Bundesliga:Willkommen in Europa, RB Leipzig

RB Leipzig v TSG 1899 Hoffenheim - Bundesliga

Timo Werner

(Foto: Bongarts/Getty Images)

13 Punkte Vorsprung vor dem ersten Nicht-Europapokalplatz: Der Klub aus Leipzig kommt aus der Retorte, aber der Fußball ist zu Ende gedacht.

Kommentar von Javier Cáceres

Die großen Bühnen des Weltfußballs sind für 99 Prozent der Leipziger unerforschtes Geläuf. Entsprechend aufrichtig wirkte die Vorfreude, die der am kommenden Samstag anstehende Besuch des Dortmunder Westfalenstadions etwa beim Leipziger Stürmer Yussuf Poulsen weckte. RB Leipzig, das nur zur Erinnerung, ist ein Bundesliga-Aufsteiger, der nun, nach nur achtzehn Spieltagen, sein Saisonziel erreicht hat: Mit 42 Punkten sind die Sachsen dem Abstieg entronnen. Das ist die eine Sicht auf die gegenwärtige Tabellensituation.

Die andere lautet: RB liegt weiter nur drei Punkte hinter dem FC Bayern - mit beachtlichem Vorsprung auf alle Verfolger. Was das bedeutet? Nun, in den vergangenen zehn Spielzeiten kam es nur einmal vor, dass man mehr als 60 Punkte brauchte, um einen Startplatz im Europapokal zu erreichen. Vor zwei Spielzeiten reichten sogar 46 Punkte.

Damit steht die hiesige Fußballlandschaft vor einer Zäsur. In RB Leipzig wird sich erstmals seit der Wiedervereinigung 1990 wohl wieder ein genuin ostdeutscher Vertreter über die Bundesliga nach Europa katapultieren. Das kann man vor dem Hintergrund der Debatten über das Retortenprodukt RB bedauerlich finden: Das Team wird von vielen nicht ohne Grund als der Gipfel der neoliberalen Vereinnahmung des einstigen Proletensports Fußballs angesehen. Das kommerzielle Interesse am Vermarkten eines Getränks steht über sportromantischen Idealen.

Ums Geld geht es an anderen Standorten allerdings auch. Und aus dem Schatten dieser Diskussion tritt - auch jenseits der deutschen Grenzen - immer deutlicher hervor, dass in Leipzig moderner, leidenschaftlicher, zu Ende gedachter Fußball geboten wird. Eingedenk der Unsummen, die in der Branche sinnlos verbrannt werden, ist das gar nicht so wenig - und das Verdienst all derer, die sich mit dem Fachlichen beschäftigen: Sportdirektor, Trainer, Spieler.

Am Wochenende lieferte RB überdies den Nachweis der Stabilität. Wer nach der Pleite beim FC Bayern zum Jahresausklang mit einem Einbruch gerechnet hatte, sah sich nun - vermutlich endgültig - getäuscht. Gegen Hoffenheim bewiesen die Leipziger, dass ihre Stabilität auch groß genug ist, um Rückschläge zu verkraften. Sie sahen sich erstmals gezwungen, einen Rückstand im eigenen Stadion umzudrehen, und das gegen einen ebenbürtigen Gegner, der das Seinige dazu beitrug, ein Spiel auf mehr als nur gehobenem Bundesliga-Niveau zu inszenieren.

In Sachen Tempo und Stringenz war die Partie angetan, internationalen Ansprüchen zu genügen, dem Verdikt von Hoffenheims Trainer Julian Nagelsmann war kaum zu widersprechen: "RB gehört zu den Topteams in Europa, was das Verteidigen angeht", sagte er. Man kann es auch anders formulieren: Die Leipziger müssen keine Angst vor den großen Bühnen Europas haben.

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