Süddeutsche Zeitung

Bundestrainer Joachim Löw:"Die Uhr tickt"

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Mit einem eindringlichen Appell an seine Nationalspieler geht Bundestrainer Joachim Löw in die letzten 100 Tage vor dem WM-Start. Nur auf dem Papier habe Deutschland aktuell eine Top-Mannschaft, sagt Löw. Für den Test gegen Chile muss Lars Bender passen.

Joachim Löw hat 100 Tage vor Beginn der Fußball-WM einen eindringlichen Appell an die Nationalspieler gerichtet. "Die Uhr tickt. Nur wer sie hört, wird eine reelle Chance haben, dabei zu sein. Es ist ein Appell an alle, ein Weckruf für manche, dass sie ihr Training, ihren Lebenslauf und ihre Professionalität so nutzen, dass sie die letzten Monate bis zur WM optimal gestalten", sagte der Bundestrainer am Montag in Stuttgart, wo sich das DFB-Team auf das Länderspiel am Mittwoch gegen Chile vorbereitet.

Der 54-Jährige gab zu bedenken, dass zahlreiche feste Größen Fitness- und Formdefizite hätten. "Auf dem Papier haben wir eine Top-Mannschaft, aber die Wahrheit sieht nicht so schön aus im Moment", mahnte Löw angesichts verletzter Akteure wie Sami Khedira und Ilkay Gündogan sowie etliche etablierter Kräfte ohne ausreichende Spielpraxis und Form wie Mario Gomez oder René Adler. "Wir brauchen bei der WM die besten verfügbaren Spieler, nicht die theoretisch besten. Wir sind im Moment nicht in der Lage zu sagen, diese 23 Spieler bilden den Kader", erklärte der 54-Jährige.

Das Aufgebot will Löw erst am 8. Mai bekannt geben. Zwei Tage vor dem letzten Bundesliga-Spieltag wird der 54-Jährige aller Voraussicht nach zunächst einen erweiterten Kader von 25 bis 28 Spielern berufen, der dann Ende des Trainingslagers in Südtirol (21. bis 31. Mai) auf die 23 WM-Teilnehmer zusammengestrichen wird. "Die Zeit wird immer enger. Wir haben die Phase der Wahrheit und Klarheit begonnen. Wir werden Entscheidungen treffen müssen, die dem einen oder anderen Spieler wehtun werden."

Grundvoraussetzung für ein persönliches WM-Ticket seien absolute Fitness und maximale Belastbarkeit bei einem extrem anstrengenden Turnier in Brasilien. Eine Ausnahme würde der Bundestrainer für Sami Khedira machen, der nach seinem Kreuzbandriss "sehr weit" im Aufbautraining sei. Der Mittelfeldspieler von Real Madrid liefere mit seiner Persönlichkeit "einen Mehrwert" für die Nationalmannschaft, auch wenn er bis zum Start der WM-Vorbereitung nur "zu 80 bis 90 Prozent fit" sein könnte. "Das ist die Ausnahme, nicht die Regel", sagte Löw. Beim seit Saisonbeginn pausierenden Dortmunder Ilkay Gündogan ist er extrem skeptisch, "ob es bei ihm reichen wird".

Löw hat für den Test am Mittwoch (20.45 Uhr/ Liveticker bei SZ.de) gegen WM-Teilnehmer Chile in Pierre-Michel Lasogga, Matthias Ginter, Shkodran Mustafi und André Hahn gleich vier Neulinge nominiert.

Beim Länderspiel gegen Chile muss er auf Lars Bender verzichten. Der 24 Jahre alte Mittelfeldspieler von Bayer Leverkusen fällt nach Angaben des Bundestrainers wegen einer Muskelverhärtung aus. Hoffnung besteht dagegen auf einen Einsatz von DFB-Rekordtorjäger Miroslav Klose. "Er ist optimistisch, dass er am Mittwoch spielen kann", berichtete Löw von einem Telefongespräch mit dem 35-Jährigen. Klose stand am Sonntag seinem Klub Lazio Rom beim 1:0-Erfolg in der Serie A beim AC Florenz wegen Beschwerden an der Bauchmuskulatur nicht zur Verfügung.

Löw kündigte bereits an, dass Philipp Lahm im Mittelfeld zum Einsatz kommen wird. Der Kapitän könnte dort zusammen mit seinen Bayern-Kollegen Bastian Schweinsteiger und Toni Kroos die Schaltzentrale des deutschen Teams bilden. Erstmals nach drei Jahren wird der Dortmunder Kevin Großkreutz wieder das Nationaltrikot überstreifen: "Meine Planung ist, dass Großkreutz auf der rechten Abwehrseite beginnt."

Wie viele Spieler Löw am 8. Mai vorläufig nominieren werde, "hängt auch vom gesundheitlichen Zustand unserer WM-Kandidaten ab und natürlich auch davon, ob Nationalspieler im Champions-League-Finale am 24. Mai in Lissabon beschäftigt sind", sagte er, "eine endgültige Entscheidung ist noch nicht gefallen."

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