BVB feiert Champions-League-Erfolg:Ergriffen von Frühlingsgefühlen

Euphorie in Dortmund: Nach der beeindruckenden Vorstellung gegen Schachtjor Donezk läuft Trainer Jürgen Klopp fast über vor Stolz auf seine Mannschaft. Für ihn war es auch ein persönlicher Triumph - nun wächst die Dortmunder Gier auf den nächsten Erfolg.

Von Hendrik Buchheister, Dortmund

Eine Dreiviertelstunde vor Mitternacht war das Dortmunder Fußballstadion noch immer hell erleuchtet, obwohl die Zuschauer längst nach Hause gegangen oder in nahegelegene Wirtshäuser weitergezogen waren. Die Leute vom Fernsehen packten ihre Ausrüstung zusammen, ein paar Ordner waren noch da - und natürlich Jürgen Klopp. Über die Anzeigetafeln und die Lautsprecheranlage wurde die Pressekonferenz des Trainers von Borussia Dortmund in die verlassene Arena übertragen. Seine Stimme hallte, als er den Abend mit feierlichen Worten beschloss: "Wir können nicht an jedem Tag mit unserem Fußball die Welt verändern", sprach Klopp, "aber es gibt ein paar Tage, an denen es ein bisschen danach aussieht."

Am Dienstag zum Beispiel, beim 3:0 im Achtelfinal-Rückspiel der Champions League gegen ukrainischen Oligarchen-Klub Schachtjor Donezk. Klopps Leute waren das Treffen als Favorit aufs Weiterkommen angegangen nach dem 2:2 im Hinspiel, sie hatten die bessere Ausgangslange, das schon. Doch dass sie Donezk derart überlegen waren, dass ihr Einzug ins Viertelfinale nicht eine Sekunde lang in Frage stand an diesem Europapokal-Abend, das war dann doch eine Überraschung für das Publikum im ehemaligen Westfalenstadion. "Keiner hat erwartet, dass wir 3:0 gewinnen", erkannte Verteidiger Neven Subotic. Als "phasenweise berauschend" hatte Kapitän Sebastian Kehl den Abend empfunden: "Wir haben auch in der Höhe verdient gewonnen."

Symbolfigur des Dortmunder Glücks war Felipe Santana, der zuletzt gescholtene Innenverteidiger, der am Dienstag wieder für den grippekranken Mats Hummels zum Einsatz kam und den Weg zum Sieg ebnete mit seinem Kopfballtor zum 1:0. "Er hat zuletzt viel um die Ohren bekommen", wusste Torwart Roman Weidenfeller, "doch heute hat er eine bedeutend bessere Note verdient."

Santana selbst trat nach dem Spiel mit schief sitzender Schirmmütze vor die Kameras und berichtete, dass er selbst nicht zufrieden gewesen sei mit seinen Leistungen in den vergangenen Wochen, und dass ihn die öffentliche Kritik tief getroffen habe. In so fern war es eine Befreiung für ihn, dass er gegen Donezk nicht nur das Führungstor verantwortete, sondern auch in der Abwehr zu alter Sicherheit zurückfand.

Persönlicher Triumph für Klopp

Doch Santana war nicht die einzige prägende Figur in Schwarzgelb an diesem Europapokal-Abend unter Flutlicht. Auch die anderen beiden Torschütze Mario Götze und Jakub Blaszczykowski ragten heraus mit ihrer Leistung. Und irgendwie war dieses 3:0 gegen Donezk auch ein persönlicher Triumph für Trainer Klopp.

Mit der von ihm angestoßenen Plagiats-Debatte nach dem Pokal-K.o. gegen den FC Bayern hatte er sich selbst in Zentrum von Aufmerksamkeit und Verwunderung gerückt, und am Abend vor dem Spiel gegen Schachtjor war er negativ aufgefallen, als er vor versammelter Presse persönlich wurde gegen den Urheber eines kritischen Berichts. Als der Einzug ins Viertelfinale feststand, lief Klopp beinahe über vor Stolz: "Die gute Nachricht dieses Abends und der ganzen Saison ist: Unser Weg ist noch nicht zu Ende."

Zwar haben die Dortmunder in der Liga keine Chance mehr auf die dritte Meisterkür nacheinander, und auch den nationalen Pokal dürfen nur noch ein paar Wochen im Vereinsmuseum ausstellen. Doch in der Champions League entwickeln sie sich konstant weiter. Eine "sehr, sehr reife Leistung" bescheinigte Sebastian Kehl seiner Mannschaft am Dienstagabend. Und während die Dortmunder nach der erstaunlichen Vorrunde mit Siegen gegen Amsterdam, Manchester City und Real Madrid noch als Geheimfavorit auf den Landesmeistertitel genannt wurden, nehmen die Lobpreisungen nun konkrete Züge an: Für Ottmar Hitzfeld zum Beispiel gehört der BVB nach dem 3:0 gegen Donezk "zum absoluten Favoritenkreis".

Die Dortmunder reagieren mit Zurückhaltung auf solche Hymnen: "Ich kann schon nachvollziehen, dass der Eindruck, den meine Mannschaft heute gemacht hat, zu frühlingshaften Ausbrüchen führt", sagte Trainer Klopp, "aber es ist nicht so, dass wir jetzt ans Finale denken." Auch Kapitän Kehl wehrt sich gegen übertrieben Huldigungen, doch Fakt ist, dass der BVB nach dem Sieg gegen Schachtjor offiziell zu den besten acht Mannschaften des europäischen Vereinsfußballs gehört: "Der Kreis wird kleiner, und die Gier wird größer", gesteht Kehl.

Mit ihren Aussichten in der Champions League können sich die Dortmunder aber erst wieder nach der Auslosung der Viertelfinals befassen. Denn die nächste große Aufgabe steht in der Liga an: Am Samstag werden Klopps Männer auf Schalke zum Derby erwartet.

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