles drin. Den Punkt haben wir uns durchaus hart erarbeitet und verdient."

Jürgen Klopp hatte sich vor der Partie über "Drecks-Schlagzeilen" beschwert. Über Journalisten, die seiner Mannschaft attestiert hatten, die Bundesligaspiele nach Auftritten in der Champions League spielen nicht mehr erfolgreich gestalten zu können. Sie werden ihn wohl noch eine Weile verfolgen, die Schlagzeilen.

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