BVB in der Bundesliga:Zu viel "eigentlich" in Dortmund

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Nicht mal Erling Haaland konnte Borussia Dortmund am Samstag helfen. (Foto: Fabian Strauch/dpa)

War's das mit der Meisterschaft? Nach einem neuerlichen Auswärtspatzer in Bochum liegt die Borussia schon sechs Punkte hinter Bayern - obwohl der BVB findet, dass er gut gespielt habe. Eigentlich.

Von Ulrich Hartmann, Bochum

Gerade mal 16 Kilometer Luftlinie sind es von der Dortmunder Fußballarena bis zum Bochumer Ruhrstadion. Um noch einen Heimvorteil des BVB zu erkennen, ist das aber schon zu viel. Es ist wie beim Wlan. Das kabellose Netz reicht zu Hause vielleicht noch bis auf die Terrasse, aber im Garten ist der Nutzer schon ohne Verbindung.

Sieben von acht Bundesligaspielen hat Borussia Dortmund in dieser Saison daheim gewonnen, aber von sieben Auswärtsspielen nur drei. Im Gastspiel beim VfL Bochum half es auch nicht, dass dies das heimischste Dortmunder Auswärtsspiel der Saison war. Gespielt haben sie zwar wie zu Hause, aber dabei den Sieg verpasst wie auswärts. Mit 1:1 endete die Partie, und nun sind es in der Tabelle bereits sechs Punkte Rückstand auf den Tabellenführer Bayern München. Und nicht nur der Flunsch, den der norwegische Stürmer Erling Haaland zog, war wohl so zu deuten, dass den Dortmundern schwant, auch diese Saison ohne den ersehnten Meistertitel beenden zu müssen.

Das Derby gegen Dortmund - zumal in einer Saison, in der Schalke in der zweiten Liga spielt - war für die Bochumer eine relevante Belohnung für ihren Aufstieg. Torwart Manuel Riemann war davon offenbar ganz besonders angestachelt, sodass er nach einer Viertelstunde versuchte, direkt vor seinem Tor die Dortmunder Haaland und Jude Bellingham auszudribbeln. Beinahe wäre dieser Größenwahn schiefgegangen, doch als Riemann zwei Minuten später einen Bellingham-Schuss mit dem linken Fuß über das Tor lenkte, brüllte das Publikum wie eh und je seinen Namen. Im Pott haben sie was übrig für durchgeknallte Typen.

Borussia Dortmund
:Nicht nur Pech

20:5 Torschüsse, 15:0 Ecken - am Ende aber nur ein 1:1 in Bochum. Julian Brandt bemängelt Konsequenz, Torhüter Kobel zeigt sich schuldbewusst und prophezeit, dass eine Aufholjagd Richtung FC Bayern "sehr, sehr hart" wird.

Von Ulrich Hartmann

23:4 Torschüsse und 15:0 Ecken, aber kein Sieg

Erst fünf Gegentreffer hat Riemann in dieser Bundesliga-Saison im heimischen Stadion zugelassen. Das ist Liga-Bestwert, und auch an diesem Samstag hat der Bochumer Torwart wieder viel dazu beigetragen, dass es zu einem überraschenden Ergebnis reichte. Denn Dortmund kam auf 62 Prozent Ballbesitz, 23:4 Torschüsse und 15:0 Ecken, aber eben nicht zu einem Sieg.

Dass BVB-Trainer Marco Rose sich ob dieses Spielverlaufs seiner Winterjacke entledigte, lag nicht an Hitzewallungen, sondern an seinem Aufenthalt in einer beheizten VIP-Loge. Die gelb-rote Karte bei der vorangegangenen Niederlage gegen die Bayern hat ihn fürs Spiel in Bochum die Innenraumberechtigung gekostet und seinen BVB damit vielleicht auch den Sieg. Drunten an der Seitenlinie wirkten seine Assistenten Alexander Zickler und René Maric jedenfalls recht ratlos.

"Eigentlich haben wir ein gutes Spiel gemacht", tröstete Zickler sich und alle Sympathisanten. Eigentlich hätten sie gewinnen müssen. Eigentlich sind sie den Bayern ebenbürtig. Eigentlich sollten sie die acht Jahre dauernde Münchner Schreckensherrschaft mal beenden. Eigentlich. Aber auch diesmal deutet wenig darauf hin. Ausgerechnet Julian Brandt, nach einer Gehirnerschütterung im Bayern-Spiel vor einer Woche erst in der 68. Minute eingewechselt, verhinderte mit dem 1:1-Ausgleich in der 85. Minute wenigstens die Niederlage.

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:Dortmund verabschiedet sich versöhnlich

Im letzten Champions-League-Gruppenspiel fegt der BVB über ein desaströses Besiktas Istanbul hinweg. Das 5:0 dient auch als Frustbewältigung nach dem verlorenen Topspiel gegen Bayern.

"Das wird jetzt allerdings sehr, sehr hart", sagt Torwart Gregor Kobel zur möglichen Aufholjagd

"Wir hatten genug Chancen, um das Spiel zu gewinnen", sagte Brandt hinterher bei Sky, "natürlich spielen Glück und Pech immer eine Rolle, aber am Ende musst du es auch wirklich wollen." Hoppla! Klang da etwa Kritik an der Willensstärke der Mannschaft durch? Co-Trainer Zickler, anstelle seines Chefs Rose auch in der Pressekonferenz, versuchte diese These zu entkräften. "Die Mannschaft hat bis zur letzten Minute alles probiert und alles gegeben, so richtige Vorwürfe kann man ihr gar nicht machen."

Das wäre freilich schlimm: frühzeitig die Meisterschaft verspielen und sich dann nicht mal was vorwerfen können. Aber noch haben sie nicht aufgegeben. Dortmund ist ja gewissermaßen stets im Auftrag einer ganzen Liga unterwegs, die bajuwarische Alleinherrschaft zu zerschlagen. "Das wird jetzt allerdings sehr, sehr hart", glaubt der Torwart Gregor Kobel angesichts der Aussicht, sechs Punkte Rückstand aufholen zu müssen. "Drei Punkte wären wichtig gewesen, um an den Bayern dranzubleiben", gestand Zickler.

So aber mussten die Dortmunder vom Bochumer Publikum (13 799 Zuschauer wurden auf Nord-, West- und Südtribüne verteilt, weil die Osttribüne keine Sitze hat) schon die gesungene Botschaft "Deutscher Meister wird nur der FCB" vernehmen. Das fiel den Zuschauern angesichts der Fanfreundschaft zwischen dem VfL Bochum und Bayern München natürlich leicht. Aber es ist auch sehr wahrscheinlich, dass die VfL-Fans recht behalten. Bloß sieben Punkte haben die Dortmunder aus den jüngsten fünf Spielen geholt. Sie haben in Leipzig und gegen Bayern verloren und in Bochum nun auch zwei Zähler hergeschenkt. Aber immerhin haben sie am Mittwoch noch mal ein Heimspiel, und das auch noch gegen das Schlusslicht Fürth.

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