BVB in der Champions League:Dortmunds verunglückter Abend

Borussia Dortmund gibt beim 0:1 gegen den FC Arsenal erst das Spiel, dann die Punkte aus der Hand. Am Ende investiert der BVB zu wenig für den Sieg - das Weiterkommen in der laufenden Champions-League-Saison ist in Gefahr.

Ehe diese Partie angepfiffen wurde, herrschte noch leichte Uneinigkeit darüber, auf welches Spektakel sich die 68.829 Zuschauer nun konkret freuen durften an diesem ekligen, weil nasskalten Mittwochabend im Dortmunder Stadion. "Arsenal ist wie ein Orchester. Aber es spielt ein leises Lied. Ich mag eher Heavy Metal", sagte Jürgen Klopp, der Trainer der gastgebenden Borussia, während sein Gegenüber, Arsenal Londons Arsène Wenger, eine andere Expertise traf: "Ich schätze beide Teams und denke, dass uns eine schöne Sinfonie erwartet."

Mit diesen Sätzen war also die Bandbreite der Vorführungskunst vorgegeben, aber natürlich kam es - wenn die Erwartungen mal wieder sehr hoch sind - doch anders. Beim folgenden 0:1 (0:0) boten die Spieler eher ein nasskaltes und bisweilen spannungsarmes Duett, an dem sich einzig die Gäste erfreuten. Durch das Tor von Aaron Ramsey gelang den Engländern somit auch die Revanche für die 1:2-Niederlage im Hinspiel.

Mit diesem Ergebnis besitzt Dortmund in der Gruppe F nach vier Spieltagen trotzdem freilich die Chance, noch in die K.-o.-Runde vorzustoßen. Allerdings wird der Kampf ums Überleben sicher bis zum letzten Moment andauern, denn Neapel mischt nach dem 3:2 gegen Olympique Marseille weiterhin bestens mit und ist nun wie London mit je neun Punkten vor Dortmund (sechs) platziert.

"Wir haben ja noch zwei Spiele, es ist alles drin", kommentierte Klopp knapp, er wollte nicht groß lamentieren trotz des Endes einer Serie. Dortmund hatte saisonübergreifend seine letzten sieben Heimspiele in der Königsklasse gewonnen.

Immerhin durfte sich die Borussia über zwei kleine, wenn auch am Ende unerhebliche Erfolge freuen. Sokratis, der den verletzten Mats Hummels (muskuläre Probleme) vertrat, überzeugte in der Innenverteidigung. Und Klopp erlebte in dieser Saison seine erste Champions-League-Partie komplett auf der Trainerbank. Zum Start in Neapel hatte er einen Platzverweis während des Spiels kassiert wegen seiner Unbeherrschtheit, danach wurde er zweimal gesperrt.

Vorab noch hatte die Partie bei Freunden der Offensivkunst allerlei Phantasien ausgelöst, beide Teams stehen ja für Spektakelfußball, der an guten Tagen seines Gleichen sucht. Dortmund etwa filetierte zuletzt Stuttgart in der Bundesliga, und die Londoner, die weiterhin auf den am Oberschenkel verletzten Lukas Podolski verzichten müssen, führen die Premier League - auch dank Zugang Mesut Özil - mit fünf Punkten Vorsprung an.

Dann machte es plong

Am Mittwoch aber nivellierten sich die zwei Mannschaften, was vor allem daran lag, dass Arsenal hoch stand, gut verschob und mindestens so hartnäckig gegen den Ball arbeitete wie Dortmund, wie das im modernen Fußballdeutsch heißt. Strafraumszenenliebhaber kamen zunächst weniger auf ihre Kosten, aber Taktiktüftlern dürften die vielen Pressing-Duelle gefallen haben. Als wäre der Ball ein Magnet, tauchten sofort zahlreiche gelb (Dortmund) und rot beleibte Profis auf, um den Raum zu verengen und dem Gegner die Beute abzujagen.

Es dauerte bis zur 26. Minute, ehe Jakub Blaszczykowski die erste offiziell zu registrierende Chance hatte; bei seiner Direktabnahme verfehlte er das Tor aber knapp. Erst als Blaszczykowski einige Vorstöße über rechts wagte, öffneten sich für einige Momente neue Räume für die Dortmunder. In der 37. Minute vergab dabei Henrikh Mkhitaryan die Führung, als der Armenier ein Zuspiel Blaszczykowskis in der Mitte nicht verwerten konnte und den Ball links vorbeischoss. Arsenal schaffte auch etwas Bemerkenswertes: null Torchancen in Halbzeit eins - das hätte wohl keiner gedacht, dass das ginge bei einer Elf voller Girouds und Van-Persie-Nachfolger.

In der zweiten Halbzeit öffnete Dortmund dann sein strenges Systemkorsett, das klare Bemühen war jetzt zu sehen, nicht die Niederlage verhindern, sondern den Sieg erzielen zu wollen. Doch mehrmals lief die Borussia übereifrig ins Abseits. Und Arsenal? Trug seinerseits die nächste Skurrilität bei, indem der erste abgeschlossene Angriff tatsächlich gleich das überraschende 1:0 einbrachte. Nach einer Özil-Flanke setzt sich Giroud per Kopf gegen Großkreutz durch, und Ramsey traf aus kurzer Distanz (62.), was Klopp später zu der Aussage verleitete: "In der 60. Minute machte es plong."

Als hätte Wenger auf einen geheimen Knopf gedrückt, übernahm seine Elf nun die Kontrolle und hätte fast sogar zügig den Vorsprung ausgebaut. Ramsey (66.) und der deutsche Nationalspieler Per Mertesacker (70.) scheiterten bei zwei guten Gelegenheiten.

Klopp brachte nun Pierre-Emerick Aubameyang, Jonas Hofmann und auch noch Julian Schieber zur offensiven Vitalisierung, aber immer wieder scheiterten die Borussen am Strafraum, an dem sich London verbarrikadierte. Besonders bitter: In der Nachspielzeit riss Mertesacker Robert Lewandowski nieder, doch der Elfmeterpfiff blieb aus. Auch das passte ins Bild dieses verunglückten Dortmunder Abends.

"Arsenal hatte sich einfach mit allem reingeschmissen", sagte Klopp und analysierte trocken das Gegentor: "Wenn du zweimal den Ball hast und ihn wieder abgibst, dann wird es natürlich bitter." Mertesacker brachte die Gewinnstrategie Londons auf den Punkt: "Wir haben die eine Kontersituation ausgenützt."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: