Es ist immer wieder großartig, Jürgen Klopp zu erleben, wenn er so richtig in Spiellaune ist. Nach dem epochalen Sieg gegen Real Madrid saß Dortmunds Trainer im Medienraum des Dortmunder Stadions und dozierte vor der versammelten Weltpresse über längst vergangene Glanztaten: "Ich habe auch mal vier Tore geschossen", parlierte der 45-jährige Fußball-Lehrer und Entertainer unter dem Gelächter seiner Zuhörer: "Das war 1991 in Erfurt und ist in meiner persönlichen Geschichte ganz weit vorn."
Nichts für ungut, Herr Klopp, aber Real Madrid ist dann wohl doch noch mal eine andere Hausnummer. Das wird auch der Erfolgstrainer des BVB so sehen und deshalb auch nichts gegen die Einschätzung einzuwenden haben, dass das wirklich große Kino an diesem bemerkenswerten Mittwochabend nicht vor den Mikrofonen, sondern auf dem Rasen des Dortmunder Stadions stattfand.
Dort brillierte ein Mann, der für Geschichte sorgte: Robert Lewandowski. Niemals ist es bislang einem Spieler gelungen, in einem Halbfinale der Champions League vier Tore zu erzielen. Nicht Messi, nicht Ronaldo, nicht Ibrahimovic und auch nicht Rooney. Doch dann kam Lewandowski und katapultierte sich in den europäischen Fußballolymp. Einmal in der ersten Hälfte zur Dortmunder Führung, nochmals zu Beginn des zweiten Durchgangs, kurz danach folgte ein kleiner Geniestreich im wilden Getümmel und dann als Krönung ein krachender Elfmeter mitten ins Herz der Königlichen, die im Fegefeuer dieses ungewöhnlichen Stürmers reichlich bürgerlich daherkamen.
Borussia Dortmund lässt sich von Real Madrid nicht beeindrucken.
(Foto: dpa)Als das Spiel gelaufen und die Helden geduscht waren, konnte jeder Dortmunder Profi ermessen, was diese Vorstellung bedeutete. Nämlich nicht weniger als ein ganz besonderes Schmankerl in einer an Höhenpunkten ohnehin schon reichen Champions-League-Saison. "Es war ein überragender Abend, nicht nur für mich, sondern für die ganze Mannschaft", verkündete Lewandowski, der eigentlich nicht zu den Typen gehört, die das große Wort führen: "4:1 gegen Real Madrid: Das war richtig geil!" Und Manndecker Neven Subotic fabulierte im Glücksgefühl eines unglaublichen Triumphs: "Robert ist die Crème de la Crème der Weltklasse. Er ist so stark, er ist einfach nicht zu verteidigen."
Was für ein Auftritt, was für eine Nacht: Wahrlich epochal, nicht nur, weil Dortmunds Sturmführer einen Lauf hatte, der mit dem Wort sensationell nur unzureichend beschrieben ist. Es ging um mehr: Bayern gegen Barcelona 4:0, Dortmund gegen Real 4:1, das macht in der Summe acht Tore für die beiden Vertreter aus der Bundesliga und gerade mal einen Treffer für den Rest Europas. Oder, um es auf den Ländervergleich zu verdichten: Deutschland acht, Spanien eins. Ist das der Machtwechsel, an dem sich Bundestrainer Joachim Löw mit der Nationalmannschaft bislang so erfolglos abgearbeitet hat?