1860 - Burghausen:Wackere Halbprofis

Fussball 2 Bundesliga  TSV 1860 Muenchen - Wacker Burghausen

Foulen half nichts: Burghausens Stefan Reisinger (M.) erzielte im Oktober 2004 in der Nachspielzeit das 4:2 vor 21 272 Zuschauern im Grünwalder Stadion.

(Foto: Stefan Matzke/sampics)

Erinnerungen an 2004: Burghausen geht gelassen in die Neuauflage des Derbys. "Der Druck liegt ganz klar bei Sechzig", sagt SVW-Trainer Patrick Mölzl.

Von Christoph Leischwitz

Natürlich haben sie die 13 Jahre alte Geschichte auf ihre Homepage gestellt, die Sechziger sind ja nicht die Einzigen mit schönen Geschichten aus dem Grünwalder Stadion. Im Oktober 2004 handelte es sich bei der Partie des TSV 1860 München gegen Wacker Burghausen um ein bayerisches Zweitliga-Derby. Zehn Minuten vor Schluss stand es noch 2:1 für die Löwen, doch Wacker gewann noch 4:2 und war nach diesem Spieltag Tabellenzweiter. Die Aussagen hinter diesem Nostalgie-Artikel auf der vereinseigenen Homepage: Es ist möglich, gegen Sechzig zu gewinnen. Bis 2007 war man fünf Jahre lang Zweitligist, eine feste Größe im bayerischen Fußball. Unvergessen ist das DFB-Pokal gegen den FC Bayern München im Jahr 2007, es war Franck Ribérys erstes Pflichtspiel auf bayerischem Boden, Wacker verlor unglücklich im Elfmeterschießen.

Für Freitagabend lautet das Motto: Alles kann, nichts muss. "Der Druck liegt ganz klar bei Sechzig", sagt Wackers Trainer Patrick Mölzl. Für den SVW ist es das erste Saisonspiel, das gefühlt fast schon außer Konkurrenz läuft, man hat zumindest nichts zu verlieren. Insgeheim traut man sich aber durchaus zu, den klaren Meisterfavoriten ärgern zu können. Um den Aufstieg geht es Wacker sowieso nicht, er ist geradezu untersagt. Der Etat der Fußball-GmbH wurde um 50 Prozent gekürzt, der Namensgeber will künftig nur noch semiprofessionelle Strukturen zulassen. Zahlreiche wichtige Spieler verließen den Tabellen-Elften der Vorsaison, der gegen Ende der Spielzeit auffällig schlecht spielte. Zum Ende der Winterpause hatte man Uwe Wolf, den früheren Sechzig-Trainer, beurlaubt, und sein Vertrag hätte sich verlängert, wäre Burghausen Sechster oder besser geworden. In der Geschäftsstelle stritt man das Gerücht hartnäckig ab, bei der Niederlagenserie hätte es sich um eine Sparmaßnahme gehandelt. Man habe sich beziehungsweise seine besten Spieler damals für das Toto-Pokalfinale geschont, mit dessen Gewinn man sich für den DFB-Pokal qualifiziert hätte - eine überaus nützliche Einnahmequelle, die dem Klub letztlich aber nach einer 0:1-Niederlage gegen den FC Schweinfurt 05 verwehrt blieb.

Dafür, dass sich der Profifußball offiziell von der Salzach verabschiedet hat, ist der neue Kader recht beachtlich. Bayernweit bekannte Spieler wie Marius Duhnke oder Daniel Hofstetter konnten gehalten werden, bayernweit begehrte Talente wie Tim Sulmer vom SV Pullach fanden den Weg an die Salzach. Das Konzept dahinter, das in der Regionalliga viele Klubs immer intensiver praktizieren: Die Spieler verdienen ihr Geld nicht nur mit Fußball, sondern auch mit vom Klub vermittelten Jobs. Duhnke zum Beispiel tritt nun eine Ausbildung zum Physiotherapeuten an, der ehemalige Unterhachinger Kevin Hingerl wird sich später einmal Sport- und Fitnesskaufmann nennen können. Als Profis spielen werden hingegen Martin Holek, der vom Absteiger Bayern Hof kommt, sowie Stefan Marinkovic, ein gestandener Regionalliga-Kicker (und Futsal-Nationalspieler).

Vier Mal Pflichttraining gibt es pro Woche nur noch, für alle, die Zeit haben, gibt es zwei zusätzliche Einheiten vormittags - der Fußballer als Nebenjobber in Gleitzeit. Es ist noch gar nicht lange her, da bestand die Hälfte einer Startelf aus Spielern, die bei 1860 professionell ausgebildet wurden. Von diesen ist nur noch Hofstetter übrig - einige aus der Bayern-Jugend gibt es allerdings noch, dazu gehört auch der erst 36-jährige Trainer Mölzl, dem mit dem FC Augsburg übrigens im Jahr 2007 ein Tor zum 3:0-Sieg gegen 1860 gelang - allerdings nicht im Grünwalder Stadion, sondern in der Fröttmaninger Arena.

In der Vorsaison holte Wacker nur einen Punkt - gegen 1860 II

Unabhängig davon, wie das Spiel ausgehen wird: Man geht in Burghausen recht zuversichtlich in die Saison. Es gibt wenig Grund zur Annahme, dass Burghausen eine schlechtere Rolle spielen wird als in der Vorsaison (in der man gegen 1860 München II aber auch nur einen Punkt in zwei Spielen holte). "Der Konkurrenzkampf ist größer als in der vergangenen Saison", sagt Teammanager Robert Hettich. Er meint damit fast alle Positionen, aber vor allem den Angriff. Dort sei man nun nicht mehr auf Juvhel Tsoumou angewiesen, sondern könne flexibel agieren und aufstellen.

Auch für Hettich selbst ist das Spiel am Freitagabendein besonderes. Zehn Jahre war er für 1860 in verschiedenen Funktionen tätig, vor allem als Leiter Medien, ehe er Ende 2010, kurz vor dem Einstieg Hasan Ismaiks, gekündigt wurde. "Als ich weggegangen bin, hätte ich nie gedacht, dass ich sieben Jahre später gegen 1860 im Grünwalder Stadion spiele", sagt der 42-Jährige, und spricht von "Zurück in die Zukunft". Ein unverhofftes Déjà-vu für Wacker Burghausen wäre freilich ein 4:2-Erfolg.

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