Dortmund gewinnt weiter:Mit Ruhrgebietsfußball ran an die Bayern

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Marco Reus (unter der Jubeltraube) erzielt das zwischenzeitliche 3:1 für den BVB. (Foto: Neundorf/IMAGO/Kirchner-Media)

Der BVB besiegt auch Hertha BSC mit 4:1 und ist nun in der Tabelle punktgleich mit Union und dem Rivalen aus München. Nur die Verletzung von Karim Adeyemi bereitet Sorgen.

Von Ulrich Hartmann, Dortmund

Eine halbe Stunde lang war der Champions-League-Held von Borussia Dortmund auch am Sonntag wieder der herausragende Spieler. Nach seinem famosen Tempo-Tor zum 1:0-Sieg gegen den FC Chelsea am vergangenen Mittwoch erzielte Karim Adeyemi auch gegen Hertha BSC in der 27. Minute - per Hackentrick - zunächst den Treffer zur 1:0-Führung, ehe er auch noch das 2:0 durch Donyell Malen vorbereitete (31.). Doch kurz bevor Adeyemi den Ball vor das Tor brachte, wo Malen am zweiten Pfosten vollstreckte, griff sich der Flügelflitzer im Sprint schon an den linken hinteren Oberschenkel. Den Ball brachte er noch herein, danach blieb er mit schmerzverzerrtem Gesicht liegen und musste ausgewechselt werden.

Tröstlich für Adeyemi und den BVB war schließlich der 4:1 (2:0)-Sieg gegen Berlin und der daraus resultierende Blick auf eine Tabelle, in der mit Bayern, Dortmund und Union Berlin jetzt drei Mannschaften an der Spitze punktgleich sind. Eine verheißungsvolle Situation, die sie in Dortmund nun mit der Hoffnung verbinden, dass sich Adeyemis Oberschenkelmuskulatur schnell wieder erholt. Im Titelkampf genauso wie im Champions-League-Rückspiel bei Chelsea benötigen sie jenen Angreifer, der in seinen jüngsten vier Pflichtspielen immer ein Tor geschossen hat.

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"25 fitte Spieler" hatte Dortmunds Trainer Edin Terzic vor dem Anpfiff noch freudig vermeldet und sich gefreut, dass er dadurch Variationsmöglichkeiten erhält. Auf vier Positionen hat er nach dem Sieg gegen Chelsea seine Startelf geändert: Mats Hummels (statt Niklas Süle) und Marco Reus (statt Jude Bellingham) bekamen ihre Chance, auch Julian Ryerson (statt Raphael Guerreiro) und in der Spitze Malen (statt Sebastien Haller) durften von Beginn an spielen. "Heute bekommen ein paar Jungs die Chance zu zeigen, dass sie noch da sind", hatte Terzic gesagt. Und sie zeigten es.

Mit dem achten Sieg im achten Pflichtspiel dieses Jahres sowie dem sechsten Bundesliga-Sieg in Serie schlossen die Borussen nach Punkten zu den Bayern auf und sind nun nicht mehr nur Jäger, sondern auf Augenhöhe. "Es ist ein schönes Gefühl, die Serie auszubauen, und der Spieltag ist auch relativ vernünftig für uns verlaufen", sagte mit einem gewissen Understatement Julian Brandt. "Wir haben uns gut aus der schwierigen Situation nach der Hinrunde herausgekämpft, wir haben aber noch einen langen Weg vor uns." Zufrieden war auch Reus: "Vor der Winterpause hätte niemand damit gerechnet, dass es jetzt so schön eng ist da vorne in der Tabelle; wir spielen vielleicht nicht die Sterne vom Himmel, aber wir sind sehr effektiv."

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Der BVB spielt im schwarzen Sondertrikot

Die Berliner hingegen verbleiben nach der Niederlage auf dem vorletzten Tabellenplatz. Nach dem 4:1-Sieg gegen Borussia Mönchengladbach hatten sie zuletzt neue Hoffnung geschöpft, aber in Dortmund mussten sie trotz eines weitgehend disziplinierten Auftritts in die zwölfte Niederlage einwilligen.

Die Dortmunder haben am Sonntag ein Sondertrikot getragen mit schwarz changierendem Kohle-Muster und Namensflocks in Stahl-Optik. Eine Hommage ans Ruhrgebiet war das, oder, wie der Verein verklärte: "In der Zeit der Industrialisierung haben Menschen mit harter Arbeit die Stadt Dortmund und den BVB aufgebaut; diese Menschen und ihre Tugenden werden auch heute noch geschätzt." Das klingt pathetisch, passt aber durchaus zu dem Fußball, den die Dortmunder derzeit spielen: Sie arbeiten hart, und ihre Tugenden werden von den Fans geschätzt. Etwa 340 000 Menschen sollen am Samstag vergeblich versucht haben, das limitierte Sondertrikot online zu bestellen. Doch der Verein hat Nachschub angekündigt.

Der BVB wackelt nur kurz

Die BVB-Fußballer im kohleschwarzen Trikot hatten eine halbe Stunde lang Probleme, sich die seriös verteidigenden Herthaner zurechtzulegen, aber Adeyemis Hackentor nach Reus-Vorlage und der Malen-Treffer nach Adyemi-Zuspiel schienen das Spiel früh zu entscheiden.

Dem war zwischenzeitlich indes nicht mehr so, weil die Berliner hellwach aus der Pause kamen und die Dortmunder schläfrig. 60 Sekunden nach Wiederanpfiff verkürzte Lucas Tousart auf 1:2, und plötzlich erschien auch der Ausgleich möglich. Die Gäste wehrten sich nun mehr, zerfurchten das Spiel ein bisschen und forderten die Dortmunder heraus, ihrer Ruhrpott-Arbeiterkluft explizit die Ehre zu erweisen.

Nach 65 Minuten kamen Bellingham und Haller ins Spiel, doch es bedurfte eines Freistoßes von Reus, um 14 Minuten vor dem Ende mit dem 3:1 die Entscheidung zu erzwingen. Julian Brandt vollendete schließlich noch zum 4:1 (90.). Die Dortmunder Fans hatten am Ende noch eine Botschaft an die Bundesliga. Sie lautete: "Deutscher Meister wird nur der BVB."

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