Süddeutsche Zeitung

Bundesliga:Wolfsburg beendet seine Remis-Serie

Eine Halbzeit lang souverän, am Ende ziemlich zittrig: Der VfL kommt durch ein 2:1 gegen Aufsteiger Bielefeld zu seinem ersten Saisonsieg.

Von Ulrich Hartmann

Fünf Stunden und 52 Minuten lang hatte der VfL Wolfsburg in der heimischen Arena kein Bundesliga-Tor mehr geschossen, als Maximilian Arnold am Sonntagnachmittag in der 19. Minute zu einem 18-Meter-Freistoß anlief. Er hätte den Ball ins lange Eck schlenzen oder oben in den Winkel zirkeln können, er hätte dann womöglich dafür die "Tor-des-Monats-Medaille" bekommen, aber das wollte Wolfsburgs Spielmacher gar nicht. Er schob den Ball lieber flach an der Mauer von Arminia Bielefeld vorbei zu Mittelstürmer Wout Weghorst, und der hatte dann völlig freie Bahn zur 1:0-Führung. Nur eine Minute nach diesem hundsgemeinen Freistoß-Trick war Arnold selbst Profiteur einer Zuarbeit: Admir Mehmedi legte ihm den Ball zum 2:0 (20.) auf. Schon lange hatte sich Wolfsburg in der Liga nicht mehr so spielfreudig und torhungrig gezeigt - und das sogar vor Publikum.

Erstaunliche 6000 Zuschauer hätten am Sonntag ins Wolfburger Stadion gedurft, denn der Corona-Inzidenzwert der Stadt lag aktuell nur bei 33. Ausgerechnet der zuletzt schwächste Heimklub der Bundesliga hätte also am fünften Spieltag die größte Kulisse empfangen dürfen. Doch zum Spiel gegen Bielefeld kamen nur 4500 Besucher. "Die Menschen sorgen sich wegen des Coronavirus", führte Sportdirektor Marcel Schäfer als Erklärung an, aber Heimspiele in der VW-Arena waren zuvor auch nicht wirklich attraktiv gewesen. Sieben Mal hatte der VfL in der Liga seit Februar zuhause nicht mehr gewonnen, er hatte in dieser Zeit daheim bloß drei Tore geschossen und drei Punkte geholt.

Diese schwache Serie beendeten die Wolfsburger gegen Aufsteiger Bielefeld. Am Ende gewannen sie zwar unnötig knapp nur 2:1 (2:0), sie betrachten den Saisonstart nach zuvor vier Unentschieden in vier Spielen aber nunmehr als gelungen, auch wenn Trainer Oliver Glasner merkte, wie ihm "ein kleiner Stein vom Herzen" fiel. In die vergangene Saison waren die Wolfsburger sogar mit neun Spielen ohne Niederlage gestartet, jetzt stehen sie immerhin schon bei fünf.

In der Schlussphase trudelt ein abgefälschter Schuss der Bielefelder an den Pfosten

Ganz anders hatte sich Bielefelds Mittelstürmer und Kapitän Fabian Klos die Rückkehr nach Wolfsburg vorgestellt. 2009 war er dorthin gewechselt, als der VfL unter Trainer Felix Magath gerade Meister geworden war. Klos, 32, aber kam zwei Jahre lang nur in der viertklassigen Regionalliga-Mannschaft des VfL zum Einsatz. Seit 2011 spielt er in Bielefeld, absolvierte am Sonntag sein fünftes Bundesligaspiel - und muss weiterhin auf sein erstes Tor im Oberhaus warten. Trainer Uwe Neuhaus jedoch schwört ihm die Treue: "Er ist eine Führungspersönlichkeit, mein verlängerter Arm auf dem Platz und in der Kabine ist er ein wichtiger Regulator", sagte der Coach.

Nach dem 1:1 zum Auftakt in Frankfurt und dem 1:0-Sieg gegen Köln haben die Bielefelder nun zum dritten Mal nacheinander verloren, sie orientieren sich damit in Richtung des ohnehin erwarteten Abstiegskampfs. Auch das Debüt des von Hertha BSC ausgeliehenen Arne Maier im Mittelfeld konnte in Wolfsburg nicht helfen, Maier wurde zur Pause ausgewechselt. Besser lief es für einen Debütanten auf Wolfsburger Seite: den von Dynamo Moskau ausgeliehenen ehemaligen Dortmunder Maximilian Philipp. Er deutete auf der linken Außenbahn unmissverständlich an, dass er Wolfsburgs Offensive gut tun dürfte.

Beim VfL fehlte corona-bedingt Josip Brekalo, dafür spielte, vom Virus genesen, über rechts Renato Steffen wieder mit. Nach den beiden torlosen Unentschieden in den ersten beiden Ligaheimspielen goutierten die Zuschauer die komfortabel erscheinende Führung in der zweiten Halbzeit mit Gesängen. Bielefeld mühte sich nun allerdings auch um bessere Torchancen. In der 77. Minute wurde der Armine Sven Schipplock im 154. Bundesligaspiel zum 100. Mal eingewechselt und erzielte prompt in der 80. Minute das 1:2-Anschlusstor. Kurz darauf tropfte ein Schuss von Manuel Prietl an den Außenpfosten. Die Wolfsburger, die in der zweiten Halbzeit unverständlich nachließen, zitterten sich letztlich zum knappen Sieg.

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SZ vom 26.10.2020/jbe
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