Champions League:Dortmunds Küchenzauberei ist zu wenig

FC Barcelona v Borussia Dortmund: Group F - UEFA Champions League

Antoine Griezmann und seine Teamkollegen vom FC Barcelona feiern, die Dortmunder sind entsetzt.

(Foto: Getty Images)
  • Der BVB bäumt sich gegen einen spielfreudigen FC Barcelona viel zu spät auf - und kann nach dem 1:3 nicht mehr aus eigener Kraft das Champions-League-Achtelfinale erreichen.
  • Die Zweifel an Trainer Favre wachsen.
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Von Ulrich Hartmann

Das Leistungsroulette des Ballspiel-Vereins Borussia Dortmund geht munter weiter. Und für den Trainer Lucien Favre könnte es deshalb bald heißen: Rien ne va plus. Fünf Tage, nachdem die Dortmunder in der Bundesliga erhebliche Probleme mit Fußballern namens Streli Mamba, Gerrit Holtmann und Ben Zolinski vom SC Paderborn gehabt hatten, bekamen sie am Mittwochabend in der Champions League Torschützen namens Luis Suarez, Lionel Messi und Antoine Griezmann, allesamt in Diensten des FC Barcelona, erst recht nicht in den Griff.

Für die Gruppenkonstellation bedeutete die 1:3 (0:2)-Niederlage der Borussia angesichts des 3:1-Erfolgs von Inter Mailand im Parallelspiel bei Slavia Prag, dass sie im finalen Gruppenspiel am 10. Dezember daheim gegen Prag mehr Punkte holen muss als Inter gegen Barcelona, sonst wäre das Achtelfinale hinfällig. Favres Schicksal könnte sich derweil schon am Samstag in der Liga bei Hertha BSC entscheiden.

"Es ist eine sehr schwierige Phase. Ich bin überzeugt, dass wir es schaffen werden. Ich habe Vertrauen", sagte Favre am Mittwochabend, machte aber auch erschwerte Umstände geltend: "Wenn Lionel Messi den Ball hat, ist es brandgefährlich. Es ist schwer, hier zu spielen. Es ist eine sehr große Mannschaft."

Man wüsste zu gerne, was in dem Trainer vor sich ging, als er seiner Mannschaft zuletzt in die Innenräume der diversen Stadien folgte. Der penible Schweizer konnte sich trotz gewissenhafter Vorbereitungen seiner Sache nie gewiss sein. Die launischen Dortmunder hatten aus nahezu jedem Spiel eine Art Überraschungsparty gemacht. Doch während das 3:3 gegen Paderborn für viele Fans ein Tiefpunkt war, fand Barcas Trainer Ernesto Valverde just dafür doch glatt noch lobende Worte. Vor dem Spiel hatte er gesagt: "Dortmund hat großartige Spieler, die eine Partie komplett drehen können, wie zuletzt gegen Inter Mailand und Paderborn."

Am Mittwochabend war Favre seinen Spielern ins Stadion Camp Nou dann zunächst noch mit der Hoffnung gefolgt, dass seine defensive 4-4-2-Formation mit zwei Viererketten und vier Außenverteidigern lange ein torloses Remis würde halten können. Dem Trainer dürften noch die Worte des Klubchefs Hans-Joachim Watzke in den Ohren geklungen haben, dass es fortan nur noch um Ergebnisse gehe. Dortmund spielte in Barcelona also gewissermaßen die Paderborner Rolle, aber sie taten das nicht annähernd mit dem erforderlichen Pressing, Tempo und Umschaltverhalten. Nach einer großen Chance in der ersten Minute, bei der sich Dortmunds Nico Schulz offenkundig noch mehr erschreckte als Barcas Abwehrspieler, ließen sich die Westfalen von den Katalanen willfährig in die eigene Hälfte zurückdrängen.

Bei Barcelonas erstem Tor durch Suarez wurden die Dortmunder noch vom Videobeweis begnadigt (Abseits, 22.), doch bei Suarez' 1:0 nach Steilpass von Messi (29.) sowie Messis 2:0 (33.) nach fahrlässigem Fehlpass von Mats Hummels ("Das darf nicht passieren") waren Favres Spieler zu langsam und schlecht positioniert. Wieder lagen die Borussen zur Pause klar zurück.

Beim 3:2-Sieg gegen Inter Mailand hatten sie neulich ein 0:2 nach der Pause noch gedreht und jüngst das 0:3 nach der Pause gegen Paderborn noch ausgeglichen, aber im Camp Nou, wo Barcelona seit sechs Jahren kein Champions-League-Spiel mehr verloren hat (zuletzt 2013 im Halbfinale gegen den FC Bayern), war Dortmunds Küchenzauberei zu wenig.

Der Flügelstürmer Ousmane Dembélé, dessen Verkauf nach Barcelona vor zweieinhalb Jahren hatte hüpfen lassen, musste nach 25 Minuten verletzt ausgewechselt und durch Griezmann ersetzt werden. Eine Schwächung bedeutete dies freilich nicht. Favre brachte erst nach der Pause den offensiven Jadon Sancho für den defensiven Schulz, aber am Spiel änderte sich dadurch nichts - erst einmal. Warum er Sancho nicht von Anfang an aufgeboten hatte? "Wir haben die Entscheidung getroffen", sagte Favre später, und fertig". Dortmunds Qualität genügte jedenfalls auch nicht gegen ein in dieser Saison allenfalls mediokres Barca, auch wenn die Gastgeber am Mittwoch deutlich vitalisiert wirkten.

Die Dortmunder mussten auf ihren kranken Mittelstürmer Paco Alcácer verzichten, aber welche Bälle hätte der vormalige Barca-Spieler denn erlaufen sollen? Julian Brandt hatte nach einer Stunde eine seltene Chance zum 1:2, scheiterte aber an Marc-André ter Stegen. Der deutsche Nationalkeeper hatte den Dortmundern schon beim 0:0 im Hinspiel die Laune verdorben.

Griezmann verpasste den Borussen in der 67. Minute mit dem 3:0 den vermeintlichen Garaus, erst als Favre auf eine Dreierkette umstellte und die Offensive verstärkte, traf Sancho zum 1:3 (78.). Kurz vor Schluss lenkte ter Stegen noch einen Sancho-Schuss an die Latte. Beinahe wäre es doch noch einmal eng geworden.

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