BVB:Bosz braucht den Plan B

Hannover 96 - Borussia Dortmund

Enttäuscht in Hannover: Dortmunds Trainer Peter Bosz.

(Foto: dpa)

Das 2:4 in Hannover beweist: Mittlerweile nutzen nicht nur Spitzenteams die taktischen Schwächen des BVB aus. Trainer Peter Bosz muss reagieren, ohne seine Ideale zu verraten.

Kommentar von Sebastian Fischer

Peter Bosz kann nicht sagen, er hätte nicht gewusst, worauf er sich einlässt. Die Beweisfotos sind zwar etwas irreführend, sie zeigen einen Mann mit Locken, mit denen sich problemlos für jedes Shampoo werben ließe. Doch bei genauem Hinsehen zeigen die Fotos zweifellos ihn, den inzwischen überzeugten Glatzenträger und Trainer von Borussia Dortmund, 1998 im Trikot des damaligen Erstligisten Hansa Rostock. 14 Mal spielte Bosz, 53, in Rostocks defensivem Mittelfeld. Er kannte sie also, diese Liga, in die er diesen Sommer als Trainer wechselte. Diese Liga, die mit ihrer manchmal ungemütlichen Realität nun seine Fußballideale herausfordert.

In den vergangenen Wochen, in denen der BVB die Tabelle anführte, hatte die Kritik an der von Bosz eingeführten Dortmunder Spielweise noch arg spitzfindig geklungen: Zu offensiv, zu riskant und anfällig für Konter sei das typisch holländische 4-3-3-System. Ausgenutzt hatten das aber erst mal nur die Spitzenteams von Tottenham und Real Madrid in der Champions League. Doch nun hat Dortmund in zwei Wochen dreimal nicht gewonnen und statt fünf Punkten Vorsprung drei Punkte Rückstand auf die Bayern. Scheinbar unnötig, ohne großes Verletzungspech, hat der BVB die Aussicht auf Spannung im Kampf um die Meisterschaft gefährdet. Die Kritik, sie ist inzwischen durchaus folgerichtig.

Anfangs stützten Siege wie das 6:1 gegen Gladbach seinen radikal offensiven Spielstil

Das 2:4 in Hannover legte die Dortmunder Schwächen offen: Jedes Tor hatte seinen Ursprung in einem Konter, Hannover spielte Manndeckung im Mittelfeld, war aggressiver, das reichte. Und bei allem berechtigten Lob für 96: Den Umschaltfußball, den der Aufsteiger in Reinkultur darbot, beherrscht jeder Bundesligist. Doch Bosz wehrte sich gegen Systemfragen, er kritisierte das Zweikampfverhalten seiner Spieler. Seine Aussagen nach dem Spiel hatten etwas Guardiola-haftes: Soll ich jetzt mit Hans und Franz meine Taktik diskutieren?

Es ist zwar ein typischer Reflex der hierzulande waltenden Fußball-Kritiker, nach Gegentoren schlicht eine defensivere Spielweise zu fordern. Tatsächlich sind die Gründe oft etwas vielschichtiger, und nicht nur deshalb wird Bosz trotz drei Spielen ohne Sieg am Fußball nach der Idee seines Vorbilds Johan Cruyff festhalten. Schon an seinem vorherigen Arbeitsplatz bei Ajax Amsterdam sagte man ihm eine gewisse Sturheit in taktischen Fragen nach, und die teils begeisternden BVB-Vorstellungen in der Frühphase der Saison, das 6:1 gegen Gladbach etwa, verliehen der Sturheit ihre Berechtigung. So dramatisch eine Niederlage am Samstag gegen den FC Bayern für den Meisterschaftskampf wäre, ein Dortmunder Sieg würde ihn auch flugs wieder spannend machen.

Doch wenn Bosz richtig ankommen will in Dortmund, sollte er zumindest über Alternativen zu seinem Ideal nachdenken, eine Art Plan B für Tage wie jenen in Hannover entwickeln: ein defensiver Mittelfeldspieler mehr vielleicht? Und sei es nur, um der Liga damit zu beweisen, dass er versteht, wie sie tickt.

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