Süddeutsche Zeitung

Bundesliga:Zwillingstreffen in Leverkusen

  • Sven Bender wechselt vom BVB zu Bayer Leverkusen.
  • Dort spielt er künftig wieder mit seinem Zwillingsbruder Lars Bender zusammen.
  • In Leverkusen dürfte Sven Bender als Nachfolger für den nach Dortmund abgewanderten Ömer Toprak vorgesehen sein.

Von Sebastian Fischer

Es ist grundsätzlich ein riskantes Unterfangen, dem Sportdirektor Rudi Völler einen Mangel an Kompetenz vorzuwerfen. Zahlreiche Vorfälle in der Fußballgeschichte belegen ja nicht nur seine Kompetenz, sondern auch eine gewisse Reizbarkeit. Diesmal allerdings wird er mit der Deutung einverstanden sein, für den jüngsten Transfer von Bayer Leverkusen nicht ganz allein die Verantwortung zu tragen. Denn seit Jahren erhielt die sportliche Leitung in Leverkusen in regelmäßigen Abständen die Empfehlung, Sven Bender von Borussia Dortmund zu verpflichten: "Kauf' doch den Sven", so soll es unmissverständlich geklungen haben. Und die Empfehlung kam stets vom Leverkusener Mannschaftskapitän: von Lars Bender.

Am Donnerstag teilte Bayer 04 mit, die aktuell berühmtesten Zwillinge im deutschen Fußball wieder zu vereinen. Sven Bender wechselt aus Dortmund nach Leverkusen, die Ablösesumme soll 15 Millionen Euro betragen. Völler lobte den in Dortmund als Verteidiger erprobten Mittelfeldspieler in einer Klub-Mitteilung als "erfahren und vielseitig einsetzbar". Sven Bender wurde mit den Worten zitiert, er wisse um die Stärken des Vereins - "und ich weiß auch, wie wohl sich Lars hier fühlt."

Romantische Geschichten sind selten im Profifußball, doch diese ist eine. 2009 spielten die Benders zuletzt zusammen, beim TSV 1860 München. Die aus Brannenburg bei Rosenheim stammenden Brüder waren 2008 mit der U 19-Nationalelf Europameister geworden und wurden zu den größten Talenten Deutschlands gezählt. Sechzigs damaligen Manager Miroslav Stevic motivierte dies zu zwei mysteriösen Transfers, die heute noch viel Fantasie fordern, um sie verstehen zu können: Lars ging für bloß 2,5 Millionen Euro nach Leverkusen, Sven im Tausch für einen Verteidiger namens Rukavina zum BVB.

In Rio gewannen sie zusammen Olympia-Silber

Obwohl sie sich vom Spielertyp - zweikampfstark, bärbeißig, verantwortungsbewusst und realistisch in ihrem Offensivdrang - durchaus ähneln und so mancher Trainer in Deutschland die Auffassung vertritt, ein Bender pro Mannschaft müsse reichen, strebten sie stets die Familien-Zusammenführung an; die Beziehung der Brüder ist - im Sport ja auch nicht selbstverständlich - eine innige. Vorigen Sommer nahm sich Horst Hrubesch dieser Beziehung an, der die Benders bei der U 19-EM 2008 trainiert hatte und seitdem heimlich seine Lieblingsspieler nennt; er nominierte sie für die Olympia-Auswahl, die in Rio die Silbermedaille gewann.

Doch natürlich geht es für Bayer Leverkusen bei dem Transfer nicht vordergründig um Romantik. Zwar brachten es die inzwischen 28 Jahre alten Benders nur auf jeweils sechs A-Länderspiele - und ihre Karrieren sind, auch aufgrund ihrer Spielweise, vom Verletzungspech geprägt. In ihrer Krankenakte findet sich so ziemlich jede Blessur, von Gesichtsverletzungen bis hin zu Fersenproblemen. Doch sie zählen trotzdem zu den angesehensten Bundesligaprofis.

Die Reaktionen in Dortmund waren am Donnerstag entsprechend traurig bis schockiert. Und in Leverkusen, wo die Weggänge von Verteidiger Ömer Toprak (nach Dortmund) und Kevin Kampl (voraussichtlich nach China) kompensiert werden müssen, wird ein Spieler wie Sven Bender dringend gebraucht. Er ist der defensivere der beiden. In Leverkusen wird er wohl, anders als noch in Rio, nicht neben seinem Bruder im defensiven Mittelfeld, sondern hinter ihm in der Innenverteidigung spielen.

Leverkusens neuer Trainer Heiko Herrlich, dies war ebenfalls der Klub-Mitteilung zu entnehmen, hat sich auch über den Transfer gefreut: "Beide Benders in einem Team zu haben", sagte Herrlich, "das ist großartig."

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SZ vom 14.07.2017/chge
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