Süddeutsche Zeitung

DFB-Pokal:Dortmund überwindet den VfL

In einem intensiven und teilweise kuriosen Spiel gewinnt der BVB 2:1 in Bochum und steht im Pokal-Viertelfinale. Emre Can erzielt dabei ein Tor von der Mittellinie aus - und sendet eine Botschaft an die Erdbebenopfer in der Türkei und in Syrien.

Ein ungewöhnliches Führungstor, ein Handelfmeter nach minutenlangem Videobeweis und ein sehenswerter Konter: Borussia Dortmund hat in einem intensiven Ruhrpottderby bei frostigen Temperaturen das Viertelfinale im DFB-Pokal erreicht. VfL-Torhüter Manuel Riemann legte beim 2:1 (1:0) des BVB in Bochum unfreiwillig den Führungstreffer auf. Der Schuss von Emre Can fast von der Mittellinie ins leere Tor nach verunglückter Rettungsaktion des Torwarts kurz vor der Pause (45.+1) leitete den fünften Dortmunder Pflichtsieg in Serie nach der Winterpause ein.

"Das war der Fight, den wir erwartet hatten. Das Spiel war sehr stark durch den Kampf geprägt. Wir hätten uns das Spiel einfacher machen können", sagte BVB-Sportdirektor Sebastian Kehl im ZDF. Auch Kunstschütze Can war im TV-Sender Sky zufrieden: "Wir haben den Kampf angenommen. Heute war nicht immer alles schön. Ich glaube, wir haben es gut gemacht."

Ein vierminütiger Videobeweis ging dem Ausgleich durch Kevin Stöger (64., Handelfmeter) voraus. VfL-Kapitän Anthony Losilla hatte den Ball dem Dortmunder Jamie Bynoe-Gittens an den Ellbogen geschossen. Erst nach langem Studium der Zeitlupen blieb Schiedsrichter Tobias Stieler bei seiner Elfmeter-Entscheidung. Der eingewechselte Marco Reus (70.) rettete dem Bundesligadritten eine Woche vor dem Achtelfinale in der Champions League gegen den FC Chelsea doch noch den Erfolg bei der aktuell besten Heimmannschaft der Bundesliga. Erstmals seit Thomas Letsch den Trainerposten übernommen hat, ging der VfL nicht als Sieger im Ruhrstadion vom Feld. "Heute haben Kleinigkeiten entschieden", meinte Mittelfeldspieler Anthony Losilla: "Wir können trotzdem stolz sein."

Zunächst fiel das Duell der Schlotterbeck-Brüder aus. Der Dortmunder Nico und der Bochumer Keven, beide im vergangenen Jahr noch mit dem SC Freiburg im Pokalfinale in Berlin, saßen beim Anpfiff auf der Bank. Nationalspieler Nico Schlotterbeck kam kurz nach der Pause doch ins Spiel - und zum Wiedersehen mit dem Japaner Takuma Asano, dem er bei der WM in Katar hinterhergelaufen war. Sein Comeback im Ruhrstadion gab - weitgehend unbemerkt - Schiedsrichterassistent Christian Gittelmann, der am 18. März 2022 von einem vollen Bierbecher am Kopf getroffen worden war. Das Bundesligaspiel gegen Borussia Mönchengladbach war daraufhin abgebrochen und gegen Bochum gewertet worden.

Becher flogen diesmal nicht, dafür aber Raketen aus dem BVB-Block. Als sich die Rauchschwaden verzogen hatten, gaben die Dortmunder auch auf dem Feld durch Sebastien Haller einen ersten Schuss ab (7.). Bynoe-Gittens scheiterte wenig später an Riemann (14.). Der Bochumer Keeper war auch bei einem Freistoß von Julian Brandt gefordert (24.). Die Gastgeber hielten mit viel Kampfkraft dagegen und wurden für jede Grätsche bejubelt. Die zahlreichen Zweikämpfe erstickten lange jeglichen geordneten Spielaufbau auf beiden Seiten. Der erste wirklich gelungene Angriff endete nach Zuspiel von Jude Bellingham mit einer Großchance für Haller (43.).

Kobel rettet den BVB

Beim BVB-Führungstreffer half dann Riemann nach, als er völlig unnötig nach einem Ausflug aus dem Strafraum den Ball in die Mitte zu Can spielte. Der Mittelfeldspieler nahm den Ball an und schoss sofort volley aus mehr als 50 Metern Entfernung Richtung Tor, der Ball sprang noch ein paar Mal auf, doch Riemann konnte ihn nicht mehr erreichen. Can dachte nach seinem Tor an die Erdbebenopfer in der Türkei und Syrien. Er küsste den Trauerflor, den beide Mannschaften anlässlich der Katastrophe trugen, und reckte daraufhin den Arm in die Höhe. Cans Eltern stammen aus der Türkei. "Ich habe den Ball eigentlich gar nicht so gut getroffen. Aber am Ende war er drin. Es war ein schönes Tor", sagte Can bei Sky.

Die großen Chancen zum Ausgleich vergab zunächst Christopher Antwi-Adjei, der zweimal völlig frei an BVB-Keeper Gregor Kobel scheiterte. Dann brachte der Elfmeter das 1:1 - danach öffneten sich dem BVB aber Räume zum Kontern. Jude Bellingham legte auf den eingewechselten Marco Reus auf, der nur noch einschieben musste. Nach dem Rückstand hatte der VfL keine Antwort mehr. In einer turbulenten und spannenden Schlussphase verließ Torhüter Riemann mehrfach sein Tor - doch Dortmund erwehrte sich allen Bochumer Angriffen.

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