Süddeutsche Zeitung

Dortmund gewinnt:Bayern in Sicht

Durch das 1:0 der dezimierten Dortmunder gegen die ebenso dezimierten Bielefelder bleibt eine kleine Chance, dass die Meisterschaft wieder spannend wird. Hoffnung macht dem BVB zudem die Rückkehr von Erling Haaland.

Von Ulrich Hartmann

Erling Haaland hatte sich die blonde Mähne diesmal zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden. Damit ließ sich störungsfrei durch die gegnerische Hälfte wirbeln. Wer das Opernglas mit im Stadion hatte oder über die Sehstärke eines Greifvogels verfügt, erkannte von der Tribüne aus jedoch: Moment mal, das war gar nicht Haaland, das war Marius Wolf, der gegen Arminia Bielefeld gewissermaßen Borussia Dortmunds Alleinunterhalter spielte. Anerkennend beobachtet wurde er dabei vom echten Haaland, der erstmals nach 50 Tagen verletzungsbedingter Pause wieder im Kader stand, aber erst in der 62. Minute eingewechselt wurde.

Marius Wolf gehört sonst eher nicht zur ersten Reihe, doch am Sonntag gegen Bielefeld fehlten dem BVB zehn Spieler, weshalb die Startelf durcheinandergewürfelt wurde. Eine Viererkette mit Felix Passlack, Emre Can, Marian Pongracic und Nico Schulz hatte man hier noch nie gesehen. Auch Wolf als Zehner hinter dem Sturmduo Thorgan Hazard/Donyell Malen wirkte ungewohnt. Wolf aber machte seinem Namen alle Ehre. Er hechelte mit bemerkenswertem Engagement durch die gegnerische Hälfte. Und so war es kein Zufall, dass er nach Einleitung von Jude Bellingham und auf Vorlage von Hazard in der 21. Minute das Tor des Tages erzielte.

Am Ende gewann Dortmund durch genau diesen Treffer haarscharf mit 1:0 (1:0) und erhält am Mittwochabend im Nachholspiel beim FSV Mainz 05 die Chance, bis auf vier Punkte an den Tabellenführer Bayern München heranzurücken. Im Ruhrgebiet fangen einige jetzt wieder das Rechnen an. Am vorletzten April-Wochenende gastiert Dortmund in München, am viertletzten Spieltag. Vielleicht gibt es dann ja doch noch in bisschen Spannung?

"Die Hoffnung stirbt zuletzt", bemühte Can nach dem Sieg einen alten Spruch, als er auf das Fernduell mit den Bayern angesprochen wurde. "Wir schauen von Spiel zu Spiel und nicht auf die Bayern", behauptete er zwar, gab aber auch zu: "Unser Ziel ist immer, überall so lange wie möglich dabei zu sein." Im Pokal und Europacup habe das in dieser Saison leider nicht geklappt. In der Meisterschaft hingegen erhält der BVB nun vielleicht doch noch eine Chance, bis zum Ende dranzubleiben.

Nicht zuletzt vielleicht dadurch, dass knapp zwei Monate nach seinem zuvor letzten Einsatz Ende Januar auch der Stürmer Haaland wieder im Dortmunder Kader steht. Weil die Kraft erst für eine halbe Stunde reichte, saß er am Sonntag zunächst auf der Bank. Als er dann ins Spiel kam, trug er genauso wie Wolf einen Pferdeschwanz. Wolf zog sich nun allerdings ein bisschen zurück und überließ Haaland die Offensive. In der 70. Minute musste Wolf wegen Nackenproblemen ausgewechselt werden.

Etwa 33 000 Zuschauer waren diesmal im riesigen BVB-Stadion und genossen jede Minute mit Haaland. Es mehren sich die Gerüchte, dass der Norweger den BVB im Sommer verlässt. Als heißester Kandidat gilt nun Manchester City, noch vor Real Madrid.

Bielefeld, in Absenz des corona-isolierten Trainers Frank Kramer vom Assistenten Ilia Gruev gecoacht, hat am Sonntag auf acht Spieler verzichten müssen, sechs von ihnen ebenfalls corona-infiziert. Dessen ungeachtet scheuten die Bielefelder sich nicht, die Dortmunder Abwehr immer wieder zu behelligen. Besonders zu Beginn der ersten und der zweiten Halbzeit schienen die Ostwestfalen einem Treffer nicht abgeneigt, allein an der dazu nötigen Effektivität ließen sie es vermissen.

Dortmund spielte allerdings auch nicht wie aus einem Guss. In der 59. Minute drosch Malen den Ball unter die Latte des Bielefelder Tors, dieser prallte von dort allerdings vor die Torlinie zurück und verweigerte den Dortmundern dadurch jenen zweiten Treffer, den sie gegen latent gefährliche Bielefelder zur Beruhigung benötigt hätten. Weil ihnen ein zweiter Treffer an diesem Abend überhaupt nicht gelingen wollte, auch Haaland nicht, mussten sie bis zum Ende ein bisschen bangen. Erst mit dem Schlusspfiff gab es also erleichterten Jubel.

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SZ/cca/schm
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