BVB gegen Manchester City:Es geht um die nationale Sicherheit

Mats Hummels BVB

Im Hinspiel verteidigten Niklas Süle und Mats Hummels (rechts), und sie taten es gut, obwohl sie zwei Gegentore zuließen - zwei von nur dreien, wenn sie zusammen spielten.

(Foto: Martin Rickett/PA Images/Imago)

Hummels mit Süle? Süle mit Schlotterbeck? Oder alle drei zusammen? Fußball-Deutschland blickt auf den Härtetest für Dortmunds Abwehr gegen City und den ehemaligen BVB-Torjäger Haaland. Er könnte für die WM aufschlussreich sein.

Von Ulrich Hartmann, Dortmund

Es war auch ein bisschen Wehmut dabei, als Edin Terzic am Montagmittag einen Satz formulierte, auf den jeder Drehbuchautor stolz gewesen wäre. Nach Stürmer Erling Haaland befragt, antwortete Borussia Dortmunds Trainer leicht rührselig: "Er schießt seine Tore jetzt in einem anderen Trikot."

So sehr dies auch nach einer fußballerischen Variante von Liebeskummer klang, letztlich erinnerte Terzic mit seiner Poesie nur an den nackten Umstand, dass der 22 Jahre alte Norweger nicht mehr Schwarz-Gelb trägt, sondern Himmelblau, wenn er mit Manchester City an diesem Dienstagabend beim BVB gastiert. Es wird für Haaland im Dortmunder Stadion das erste Spiel, in dem er die legendäre Südtribüne zum Gegner hat.

Fünf Monate und elf Tage nach seinem bislang letzten Auftritt im Signal-Iduna-Park kehrt Haaland zurück in jenes Stadion, in dem er seinen Durchbruch zu einem der weltbesten Torjäger geschafft hat. 86 Treffer erzielte er zwischen Januar 2020 und Mai 2022 in 89 Pflichtspielen für den BVB. "Es war eine fantastische Zeit", sagte Haaland kürzlich - und schob hinterher: "Ich vermisse Dortmund."

Haalands Stärken beschreiben? Dafür reiche sein Englisch nicht aus, antwortete City-Coach Guardiola kürzlich

Ob das nun pure Höflichkeit war oder ob er die Stadt und den Klub im Ruhrgebiet tatsächlich vermisst, in Manchester hat er wie schon damals in Dortmund jedenfalls keine Anlaufzeit gebraucht, um seine Stärken zu zeigen. 22 Tore in 14 Pflichtspielen in Premier League und Champions League hat er bereits erzielt. Beim 3:1 gegen Brighton traf er zuletzt zwei Mal. Als Citys Trainer Pep Guardiola kürzlich gebeten wurde, eine detaillierte und umfassende Eloge auf Haaland zu halten, antwortete er ironisch, dafür sei sein Englisch zu schlecht. Wahrscheinlich sind ihm längst auch in seiner Muttersprache Spanisch die Superlative ausgegangen.

In Dortmund wissen sie schon viel länger als Guardiola alles über Haaland. Zweieinhalb Jahre haben sie ihn bei sich gehabt. Sie kennen seine Technik, seine Laufwege, seine Mentalität und, wenn es die überhaupt gibt, auch seine Schwächen. Ein bisschen hat man das gemerkt vor sechs Wochen beim Dortmunder Champions-League-Gruppenspiel in Manchester, als die Innenverteidiger Mats Hummels und Niklas Süle dem Norweger so gut wie nichts zugestanden haben - bis auf den einen Moment, als Haaland sechs Minuten vor Schluss artistisch den 2:1-Siegtreffer für City erzielte.

Hummels und Süle, Seite an Seite, haben ihren Job gut gemacht am 14. September in Manchester, obwohl sie an jenem Abend zwei Gegentore zuließen - zwei von bloß dreien in dieser Saison für dieses Duo. Am häufigsten lautete das Innenverteidiger-Duo beim BVB Süle/Schlotterbeck. Diese beiden, die auch beim Bundestrainer Hansi Flick große Wertschätzung genießen, haben in dieser Saison bislang bei elf von insgesamt 18 Dortmunder Gegentreffern als Innenverteidigung auf dem Platz gestanden. Ob sie das auch gegen ManCity tun, hängt nicht zuletzt davon ab, ob Schlotterbecks verhärtete Wade einen Einsatz überhaupt zulässt.

Süle und Schlotterbeck durften zuletzt nur noch beim 2:0-Pokalsieg in Hannover gemeinsam ran, ansonsten entschied sich Terzic für andere Kombinationen: Hummels und Schlotterbeck mit dem Rechtsverteidiger Süle jüngst beim 5:0-Sieg gegen Stuttgart; bei der 0:2-Niederlage bei Union Berlin eine Dreierkette mit Süle, Hummels und Schlotterbeck - und beim 1:1 gegen Sevilla Süle und Hummels innen. Die beste aller Konstellationen, die sich über mehrere Spiele hinweg mal aneinander gewöhnen könnte, hat Terzic noch nicht gefunden.

Wie sie am Dienstag spielen wollen, "das werden wir danach entscheiden, was sich am besten anfühlt", sagt Trainer Terzic

Aber vielleicht ist ihm auch gar nicht nach Konstanz in der Abwehrkette, sondern eher nach Variabilität. Im Hinspiel in Manchester hatte er eine Viererkette mit drei defensiven Mittelfeldspielern davor aufgeboten. Das hat bis auf die letzten zehn Minuten gut geklappt. Ob Terzic an diesem Dienstagabend nun zwei oder drei Innenverteidiger bringt, vier oder fünf Spieler in der Abwehrkette und zwei oder drei defensive Mittelfeldmänner - "das werden wir danach entscheiden, was sich am besten anfühlt", sagte er am Montag.

Auf Terzics Einfälle, Dortmunds Leistung gegen ManCity und auf die BVB-Defensive überhaupt schaut momentan ganz Fußball-Deutschland. Nicht nur wegen der Innenverteidiger Süle und Schlotterbeck, sondern auch, weil sich mancher fragt, ob der fast 34 Jahre alte und wortstarke Hummels vielleicht doch noch ein Kandidat für die WM in Katar ist. Und ob Süle auch bei Flick vielleicht mal als Rechtsverteidiger aushelfen könnte.

Der Sauerländer Terzic experimentiert im Westfalenland sozusagen in nationalem Auftrag, und da sollte ein Spiel gegen Manchester City als eines der weltbesten Teams mit Haaland als weltbestem Torjäger eigentlich besonders erkenntnisreich ausfallen. Zu diesem Zweck ist es sogar ein Glücksfall, dass Haaland seine Tore jetzt im gegnerischen Trikot schießt. Für alle Dortmunder Romantiker hingegen ist es natürlich zutiefst bedauerlich.

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