Bundestrainer Löw über Podolski:"Er muss spielen, mindestens 30 bis 40 Spiele"

Joachim Löw und Lukas Podolski

Bundestrainer Joachim Löw (Mitte) und Lukas Podolski (rechts).

(Foto: dpa)

Wo steht die DFB-Elf ein Jahr vor der EM in Frankreich? Bundestrainer Löw sinniert über seine künftigen Führungsspieler, die Problempositionen im Team - und erteilt Lukas Podolski einen klaren Arbeitsauftrag.

Mit einer kräftigen Ansage an Lukas Podolski hat sich Bundestrainer Joachim Löw aus der Sommerpause gemeldet. In einem Interview mit der Welt am Sonntag erklärte Löw, er verlange von Podolski eine bessere Saison als die letzte beim FC Arsenal und bei Inter Mailand. "Ich will, dass er spielt, mindestens 30 bis 40 Spiele. Da können auch mal welche als Joker dabei sein. Er muss spielen. Denn zwei Jahre ohne richtige Spielpraxis wären keine gute Grundlage, um bei der EM 2016 dabei sein zu können", sagte Löw.

"Viele sehen das Ansage an mich, aber er hat das Richtige gesagt", erklärte Podolski nach einem Showtraining mit den Basketballern des Zweitligisten RheinStars Köln: "Ich will spielen und nicht unregelmäßig. Wenn man zehn Spieler fragt, werden elf sagen, ich will spielen." Wie seine Zukunft aussieht, wollte er nicht erklären: "Ich habe Vertrag in London, da muss ich am 10. Juli erscheinen. Alles andere sind Gerüchte, mit denen ich mich nicht beschäftige, denn das ist kraftraubend und unnötig."

"Auf wen hört die Mannschaft?"

Löw sprach außerdem über den Zustand seiner Mannschaft, ein Jahr vor der Europameisterschaft 2016 in Frankreich. Bis zur EM-Endrunde müssten folgende Fragen beantwortet werden: "Wer übernimmt in schwierigen Phasen Verantwortung? Auf wen hört die Mannschaft? An wem können sich junge Spieler orientieren? Wer sind die, die vorne weg marschieren?" Löw hat seine Leader schon im Auge. Man sehe inzwischen "immer mehr, wie Bastian Schweinsteiger, Jérôme Boateng, Manuel Neuer, Sami Khedira, Mats Hummels, Toni Kross und Thomas Müller diese Rolle annehmen. Und das machen sie gut", sagte Löw.

Mit Sorge betrachtet er die Entwicklung auf den Flügelpositionen. Es gebe in den Juniorenteams schon einige Spieler, "die ihren Weg gehen werden", sagte der Bundestrainer: "Aber wir haben Positionen, auf denen ich, wenn ich mal auf die U-Teams schaue, noch nicht den Weltklasse-Spieler heranwachsen sehe. Wir müssen ja keinen Hehl daraus machen, dass wir auf den Außenverteidigerpositionen noch Nachholbedarf haben. Ich sehe derzeit keinen Spieler, der so gut ist, dass ich ihn sofort zu uns holen müsste."

Mit Blick auf die Offensive frage er sich schon manchmal, "wo denn der nächste Miro Klose ist? Wo ist ein Stürmer, der im Zentrum spielt, der schnell ist, kopfballstark und dazu noch torgefährlich? Wir haben in einzelnen Bereichen also durchaus noch Potenzial nach oben."

"Kraft und Motivation waren vorher einfach weg"

Zudem gab Löw ungewöhnlich emotionale Einblicke in sein Seelenleben nach dem WM-Triumph von Rio. "Bis in den Oktober hinein habe ich gebraucht, wieder die richtige Spannung zu bekommen. Erst da war der Antrieb wieder da", erklärte der 55-Jährige: "Kraft und Motivation waren vorher einfach weg. Der Akku war leer." Die Ausgebranntheit habe sofort nach dem 1:0-Finalsieg gegen Argentinien eingesetzt. "Unmittelbar nach dem Abpfiff war ich im Rausch. Ich wusste, wir sind Weltmeister, wir haben den Cup und bringen ihn heim. Das war Wahnsinn", erzählte Löw: "Später im Hotel saß ich da, umgeben von meiner Frau, den Kollegen und Freunden, unserem Betreuer-Team. Ich war glücklich, aber ich hatte keine Kraft, um ausgelassen zu feiern. Ich konnte das gar nicht. Ich war emotional völlig ausgelaugt von dem Turnier."

In den Wochen danach habe er es "genossen, allein zu sein", berichtete der Bundestrainer: "Immer wieder kamen Gedanken an Brasilien hoch. Das war Freude pur. Aber es hat gedauert, bis ich wieder neue Energie hatte. Das zog sich hin bis zu den ersten Länderspielen. Da spielten wir ja auch gleich wieder gegen Argentinien. Ich fragte mich, wie ich die Spieler dafür motivieren soll. Sechs Wochen vorher hatten wir die Argentinier im Finale geschlagen. Ich konnte ihnen kaum vermitteln, wie wichtig nun dieses Testspiel ist. Wenn Argentinien gewinnt, dachte ich mir, dann ist das eben so. Wir haben das Finale gewonnen."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: